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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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wird knallhart mit seinen eigenen Erwartungen konfrontiert, die wir nämlich nicht erfüllen. Statt der gewohnten großbürgerlichen Luxuskost gibt’s den Prollfraß aus der Currybude, und dazu ein schönes Döschen Bier. Ist mir allemal lieber als dieses postmoderne Proseccogesaufe. Also, ich find das genial!«
    Er strich sich die Haarsträhnen, die ihm immer wieder ins Gesicht fielen und die aussahen, als ob er sie in besagter Currybude durchs Friteusenfett gezogen hatte, mit großen Gesten nach hinten und sah sie kampflustig an.
    »Euer Intendant hat mich engagiert, um das kulinarische Niveau eurer Theatergastronomie zu heben und damit die Attraktivität des Umfeldes eurer Inszenierungen zu steigern, sozusagen Stück plus Rahmenprogramm als Gesamtkunstwerk, Kunst und Genuss als Kunstgenuss …«
    Wittgenschläger ließ sie nicht ausreden.
    »Mensch, Pommesduft im Musentempel – ich seh schon die Überschriften und die Diskussion, die das auslösen wird. Wir werden reichlich Publicity haben.«
    »Und ich bin die Fachfrau für die Gestaltung von Currybudenbüffets! Tut mir leid, ich bin wirklich nicht von Dünkeln besessen, aber beim Thema Fritten und Würstchen sollten Sie, äh du, sich lieber an euren Kantinenchef halten, davon versteht der nämlich was. Ich habe meinen Auftrag hier anders interpretiert.«
    Aber der Paul – so hatte er sich vorgestellt, und sie war für ihn die Helene, und duzen mussten sie sich natürlich auch –, blieb erst mal hart wie eine drei Tage alte Bulette. Auch wenn sie Frau genug war, sich von diesem Bürschchen nicht unterkriegen zu lassen, wollte sie doch versuchen, noch einmal mit Steinberger zu reden, wie der die Sache sah. Insgeheim war sie gar nicht so konträr zu Wittgenschläger, denn bei der Thematik dieses Stückes war es nicht so einfach, darauf abgestimmte kulinarische Glanzpunkte zu setzen, und vielleicht lag die Lösung wirklich in der Provokation. Außerdem fehlte ihr die innere Ruhe, um sich voll und ganz auf diese Aufgabe zu konzentrieren.
     
    Wieder einmal verbrachte sie einen Abend allein zuhause, weil Jan im Büro war. Mit Sicherheit befand er sich in Dianes Gesellschaft. Mittlerweile war das so Usus, und er meldete sich auch nicht mehr, um Bescheid zu geben, dass er erst spät nachts nach Hause kommen würde.
    Die Kinder schwirrten auch beide bei irgendwelchen Freunden oder Klassenkameraden herum, abgemeldet unter dem Stichwort Lernen – was auch immer sich dahinter verbergen mochte, es verschaffte ihnen jedenfalls am Abend Ausgang, und Helene hatte nicht mehr den Nerv, jedes Mal kontrollierend nachzufragen. Solange es in der Schule keine Schwierigkeiten gab, sie zu zivilen Zeiten nach Hause kamen, keine Drogen nahmen, nicht kriminell wurden und dabei einen glücklichen Eindruck machten, sah Helene keine Notwendigkeit des Eingreifens.
    Da die Luft angenehm mild war, nahm sie eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank, holte sich ein Glas und setzte sich auf die Terrasse. Während sie sich von dem Soave aus Venetien eingoss, sah sie in die unter ihr wogenden Wipfel der Kastanien, die statt der Blüten jetzt winzige Stachelfrüchte angesetzt hatten. Sie nahm einen kräftigen Schluck. Der Wein schmeckte angenehm frisch und ließ Fernweh aufkommen.
    Sie seufzte. Wie gut hätte ihr und Jan ein gemeinsamer Urlaub getan, im Juni, wenn Peer sein Abitur hinter sich hätte. Janina hätte bei ihrer Busenfreundin Elisa wohnen können, und sie und Jan wären endlich einmal allein gewesen, in entspannter Atmosphäre, in einer reizvollen Landschaft. Sie hätten gute Gespräche führen können und Spaß im Bett gehabt, wie früher, oft und viel. Aber Jan musste ja beruflich nach Lanzarote.
    Ohne große Hoffnung hatte sie sich das kleine Büchlein mit hinausgenommen, das Rezepte zur Lösung aller Probleme versprach. Einmal noch wollte sie ihre Kochkunst in aller Bandbreite zur Verteidigung ihrer Interessen ausprobieren, denn was konnte sie, wenn nicht kochen!
    Lustlos blätterte Helene die Seiten dieses etwas anderen Rezeptbreviers durch. Viele der Vorschläge musste sie wegen Undurchführbarkeit aufgrund nicht zu beschaffender Ingredienzien sogleich verwerfen. Andere wiederum erschienen ihr nicht zuverlässig genug. Frustriert legte sie das kleine Buch beiseite. Ihr Blick wanderte dorthin, wo sich der Hinterhof auf die Dächerlandschaft Berlins öffnete, ohne das sich ihr bietende Panorama wirklich wahrzunehmen.
    Wie hatte sich doch ihr Leben in den letzten Monaten

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