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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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schloss ihre Schwester fest in die Arme.
    »Habt ihr ein Radio?«, wollte Michalakis wissen.
    »Nein«, sagte Lenya, »es hat vor drei Monaten den Geist aufgegeben.«
    »Hab ich’s nicht gesagt!«, meinte Michalakis lachend und vollführte eine theatralische Verbeugung. Seine Mutter gab ihm einen
     liebevollen Schubs, und er fiel um.
    Zweifelsfrei angespornt von der geballten Zeugungslust in seiner Familie, machte sich Michalakis am nächsten Tag auf zu Maria.
     Frau Germanos schien angenehm überrascht über sein Interesse an ihrer Tochter und ermunterte die beiden nachdrücklich, ihre
     junge Freundschaft doch an der frischen Luft zu genießen. Schüchtern erklärten sich die beiden mit dieser ganz phantastischen
     Idee einverstanden und zogen ziellos davon, entlang an ruhigen Feldwegen, hinein in Sackgassen, in die sie ihre Gespräche
     führten.
    Aus ihrer stockenden Unterhaltung leitete Maria ab, dass Michalakis sehr klug, aber auch ein wenig mürrisch war. Doch er gefiel
     ihr: Er war älter und gebildeter als sämtliche jungen Männer, die ihr bislang den Hof gemacht hatten, und er war Loukis wie
     aus dem Gesicht geschnitten. Michalakis kam seinerseits schnell zu dem Schluss, dass Marias Blick auf die Welt wohl nur als
     einfältig bezeichnet werden konnte, was ihm nicht das Geringste ausmachte. Nie zuvor hatte er ein schöneres Wesen gesehen,
     und so war er von ihrem geistlosen Geplapper nicht genervt, sondern empfand ihre Unwissenheit als zauberhafte Unschuld.
    Es dämmerte bereits, als sie den Hafen von Keryneia erreichten. Angelockt von einem warmen Licht, betraten sie ein neu eröffnetes
     Café, in dem ein gemütliches Kaminfeuer knisterte und orangefarbene Schatten an Backsteinwände warf. Auf den kleinen Tischen
     flackerten Kerzen. Maria war beeindruckt, Michalakis verlegen.
    Hinter einer langen Holztheke stand Yiannis an einer Kasse und zählte Geld. Als er aufblickte und Michalakis erkannte, lief
     er vor Schreck und Verlegenheit rot an.
    »Das gibt’s doch nicht!« Praxi sprang von ihrem Stuhl auf, rannte quer durch das Lokal und fiel Michalakis um den Hals.
    »Praxi
mou
!«, rief er und küsste sie liebevoll auf die Wangen. »Du siehst großartig aus.«
    »Und du bist noch attraktiver und noch charmanter geworden«, sagte sie lachend. »Allerdings solltest du dich schämen, Michalakis.
     Wieso hat es so lange gedauert, bis du uns mal besuchen kommst?«
    »Das weiß ich selbst nicht«, gestand er. »Aber für die Zukunft gelobe ich Besserung. Ihr habt wirklich ein schönes Café. Meinen
     Glückwunsch.«
    Praxi lächelte bei dem Kompliment: Die Idee mit den Kerzen war ihre gewesen. Als sie sich aus der Umarmung mit Michalakis
     löste, musterte sie leidenschaftslos seine Begleitung.
    »Maria«, sagte sie knapp.
    »Praxi«, erwiderte ihre frühere Freundin.
    »Und wer ist dieser bezaubernde kleine Schatz?«, fragte Michalakis. Er schien die frostige Atmosphäre zwischen den beiden
     Frauen gar nicht zu bemerken und steuerte unbekümmert auf den Kinderwagen zu, neben dem Praxi bis eben gesessen hatte. »Ist
     das etwa die kleine Elpida?« Er beugte sich zu Praxis Tochter hinunter und nahm sie aus dem Wagen. Elpida quiekte vor Freude,
     patschte mit ihren Händchen gegen seine Wangen und blickte ihm verzückt in die Augen. Als Michalakis ihr einen Kuss auf die
     Nase gab, ging Praxi das Herz auf.
    »Was kann ich euch beiden bringen?«, fragte sie schließlich.
    »Ich nehme ein Keo-Bier«, sagte Michalakis. »Und du, Maria?«
    »Coca-Cola«, antwortete sie und ging zu einem Tisch am anderen Ende des Lokals, so dass Michalakis gezwungen war, Praxi das
     Kind zurückzureichen und ihr zu folgen. Maria arrangierte es so, dass er mit dem Rücken zur Theke saß, und warf Praxi einen
     triumphierenden Blick zu.
     
    »Kennst du die Geschichte vom Winter?«, fragte Toulla.
    Loukis schüttelte den Kopf. Es war gelogen, er kannte den Mythos der Persephone in- und auswendig. Doch die Treffenmit Toulla waren inzwischen zu einem so seltenen Vergnügen geworden, dass er sie auf keinen Fall verprellen wollte.
    »Also, laut Mythos war Persephone die Tochter des Zeus und seiner Schwester Demeter, der Göttin der Ernte und der Fruchtbarkeit«,
     begann Toulla. »Persephone war wunderschön, und jeder liebte sie – sogar Hades wollte sie. Eines Tages, als Persephone gerade
     Blumen in der Nysa-Ebene pflückte, tat sich plötzlich die Erde auf, Hades stieg aus dem Abgrund empor und entführte sie. Nur
     Zeus und der

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