Schatz, schmeckts dir nicht
Zwillinge ausgependelt und es stimmte! Eine Zeit lang war das mit dem Pendeln richtig Mode. Auch unsere drei wurden mir genau in der Reihenfolge, wie wir sie dann kriegten, ausgependelt. Also irgendwas ist dran.«
»Natürlich sollte man das Pendel nicht als obersten Richter sehen. Nein, wenn man bei etwas im Zweifel ist, hilft einem das Pendel vielleicht in die richtige Richtung. Es soll ein Anstoß sein, eine Möglichkeit. Jeder wird es auf die ihm gemäße Weise interpretieren. Genau wie beim Tarot oder I-Ging. Nur abhängig sollte man sich nicht davon machen.«
O-Ton Diane – was für ein Gesülze. Helene halt dich zurück!
»Also ich find das echt super! Darf ich auch mal?« Maike war Feuer und Flamme und sah in einem Pendel wahrscheinlich schon das nächste Attribut in ihrer Bemühung um Originalität. Nicht dass Helene Angst vor den Wahrheiten eines Pendels gehabt hätte, aber woher sollte man wissen, wie es auf einen Cocktail aus Bilsenkraut, Schierling, Eisenhut und Ähnlichem reagierte. Und nicht mehr lange würde es dauern und Dianes unberührte Sandwiches kämen als Pendelobjekt an die Reihe. Das durfte nicht riskiert werden.
»Neulich war ich bei einer alten Bekannten einkaufen. Sie ist inzwischen Besitzerin eines Bioladens. Da war ein Typ, bestimmt schon 60 oder so. Der ging mit seinem Pendel an den Regalen lang und nur was das Pendel – er sagte: sein Freund – ihm zeigte, das durfte er kaufen. Also gab es einen Tag Quark und nur Quark, am nächsten Trockenpflaumen. Ich fand seinen Speiseplan ziemlich eintönig und Elfriede erzählte mir, dass er sich tatsächlich immer an die Hinweise seines Pendels hält.«
»Der Mann hat es nicht leicht. Vielleicht ist Ihnen das ja eine Warnung Maike, bevor sie mit dieser schwarzen Kunst anfangen«, sagte Joachim spöttisch. Damit war das Thema für die Allgemeinheit zum Glück beendet, und Maike und Diane setzten ihr unterbrochenes Zwiegespräch wieder fort.
Langsam breitete sich dann eine gesättigte Ruhe aus, und die meisten zogen sich etwas von der Gruppe zurück, um auf einer Decke im Schatten zu dösen. Eigentlich hätte Helene jetzt gerne die Tafel abgeräumt, wies aber entsprechende Vorschläge ab, denn Diane, Maike und Linus saßen immer noch in ihre Themen vertieft um die Speisen, und es bestand zumindest noch die schwache Hoffnung, dass Diane zu ihren Sandwiches greifen würde. Also legte sich Helene neben Jan auf die Decke, der angekündigt hatte, ein Schläfchen machen zu wollen.
»Hast du wirklich wieder ganz toll arrangiert, Lenchen«, brummte er bewundernd und tätschelte ihre Hand.
»Danke, das freut mich. Schlaf schön, Schatz!«
Helene war nicht sehr zufrieden mit dem Verlauf dieses Picknicks. Sie hatte zu viele Fehlerquellen nicht bedacht und dabei auch unerwartete Gefahren heraufbeschworen. Und im Grunde musste sie dieses Projekt schon jetzt als Misserfolg buchen. Diane konnte zwar nichts ahnen, strafte aber die ihr zugedachten Spezialanfertigungen mit eiserner Missachtung. Wenn Helene daran dachte, wie viel Zeit und Überlegung sie dieser Angelegenheit gewidmet hatte, wurde sie richtig sauer. Auch ihre Arbeit für die nächste Premiere hatte stark darunter gelitten und nächste Woche sollte sie ein fertiges Konzept vorlegen. Sie würde sich ranhalten müssen, denn ihr machte diese Aufgabe großen Spaß und sie wollte sie nicht verlieren.
Peer und Janina kamen leise angeschlichen, um ihren Vater nicht zu stören, zeigten auf ihre Armbanduhr und Helene gab ihr Okay, dass sie jetzt verschwinden könnten, was sie denn auch sofort in die Tat umsetzten. Auch Karli und Nelli verließen die Gesellschaft. Tobi, zum Bleiben verdonnert, suchte erfolglos ein Opfer zum Federballspielen.
Helene kehrte zu ihrem Problem zurück. Sie würde sich etwas Neues ausdenken müssen. Es war die absolute Ausnahme, dass sie bei einer Gelegenheit, da auch Diane anwesend war, Zeit neben oder allein mit ihrem Mann verbringen durfte. Klebrig süß wie ein Karamell am Zahn klebte Diane sonst immer an ihm. So ekelhaft süß, dass sie Helene heftigste Zahnschmerzen bereitete.
Auch Helene musste eingedöst sein. Ein ziemlich ekelhaftes Geräusch drang an ihr Ohr und riss sie aus dem leichten Schlummer. Sie hob verwirrt den Kopf. Da kotzte jemand! Da kotzte sich jemand die Seele aus dem Leib. Helene dachte sofort an Tobi, der Buletten, Himbeerquark, Kartoffelsalat und rohe Paprika neben seinen Sandwiches in sich hineingestopft hatte, und dann noch zwei
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