Schattenwandler: Adam (German Edition)
verärgern, und normalerweise hätte er das Thema anders angepackt, doch nach dem, was er mit dieser Vampirin erlebt hatte, spürte er, wie wichtig es war, Jacob die Verantwortung bewusst zu machen, die er vielleicht übernehmen würde.
»Du weißt, dass ich großen Respekt vor dir habe und große Zuneigung zu dir verspüre, nicht wahr?«, sagte Adam leise. »Es gibt niemanden auf der Welt, dem ich so nahestehe.«
»Noah«, sagte Jacob mit einem Schnauben.
»Nicht einmal Noah, Jake. Wir sind Brüder. Wir haben so viel Zeit gemeinsam verbracht.«
»Du und Noah noch mehr«, konnte er nicht umhin zu sagen. Es stimmte. Noah und Adam waren bereits Freunde gewesen, als Jacob zur Welt gekommen war.
»Denkst du wirklich, das spielt eine Rolle? Denkst du, es gibt jemanden, den ich mehr ins Herz geschlossen hätte als dich?«
Anscheinend hatte Jacob sich das ernsthaft gefragt. Adam konnte einen Augenblick lang den nagenden Zweifel in den Augen seines Bruders sehen. Doch dann leuchteten Dankbarkeit und Freude über die Ehre in Jacobs Gesicht auf, direkt gefolgt von einem durchtriebenen Lächeln. Der ältere Bruder hatte verstanden. Jacob wusste, dass er seine Zuneigung nicht so leicht zeigte. Es bewies nur seine Feststellung, dass sie einander viel näher waren, als Jacob gedacht hatte.
»Was beschäftigt dich?«, fragte Jacob.
Und ganz plötzlich wollte Adam die Sache nicht mehr weiter vertiefen. Es war am besten, wenn er weder seinem Bruder noch sonst irgendjemandem gegenüber irgendeine Schwäche zugab.
»Nichts«, wehrte Adam mit einem vagen Lächeln ab. »Ich nehme mal an, der Schlag, den du mir verpasst hast, hat ein paar Gefühle freigesetzt. Gewöhn dir das bloß nicht an.«
Jacob musste lachen, auch wenn seine Stimme ein wenig unsicher klang, doch Adam wischte den letzten Zweifel weg, indem er ihm einen kräftigen Klaps auf die ungeschützte Wange gab. Das weckte augenblicklich Jacobs Kampfgeist wieder, und bevor es ihnen so recht bewusst war, wälzten sich die beiden Männer wieder im Schlamm.
Um das Versprechen zu halten, das er seiner Mutter gegeben hatte, und um sie gleichzeitig zu besänftigen, hatte Adam Hannah, Noahs ältere Schwester, eingeladen, während der Feierlichkeiten zu Beltane seine Begleiterin zu sein. Im Moment war sie zum Glück mit seiner Mutter ein Stück weit weg bei einem Zelt des Zigeunerlagers, wo ein Mädchen unbestimmten Alters wunderschönen handgefertigten Schmuck verkaufte.
Ehrlicherweise musste Adam zugeben, dass er auch Gefallen an Hannah fand. Vielleicht weil sie eher eine Freundin war als eine Begleitung, aber auch, weil sie sich von seiner Rolle als Vollstrecker nicht einschüchtern ließ, so wie die anderen. Natürlich hatte auch sie ein bisschen Angst, was im Grunde nicht anders zu erwarten war, wenn man bedachte, was für eine Position er in der Gesellschaft innehatte und welch hohes Ansehen er genoss. Er hatte sich schon vor langer Zeit damit abgefunden, dass er nie eine Frau finden würde, die nicht ein wenig Angst vor ihm hatte.
Eine Dämonin, genauer gesagt, während das Bild von sinnlichen braunen Augen und einem furchtlosen Lachen seine Gedanken erfüllte. Vielleicht war das ein Teil ihrer Anziehungskraft, überlegte Adam. Sie war so unerschrocken. Sie war … ihm ebenbürtig gewesen.
Adam verscheuchte die Gedanken an irgendwelche Vampire und lenkte sie wieder auf seine Begleiterin an diesem Abend. Die junge Feuerdämonin wusste sehr genau, was sie von ihm erwarten konnte und was nicht. Sie hatten viel Spaß miteinander; er mochte das Temperament, das mit ihrem berüchtigten Element einherging, wie auch ihr unberechenbares Gemüt. Trotzdem wussten beide, dass sie sich eines Tages häuslich niederlassen und sich ihrer Familie widmen würde. Vielleicht sogar schon bald. Trotz ihrer ungezügelten Art war Hannah ein ausgesprochener Familienmensch. Ein Heim und einen Herd und ein Kind an der Brust war das, was sie sich am meisten wünschte.
Adam war weit davon entfernt, und Hannah war sich dessen wohl bewusst. Doch bis es so weit wäre, dass jeder seinen eigenen Weg gehen würde, waren sie füreinander da. Vor allem in Situationen wie diesen, bei denen Hannah seine Mutter ablenkte, damit er sich um andere Dinge kümmern konnte. Hannah blickte in seine Richtung und warf ihm von dem anderen Zelt her ein listiges Frauenlächeln zu, um ihm zu sagen, dass sie eine Entschädigung dafür erwartete, dass sie eine so gehorsame Begleiterin war. Adam musste leise lachen,
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