Schatz, schmeckts dir nicht
oder drei Schokoriegel aus seinem mitgebrachten Süßigkeitenvorrat nachlegte. Aber nein, es war Maike, von Linus und Diane rechts und links untergehakt, mehr hängend als stehend, die in heftigen Eruptionen ihren Mageninhalt herausspie.
Alarmiert stand Helene auf und ging in Richtung Picknickdecke. Sie hatte es geahnt!
Da stand die geöffnete Dose, die Diane zugedacht war, und nur noch ein Sandwich lag darin.
Maike, kreideweiß und mit Schweißperlen auf der Stirn, murmelte in einer Pause zwischen zwei Krämpfen nur etwas von »wohl doch zu viel gegessen …«, und weiter ging’s. Inzwischen war die ganze Picknickgesellschaft aus dem wohligsatten Dämmer erwacht und man bedauerte die arme Maike und gab gute Ratschläge. Tobi hatte sich natürlich einen Platz in der ersten Reihe gesichert und folgte mit wonnigem Ekel dem Schauspiel.
Helene nutzte die allgemeine Unruhe und begann, die Reste der Picknicktafel einzusammeln. Ihre erste Sorge galt natürlich der Dose mit dem eigentlich Diane zugedachten, verbleibenden Sandwich. Ein kurzer Rundblick zur Sicherung, schon war das Corpus Delicti verschwunden und sie räumte schnell andere, unverfängliche Teile hinterher.
»Woran das wohl liegen mag? Haben Sie vielleicht zu viel Sonne abgekriegt?«, rätselte Herr Stöckl, der sich bis dahin an keiner Unterhaltung beteiligt hatte, was mit seiner jungen Kollegin nicht in Ordnung sein könnte.
»Vielleicht ein bisschen viel durcheinander gegessen?«, meinte Bobby.
»Nein, hat sie eigentlich gar nicht. Ich hab natürlich nicht so genau darauf geachtet, aber ich saß neben ihr und habe bestimmt mehr als das Doppelte verspeist.«
Linus kümmerte sich aufopfernd um Maike.
»Als wir vorhin beim Pendeln waren, hat Maike meine Sandwiches für sich ausgependelt.«
Also doch! Sie hatten mit diesem Hokuspokus weitergemacht. Helene schimpfte sich eine absolute Idiotin dafür, dass sie nicht besser aufgepasst und sich und andere in Gefahr gebracht hatte.
»Für mich waren sie nicht gut. Und da sie so neugierig darauf war, und ich heute sowieso kaum hungrig, habe ich sie ihr überlassen. Sie hat eines davon gegessen und plötzlich wurde ihr schlecht«, war Dianes laute, ruhige Stimme zu vernehmen.
»Da hat sich das Pendel wohl ein bisschen geirrt.«
»Zynismus ist jetzt wirklich fehl am Platz, Joachim. Überlege lieber, wie wir Maike helfen können«, rief Dorothea ihren Mann zur Ordnung.
»Vielleicht war da was Verdorbenes drauf?«, mischte sich Ulli ein.
Nun wurde es Zeit für eine Stellungnahme.
»Ich muss doch sehr bitten. Ich habe alles heute Morgen frisch gemacht!« Helene gab sich in ihrer Ehre sehr gekränkt.
»Das ist doch gar kein Vorwurf, Helene! Aber bei diesen Temperaturen heute kann schnell ein Lebensmittel verderben«, verteidigte Ulli ihre These und forschte professionell weiter.
»Was war denn auf dem Sandwich?«
Zögernd bekannte Helene: »Zucchini, Kräuterpaste, gebratene Pilze.«
»Na klar! Pilze! Das ist doch allgemein bekannt, dass Pilze schnell umkippen können!«, rief Ulli triumphierend. »Ob wir sie besser ins Krankenhaus bringen?«
Diese Idee fand Helene gar nicht so gut. Womöglich wollten die Ärzte dort eine Gegenprobe des verbleibenden Sandwichs. Ein bisschen leid tat Maike ihr schon, wie sie sich da so quälte. Aber andererseits war die dämliche Zicke selbst schuld mit ihrer Neugier und ihren verkrampften Bemühungen um Originalität.
»Ich denke, Krankenhaus ist wirklich überflüssig.« Ausgerechnet Diane rettete Helene aus der brenzligen Lage.
»Sie spuckt sowieso nur noch Galle, der Magen ist leer. Und mehr würden die im Krankenhaus auch nicht tun können. Ich nehme sie mit zu mir nach Hause, mache ihr einen Leibwickel und koche ihr einen ayurvedischen Tee, dann ist sie bald wieder auf den Beinen. Ja, Maike?«
Dankbar nickte Maike, ein Schatten ihrer selbst, mit dem Kopf. Nun hatte es sogar diesem lästigen Plappermäulchen einmal die Sprache verschlagen. Die heiter gelöste Stimmung hatte sich auf diesen unangenehmen Zwischenfall hin natürlich verflüchtigt, und man nahm ihn zum Anlass, die Festversammlung aufzulösen. Alle beteiligten sich am Aufräumen, und bald sah der Lagerplatz – bis auf das niedergedrückte Gras und einige Krümel, die den Ameisen überlassen wurden – wieder aus wie zuvor. Jan – so war er nun einmal – bot sich an, Maike und Diane nach Hause zu fahren und Linus, der glücklicherweise auch Motorrad fahren konnte, brachte Maikes Maschine
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