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Schattenwandler 05. Noah

Schattenwandler 05. Noah

Titel: Schattenwandler 05. Noah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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augenblicklich und gewann seine Fassung wieder. Er wusste, dass er keinen Grund hatte, an Gideons medizinischen Fähigkeiten zu zweifeln. Gideon konnte mit wundersamer Kraft und Schnelligkeit heilen. Er hatte sich einmal sogar selbst vor dem Tod gerettet, was nur eines von Dutzenden von Wundern war, die Noah im Laufe der Jahre miterlebt hatte.
    Als Kestra ihren ersten tiefen Atemzug machte, ein langes, rasselndes Keuchen, das durch den Raum hallte, konnte Noah nicht anders, als erleichtert aufzuschluchzen. Beim nächsten Atemzug bekam sie genug von dem dringend benötigten Sauerstoff, und ihr Gesicht nahm wieder Farbe an. Noah zog Kestra an seine Brust, sodass Gideon gezwungen war, einen anderen Weg zum Körper der Patientin zu finden. Die nächstbeste Stelle war die Hüfte, also gestattete er dem König, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, und berührte lediglich mit zwei Fingern den weichen roten Samt über Kestras Becken.
    Technisch gesehen sollte Noah sie nicht umarmen, weil es ihre Atmung beeinträchtigte, doch in einer Minute würde das keine Rolle mehr spielen, also sagte der Heiler nichts. Bis dahin hätte er sie von den Auswirkungen der Krise vollständig geheilt. Als sie ihre Augen öffnete und einen tiefen Atemzug machte, entfernte Gideon auch die Überreste der Hitzeschädigung aus ihrem Körper. Es gab eine leichte Beeinträchtigung und eine Schwäche wegen des zeitweisen Fehlens von Noahs Energie während ihrer Wandlung zur Druidin, doch auch das würde schnell wieder abklingen, obwohl Gideon ihr in dieser Hinsicht nicht helfen konnte.
    Gideon konnte nicht sagen, warum, doch auf einmal war er sich sicher, dass Noahs Gefährtin ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet hatte. Er blickte auf und sah ihr in die Augen, ein heller und schimmernder Blick wie blaues Gletschereis, das man zu Edelsteinen geschliffen hatte. Sie sagte nichts, und es gab auch keine Spuren mehr von ihrer anfänglichen Panik. Gideon hatte ihre Körperchemie in ein perfektes Gleichgewicht gebracht, doch das bedeutete nicht, dass sie seine Arbeit nicht mit zerstörerischen Gedanken zunichtemachen konnte.
    Doch das war nicht der Grund, weshalb ihm ein seltsames Gefühl über den Nacken kroch. Es legte sich auf sämtliche Nervenimpulse und schnitt sein Gehirn von seinem Rückgrat ab, bis er in einen Zustand der Lähmung verfiel, den er faszinierend und auch ein wenig beängstigend fand. Wahrscheinlich hätte er die Verbindung zu ihr abbrechen können, doch er tat es nicht; seine Neugier als Körperwissenschaftler behielt die Oberhand.
    Er sah in ihren Augen Klarheit und Verstehen. Es gab keine Sekunde des Nachdenkens. Sie begriff augenblicklich. Dann wurde ihm klar, dass sie wusste, was er war. Sie wusste, dass er ein Dämon war und was das zu bedeuten hatte. Sie besaß jetzt in ihrem Gedächtnis eine Blaupause seiner Kräfte, seiner besonderen Fähigkeiten und, vor allem, seiner Schwachstellen.
    Noah bekam schließlich mit, dass Kestra und Gideon einander regungslos anstarrten. Sein klammernder Griff um Kestra lockerte sich, sodass es ihr möglich war, sich aufzusetzen. Sie berührte Gideons Gesicht dicht unter seinen silbernen Augen. Dann legte sie ihre Hand auf seine Wange, und sie starrten einander weiterhin an wie in Trance. Noah ahnte, dass das nicht nur Neugier war, sondern dass es eine andere Unterströmung gab.
    Dass da eine Kraft war.
    Er spürte es ganz plötzlich, obwohl diese Kraft schon die ganze Zeit angewachsen war, während Gideon und Kestra durch ihre Blicke miteinander verbunden waren. Sein Herz setzte einen Schlag aus, nur um danach umso heftiger zu hämmern. Er wusste nicht, was er tun sollte, und er verstand nicht, was genau passieren würde. Er hatte nicht unbedingt Angst um Gideon, weil ihm nicht einmal Bella mit ihren ungewöhnlichen Kräften etwas von seinen Fähigkeiten nehmen konnte. Also ließ er den Austausch geschehen und wartete ab.
    Gideon spürte, wie sie die Blaupause las, mit technischem und mathematischem Verständnis, so als wäre sie es gewöhnt, komplexe Schaubilder zu entziffern. Er spürte, wie sie sich mit einem kalten Saphirlicht in ihm bewegte, einem kleinen farbigen Punkt, der jede Energielinie nachfuhr, vorbei an den Zugangspunkten zu den einzelnen Fähigkeiten, die sie eine nach der anderen neugierig untersuchte.
    »Astralprojektion«, flüsterten sie gleichzeitig und verblüfften damit den König, der seine Überraschung allerdings für sich behielt, damit sie nicht unterbrochen

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