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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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Wonnen der Lust zu erleben, und der Nervenkitzel verschlang jeden seiner Gedanken.
     Nicht, dass es immer einfach war. Victor war ein stolzer Mann, der seine unverrückbaren Prinzipien hatte, und als Yiannis
     sich ihm eines Tages öffnete und von seiner lieblosen Ehe erzählte, traf ihn Victors Verurteilung bis ins Mark.
    »Wäre sie meine Frau gewesen, ich hätte sie umgebracht. Oder ihn … Vermutlich sogar alle beide! Es gibt Situationen, da muss
     man ein Mann sein.« Seine Worte waren für Yiannis wie ein Stich ins Herz.
    Es war daher nicht verwunderlich, dass Yiannis keine Lust mehr verspürte, über seine Frau zu sprechen. Es gefiel ihm, so zu
     tun, als lebte er allein. Doch Victor ließ nicht locker. Als schließlich herauskam, dass der Mann, mit dem sie geschlafen
     hatte, obendrein bei zwei Türken lebte, spuckte der Offizier Yiannis seinen Abscheu regelrecht ins Gesicht.
    »Zuzuschauen, wie deine Frau mit einem Verräter vögelt, befleckt deinen Ruf für alle Zeiten!«, fauchte Victor ihn an.
    Während Yiannis nun in der Morgendämmerung Victors nackten Körper betrachtete, hallte dieser Satz in ihm nach, und die Kränkung
     nagte an seinem Selbstwertgefühl.
     
    Pembe war gerade dabei, einen Korb mit Feuerholz ins Haus zu schleifen, als sie den Wagen kommen sah. Sie richtete sich auf,
     um die Besucher zu grüßen, doch die Männer beachteten sie gar nicht und hielten direkt auf Loukis’ Haus zu. Die alte Frau
     bedachte die schlechten Manieren der Fremden mit einem verächtlichen Schulterzucken. Sie wollte sich gerade wieder nach dem
     Korb bücken, als ihr Blick noch einmal auf den Wagen fiel. Was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren: Unter ihren
     langen Mänteln zogen die drei Männer schwere Ketten und Eisenstangen hervor, und kurz bevor sie vor Loukis’ Haus zum Stehen
     kamen, vermummten sie ihre Gesichter mit den Tüchern, die sie um den Hals trugen.
    Zwei von ihnen postierten sich neben der Tür, der dritte klopfte.
    »Loukis, nein!«, schrie Pembe.
    Die Tür ging auf, und Loukis blieb kaum Zeit, überrascht zu sein, als ihn der erste Schlag in den Bauch traf. Die Männer rechts
     und links neben der Tür packten ihn an den Armen und schleppten ihn hinüber zum Apfelbaum. Als Pembe loslief, um ihren Mann
     zu holen, sah sie gerade noch, wie sie ihn an den Stamm fesselten. Sie nannten ihn einen »Türkenfreund und Verräter«, das
     verstand sie so deutlich, als wäre sie selbst an den Stamm gefesselt.
    Pembe konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal in ihrem Leben gerannt war, wie eine Wahnsinnige stürzte sie
     durch den Olivenhain.
    »Loukis!«, schrie sie. »Sie bringen ihn um!«
    Mehmet ließ erschrocken die Sense fallen, als seine Frau atemlos auf ihn zukam. Er fasste sie bei den Schultern, versuchte
     zu verstehen, was sie ihm sagen wollte.
    »Wo ist er?«
    »Am Haus. Am Baum. O barmherziger Allah, hilf ihm, Mehmet!«
    »Du rührst dich nicht vom Fleck!«
    Mehmet lief zu seinem Traktor, den er am Rande des Olivenhains geparkt hatte. Er kurbelte den Motor an und donnerte den Weg
     hinunter. Er betete, dass er nicht zu spät kommen möge. Als er Loukis’ Haus erreichte, fuhr ihm der Anblick des Jungen durch
     Mark und Bein. Loukis’ Kinn hing auf seiner Brust, aus dem Mund quoll Blut, hässliche Striemen von Ketten zogen sich über
     seine Arme.
    »Lasst ihn in Ruhe, ihr Schweine!«
    Mehmet ruckelte weiter. Holpernd zwang er den kleinen Traktor über den weißen Steinweg, den Marios zu Loukis’ Haus gelegt
     hatte. Dann riss er das Steuer nach rechts und hielt direkt auf den Apfelbaum zu.
    »Lasst ihn in Ruhe!«, schrie er abermals.
    Die Männer wandten sich um. Mehmet erwischte einen von ihnen am Bein, fuhr weiter, wendete und ging erneut in die Offensive.
     Als sich die drei Angreifer zur Gegenwehr bereit machten, zerriss plötzlich ein Schuss die Luft. Mehmet fuhr auf seinem Sitz
     herum und sah seine Frau, alt und gebrechlich, wie sie inzwischen war, vollkommen ruhig eine zweite Patrone in ein Jagdgewehr
     einlegen.
    Die drei Männer sahen sich an. Mit einem letzten Tritt in Loukis’ Gesicht rannten sie zurück zu dem Pick-up, in dem sie gekommen
     waren, und ergriffen die Flucht.
     
    Dhespina war gerade dabei, den Sellerietee für Mandalena, die Tochter des Bäckers, aufzubrühen, als Mehmet mit seinem Traktor
     um die Kurve geschossen kam, um ihr von dem Anschlag auf ihren Sohn zu berichten. Während sie eilig alles zusammenpackte,
     was sie

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