Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
Vom Netzwerk:
rief, um ihr den Mann
     mit den dunklen Augen zu zeigen, der draußen wartete, bedankte sich Elena eilig bei Dhespina und sagte, sie könne sich nun
     allein um ihre Tochter kümmern.
    »Wer ist das,
yiayia ?«
, fragte Elpida, nachdem Dhespina die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    Elena würde es sich nie verzeihen, doch zu ihrer Schande erzählte sie ihrer Enkelin, dass der Fremde, den sie gesehen hatte,
     der Dorftrottel sei.
     
    Jahrelang hatte es Yiannis gar nicht erwarten können, morgens die ersten Sonnenstrahlen am Himmel zu sehen, um endlich seinem
     Bett entfliehen zu können. Doch als er nun Victors warmen Atem auf seiner Haut spürte, gab es für ihn keinen schöneren Ort
     auf der Welt. Dieser Morgen gehörte zu den friedlichsten Momenten, die er in seinem Leben bislang erfahren hatte, und er wünschte,
     er würde niemals enden – sollte seine Frau doch für immer bei ihrer Mutter bleiben.
    In einem unbeholfenen Gespräch hatte Elena Yiannis erklärt, dass Praxi schlafgewandelt sei, als sie mitten in der Nacht ins
     Dorf gelaufen war. Yiannis hätte ihr die Geschichte gern geglaubt – immerhin war er selbst schon Zeuge der nächtlichen Wanderungen
     seiner Frau geworden –, wäre da nicht der Ehebruch, den er fast ebenso hautnah miterlebt hatte. Und auch wenn inzwischen drei
     Jahre vergangen waren, in denen eskeinerlei Anzeichen für eine Wiederholung gegeben hatte, wurde er das Gefühl nicht los, dass man ihn abermals für dumm verkaufte.
     Zu seiner eigenen Überraschung – und auch Bestürzung – musste er feststellen, dass es ihm im Grunde gleichgültig war, was
     Praxi tat, solange seine Tochter und die Nachbarn nichts davon mitbekamen. Natürlich missfiel ihm die Vorstellung, dass sie
     in den Armen eines halbwilden Hilfsbauern liegen könnte, doch mit Eifersucht hatte dieses Gefühl nichts zu tun – es hatte
     vielmehr etwas Befreiendes.
    Vor knapp einem Jahr hatte die Situation noch anders ausgesehen, als Praxi plötzlich angefangen hatte, bei jeder sich bietenden
     Gelegenheit in die Kirche zu verschwinden. Yiannis war außer sich gewesen, da er vermutete, sie habe die Affäre wieder aufgenommen.
     Doch wie sich herausstellte, ging sie wirklich in die Kirche, und in der Überzeugung, dass ihre Schuldgefühle nun endlich
     die Oberhand gewonnen hatten, war seine Wut wieder abgeklungen. Als Praxis Wahn, Buße zu tun, schließlich vorüber zu sein
     schien, entdeckte Yiannis, dass er in der Lage war, weiterzumachen, indem er einfach nichts tat. Und je länger er nichts tat,
     desto mehr löste er sich von der Frau, die er geheiratet hatte. Was jedoch nicht bedeutete, dass ihm seine Tochter nicht fehlte.
     In der ersten Woche, die Praxi nach ihrem nächtlichen Ausflug bei ihrer Mutter verbracht hatte, hätte er Elpida am liebsten
     zu sich in die Bar geholt, da er es kaum ausgehalten hatte, wie still es dort ohne sie war. Doch dann hatte ihm das Schicksal
     Victor gesandt.
    Die beiden kannten sich seit drei Monaten. Griechenland stationierte inzwischen immer mehr Truppen auf der Insel, Victor war
     in einem der Lager westlich von Keryneia untergebracht. Nach seinem ersten Besuch im Café mit einigen Offizierskollegen war
     er zu einer Art Stammgast geworden und hatte sich gelegentlich sogar mit Praxi über seine Frau und seine zwei kleinen Söhne
     unterhalten, die er auf dem Festland zurückgelassen hatte. Trotzdem glaubte Yiannis, etwas anderes in den Blicken des Offiziers
     zu erkennen.
    Dann, eine Woche nachdem Praxi barfuß bei Wind und Wetter davongelaufen war, hatte ihm Victor überraschend seine Hilfe im
     Café angeboten. Als die letzten Gäste das Lokal verlassen hatten, spürte Yiannis, wie die Stimmung von einer Sekunde auf die
     andere umschlug. Mit zitternden Händen trug er die schmutzigen Tassen und Gläser zum Spültisch. Während das Wasser ins Becken
     lief, trat Victor hinter ihn und beugte sich vor, um nach einem Abtrockentuch zu greifen. Yiannis spürte den harten Bauch
     des Offiziers an seiner Lende. Er drehte sich zu ihm um und kehrte allem anderen für immer den Rücken.
    Nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht ließ sich Victor drei lange Tage nicht im Café blicken, und Yiannis begann sich für das
     zu schämen, was sie getan hatten. Er wollte die Hoffnung schon aufgeben, als die Tür aufschwang und Victors Lächeln ihm sagte,
     dass es nichts gab, worum er sich sorgen musste, außer um seine eigene Verunsicherung.
    Yiannis hatte nie zu hoffen gewagt, je diese

Weitere Kostenlose Bücher