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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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widersetzen, und wand sich in
     eine neue, noch launenhaftere Tollheit hinein. Ihre Kräfte schwanden zusehends, und mit ihnen ihr Appetit. Elena musste die
     Mahlzeiten regelrecht in ihre Tochter hineinzwingen. Praxi war in eine Depression verfallen: Wenn sie sich die Augen nicht
     aus dem Kopf weinte, hielt sie sie starr auf die Wand gerichtet, was Elena von allem am unheimlichsten fand. Das erste Mal,
     dass es ihrer Tochter in irgendeiner Form besser zu gehen schien, war, als Frau Televantos zu Besuch kam.
    Im Gegensatz zu ihrem hageren, von Hämorrhoiden geplagten Ehemann war Frau Televantos mit einer regelmäßigen Verdauung und
     einem kugelrunden Bauch gesegnet, der über ihre dünnen Beinchen ragte und sie aussehen ließ wie ein Ei auf Stelzen. Sie war
     schlagfertig und eine liebenswürdige Gastgeberin– wenn sie wollte –, aber vor allem war sie eine unverbesserliche Klatschtante. Letzteres war auch der Grund, weshalb sie
     Elena aufsuchte.
    Nach ihrer wochenlangen Gefangenschaft fernab der Dorfbäckerei und dem kleinen Krämerladen, über deren Tresen ausnahmslos
     jede Neuigkeit und jedes Gerücht der Gegend kolportiert wurden, standen Elena regelrecht die Haare zu Berge, als ihr Frau
     Televantos bei einem Stückchen Bananenkuchen das Neueste vom Neuen berichtete. Die alte Frau konnte kaum glauben, dass Elena
     tatsächlich noch nichts von dem Skandal gehört hatte, und musste aufpassen, dass sie vor Aufregung nichts durcheinanderbrachte:
     Sämtliche achtundsechzig Türken hatten über Nacht das Dorf und damit ihre Heimat verlassen. Einige »schwarze Schafe« aus ihren
     eigenen Reihen hatten sich daraufhin nicht gerade mit Ruhm bekleckert, als sie die Gunst der Stunde nutzten, um sich Kühlschränke,
     Doppelbetten und andere Möbelstücke anzueignen, die ihnen nicht gehörten. In einem Fall hatten sie ein Haus nicht nur ausgeräumt,
     sondern sogar in Brand gesteckt.
    »Das Feuer hat aber keinen großen Schaden angerichtet, weil der nette Herr Panayiotou – Lambros, nicht Elias, der ist ein
     Schwein – die Flammen mit seiner Jacke ausgeschlagen hat, bis sie ihm in den Händen zerfiel. Es war noch dazu eine gute Jacke.
     Kostas hat dann vorgeschlagen, er könnte sich ja dafür einen Mantel von den Türken nehmen, das wäre ein fairer Tausch, aber
     das hat Herr Panayiotou nicht getan. Er sagte, eher würde er nackt gehen als einem anderen Mann die Jacke stehlen, und Frau
     Miltiadous hat gelacht und gesagt, dass sie das zu gern sehen würde! Natürlich war die ganze Angelegenheit alles andere als
     zum Lachen. Es ist eine Schande, was da passiert ist: erst die Nachbarn verlieren und dann ihre Häuser anzünden.«
    Frau Televantos schnalzte empört mit der Zunge und beeilte sich dann, mit anderen interessanten Neuigkeiten fortzufahren.
     Demnach tobte der Dorfoberste vor Wut: Doros hatte Eleftherios’ Hund überfahren und sollte ihm nun eine Ziege als Entschädigungdafür geben, was er jedoch störrisch verweigerte; Takis der Metzger hatte sich die Fingerkuppe abgeschnitten, und nun hatten
     alle im Dorf Angst, sie beim nächsten Einkauf in ihrer Tüte zu finden; Costas Charalambous hatte mal wieder seine Frau verprügelt,
     nachdem er mit Fotis dem Bauern gesoffen hatte; und dann hieß es noch, das Germanos-Mädchen, Maria, sei nach Lefkosia ins
     Krankenhaus gebracht worden, nachdem sie sich mit einer Glasscherbe die Pulsadern aufgeschlitzt habe.
    »Ihre Mutter sagt, es war ein Unfall, aber was man so hört, soll es ein Selbstmordversuch gewesen sein«, flüsterte Frau Televantos,
     bekreuzigte sich schnell und warf einen Blick auf Elpida, die in der Ecke saß und mit einer Puppe spielte. Nicht sicher, ob
     das Kind zuhörte, wiegelte die alte Frau ab. Doch mit einer hochgezogenen Augenbraue gab sie Elena zu verstehen, dass sie
     die Gerüchte nicht für aus der Luft gegriffen hielt.
    »Oh, wie schrecklich«, erwiderte Elena. Die Familie Germanos tat ihr aufrichtig leid. »Kennt das Leid einer Mutter denn nie
     ein Ende?«
    »Nicht, solange wir leben«, antwortete Frau Televantos und griff nach ihrer Tasche.
    Die alte Frau versprach, am nächsten Tag mit Kartoffeln und Büchsenfleisch wiederzukommen, und nachdem sie gegangen war, sah
     Elena Praxi am Treppenabsatz stehen. Sie hatte ihr Zimmer seit Wochen kein einziges Mal verlassen, und Elpida flog regelrecht
     die Treppe hinauf, als sie ihre Mutter dort oben entdeckte.
    Später am Abend gelang es Praxi wie durch ein Wunder, zu baden, sich

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