Schattenwandler 04. Damien
sie wurde sich seiner Anwesenheit und der Umgebung besser bewusst.
„Wo sind wir?“
„ Brise Lumineuse “, teilte er ihr mit, weil er wusste, dass sie sowohl mit dem Ort als auch mit den Personen, die dort lebten, vertraut war.
Es war Windsong gewesen, die Siena vor etwas über einem Monat von einer schweren Sonnenvergiftung gerettet hatte. Am Ausdruck in Syreenas Augen konnte er ablesen, dass die Prinzessin verstand, dass sie der großzügigen Mistral nun doppelt verpflichtet war.
Ihre Augen schauten hinunter auf die Hand, die er hielt, und er folgte ihrem Blick. Damien stellte überrascht fest, dass er sie während ihres Gesprächs die ganze Zeit sanft gestreichelt hatte. Er empfand eine unglaubliche Traurigkeit, als er die Wunden erneut betrachtete. Er blickte in ihre ungewöhnlichen Augen, und es kümmerte ihn nicht, dass sie wahrscheinlich in den seinen lesen konnte, was er fühlte.
„Tut mir leid“, murmelte er sanft und drückte warm ihre Hand.
„Was?“, fragte sie.
„Dass ich so lange gebraucht habe, um dich zu finden“, sagte er.
Es gab nichts, wofür er sich hätte entschuldigen müssen, dachte Syreena, während die Gefühle ihre Gesichtszüge verzerrten. Eine solche Empfindsamkeit und eine so zärtliche Sorge von jemandem, von dem sie es nie erwartet hätte, wühlte sie auf und bewirkte, dass sie ihre mühsam bewahrte Selbstbeherrschung verlor. Sie konnte die Tränen nicht zurückhalten, die ihr aus den Augenwinkeln liefen, doch sie wandte das Gesicht ab, während sie versuchte, die aufsteigende Angst und die Wut wieder in den Griff zu bekomme n … und so viele andere Gefühle, denen sie sich nicht zu stellen wagte.
„Tu das nicht!“, sagte er auf einmal, und seine Finger versuchten ihr Gesicht wieder zu ihm hinzudrehen. „Schäm dich nicht für deine Gefühle!“
„Und das von jemandem, dessen Spezies wenig fühlt und noch weniger zeigt?“, erwiderte sie mit einem Rest der Bissigkeit, die er schon kannte. Damien musste lächeln.
„Und das von einer Frau, die in ihrem Leben gerade mal zwei Vampire getroffen hat“, entgegnete er. „Was du von den Mönchen und aus den Büchern über uns weißt, unterscheidet sich erheblich von dem, was wir wirklich sind“, sagte er ihr.
Syreena hatte das bereits festgestellt. Doch sie wollte sich einem fast völlig Fremden nicht so verletzlich und schutzlos zeigen. Es war eine spontane Reaktion gewesen, ihn zu provozieren. Mit den Sticheleien, die sie sich an den Kopf warfen, kam sie besser zurecht als mit der Fürsorglichkeit, die sie ihm gar nicht zugetraut hätte.
Schließlich bemerkte sie, wie er angezogen oder eher nicht angezogen war, und es kam ihr in den Sinn, dass er vielleicht ebenfalls verletzt worden war. Sie erinnerte sich daran, dass es eine Explosion gegeben hatte und als Gegenreaktion eine Menge Magie, als er gekommen war, um sie zu holen. Es musste ein äußerst schmerzhaftes Martyrium gewesen sein; nur jemand, der so stark war wie er, konnte das überleben.
Ihr Blick glitt über seine ebenmäßigen Gesichtszüge, das lange, offene blauschwarze Haar, seine nackten Schultern und die bloße Brust.
„Geht es dir gut?“, fragte sie schließlich, als sie keine sichtbaren Spuren von Verletzungen entdecken konnte. Er sah tatsächlich viel zu gesund aus für ein Wesen, das in einer Nacht so viel durchgemacht hatte. Sie beneidete ihn um seinen rasch heilenden Körper und um die sichtlich kräftige Konstitution, die von einer gut ausgebildeten Muskulatur noch betont wurde.
„So weit, so gut“, antwortete er ziemlich kryptisch.
Doch das Undurchschaubare seines Kommentars ging im nächsten Moment unter, als die Erinnerungen über sie hereinbrachen.
Syreena setzte sich so plötzlich auf, dass er fast erschrak. Sie entzog ihm ihre Hand und legte ihm beide Hände auf die Schultern. Die Prinzessin betrachtete ihn noch einmal eingehend und versuchte erneut, irgendwelche Verletzungen zu finden.
„Damien“, stammelte sie schockiert. „Geht es dir gut?“
Er erkannte sofort den Unterschied zwischen dem ersten Mal, als sie die Frage gestellt hatte, und jetzt. Er versuchte ihre Hände von seinen Schultern zu lösen und schnalzte beruhigend mit der Zunge.
„Ja, es geht mir gut“, versicherte er ihr und zwang sie, sich wieder hinzulegen.
Sie nahm es hin, während ihre Augen ungläubig dreinblickten. „Warum hast du das getan? Es hätte dich umbringen können!“
„Hat es aber nicht“, erinnerte er sie.
„Du hast dein Leben
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