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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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die ganze Bandbreite von philosophischen Höhenflügen zu absolutem Nonsens ausmaßen. Helene versäumte nicht, vor den vertrauten Freunden noch einmal Mühe und Erfolg ihres heutigen Beitrages zu rekapitulieren, um dabei einige Lobes- und Dankesworte mehr abzustauben. Davon konnte man nie genug kriegen, und ihr Licht unter den Scheffel stellen – wozu das? Spät in der Nacht endete das fröhliche Gelage und der kränkelnden Zunft der Berliner Taxifahrer wurde mit drei Fuhren auf die Sprünge geholfen.
    Man konnte zwar nicht behaupten, dass Helene am nächsten Tag den Kopf frei für neue Aufgaben hatte, im Gegenteil, er fühlte sich nach den Strömen von Schwarzmeerschampus ziemlich dick und schwer an, aber zumindest konnte sie das kulinarische Großereignis im Monat November abhaken und in Richtung weihnachtliche Festivitäten blicken. Die Nachwehen der Galeriefeier hatten sie schon ziemlich früh aus dem Bett getrieben. Nach zu viel Alkohol konnte sie nie richtig ausschlafen. Jan hatte sich leise schnarchend auf die andere Seite gedreht. Beneidenswertes Murmeltier!
    Helene labte sich in der Küche an einem riesigen Glas Mineralwasser und zwei ASS-Tabletten. Es war kurz nach acht am Sonntagmorgen und das Telefon klingelte. Das konnte ja nur ihre liebe Mutter sein, die sich mal wieder genauso naiv wie beharrlich über das Verdikt hinwegsetzte, ihre Tochter am Wochenende keinesfalls vor zehn Uhr telefonisch zu belästigen.
    »Ja, bitte?«, fragte Helene schwach in den Hörer.
    »Wie? Wer ist da? Hab ich mich verwählt?«
    Natürlich!
    »Nein, Mutter. Ich bin’s.«
    »Helene! Wieso meldest du dich nicht ordentlich am Telefon, Kind?«
    »Weil es Sonntag und sehr früh am Morgen ist, und ich nicht jedem Schwachkopf, der die Unverfrorenheit hat, um diese unchristliche Zeit zu stören, gleich meinen Namen auf die Nase binden muss.« Helene konnte sich dieser offenen Worte bedienen, denn ihre Mutter wäre ohnehin nie auf die Idee gekommen, sich davon in irgendeiner Weise betroffen zu fühlen.
    »Ich habe eine wunderbare Neuigkeit, Lene!«
    Was stand denn jetzt wieder zu befürchten? Helene sagte nichts, was ihre Mutter aber nicht weiter irritierte.
    »Es klappt nun doch, dass Weihnachten mal wieder die ganze Familie zusammen ist. Das ist doch schön, nicht?«
    »Ich dachte, du wolltest um diese Zeit in Südafrika sein, Mutter.«
    »Ja, wollte ich. Aber Harry hat sich entschlossen, sich endlich die Galle rausnehmen zu lassen. Du weißt ja, es zwickt und zwackt ihn öfter, ist lästig und ziemlich schmerzhaft.«
    Das war bei Harrys Vorlieben, sich zum Frühstück bereits die Mayonnaise dick auf den Schinken zu streichen, auch kein Wunder. Harry war seit zehn Jahren Mutters Lebensgefährte. Ein sympathischer Genießertyp von Ende 60, und im Gegensatz zu ihr ein äußerst pflegeleichter Gast.
    »Und Harry hat gesagt, wenn die Galle draußen ist, dann kann er wieder so richtig einen draufmachen. Und dann will er auch echte deutsche Weihnachten mit Stollen und Gänsebraten und Tannenbaum. Und bei Lene schmeckt es immer am besten, hat er gesagt. Und wenn Gitti und die Kinder sowieso bei dir sind, dann kommen wir eben auch und machen Südafrika irgendwann später. Wir haben ja Zeit.«
    »Schön für euch«, bemerkte Helene bitter.
    Das waren ja herrliche Aussichten auf harmonische Feiertage. Schwester Gitti mit Mann und zwei kleinen Kindern und Mutter und Harry, und das war noch nicht alles.
    »Übrigens wird auch Jans Mutter zu Weihnachten bei uns sein.«
    »Das macht doch nichts«, war die großzügige Antwort. »Ihr habt ja genug Platz für alle.« Was so nicht ganz stimmte. Bei einer Belegung mit elf Personen sehr unterschiedlichen Alters und sehr unterschiedlicher Bedürfnisse stieß auch das weiträumige Dachgeschoss an seine Grenzen, allen einen entspannten Aufenthalt zu bieten.
    »Gut, Mutter. Mir wird kalt. Ich stehe hier nämlich im Nachthemd. Es ist ja noch ein bisschen Zeit bis dahin und wir telefonieren noch mal, ja?«
    »Ja, Lenchen, das wollte ich dir auch nur kurz mitteilen. Ich freu mich schon. Und ich ruf dich dann noch einmal an. Tschüsschen!« Sie würde nicht einmal, sondern noch mindestens zehnmal anrufen bis dahin. Immer wenn es gerade nicht passte und nur, um völlig überflüssige Nebensächlichkeiten zu besprechen.
    »Tschüss, Mutter!«
    Hatte ihre Mutter eigentlich schon immer diese alles niederwalzende Ignoranz besessen? Mit Sachlichkeit versuchte Helene ihren Ärger zu bekämpfen. Ihre Mutter war

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