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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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durchquerten sie engere Korridore. Omars Fettwülste rieben sich am rauhen Verputz. »Diese Gänge werden nicht oft von Menschen mit meinem stattlichen Körperbau benutzt«, erklang seine gedämpfte Stimme. »Aber wenn es um Euer Leben geht, müssen wir eine Ausnahme machen.«
    Die Korridore waren nicht nur lang und eng, im Gegensatz zu den tiefer gelegenen Gängen waren sie auch schlecht erleuchtet, und überall lag Staub und Abfall auf dem Boden. Zweimal glaubte Scheherazade zu hören, wie sich Lebewesen in diesem Abfall bewegten; kleine Lebewesen zweifellos, aber Lebewesen, die mit scharfen Zähnen und schmutzigen Klauen ausgestattet waren.
    »Wir sind da!« rief Omar schließlich, während er sich mit einem deutlich vernehmbaren ›Plopp!‹ aus dem engen Korridor zwängte. Scheherazade trat noch einen Schritt vor und sah plötzlich Sonnenlicht. Auch sie verließ den Korridor und fand sich am Eingang zu den Geheimgärten wieder, von denen Omar ihr ja schon berichtet hatte. Obwohl diese überall von hohen Wänden umgeben waren, waren sie voller Pflanzen, Sträucher und Bäume aller Formen und Farben. Nach der Dunkelheit in dem engen Korridor mußten Scheherazades Augen sich erst an diese Pracht gewöhnen.
    »Halt!« begrüßte sie eine Frauenstimme. »Kein Mann darf diesen Weg lebend beschreiten!«
    »Was?« erwiderte Omar gekränkt. »Du hältst mich tatsächlich für einen Mann?«
    Eine Frau mit einem abwehrend erhobenen Schwert näherte sich ihnen auf einem der Gartenpfade. »Verzeih mir, Omar. Ich hätte deinen Lendenschurz erkennen müssen.«
    Omar rümpfte zustimmend die Nase. »Wir kommen, um die Alte Weise aufzusuchen.«
    »Sie hat schon erwähnt, daß sie sich darauf freut, mit... Scheherazade, ist das richtig?... zu sprechen«, erwiderte die bewaffnete Frau. »Sie hat allerdings nichts von einem Eunuchen gesagt.«
    »Wir Eunuchen verrichten unsere Arbeit so lautlos, daß viele uns einfach vergessen«, erklärte Omar bescheiden. »Ich werde ganz unauffällig folgen, so daß du dir um mich gar keine Gedanken zu machen brauchst.«
    Vor ihnen, irgendwo zwischen all den Pflanzen, erklang ein fürchterlicher Wutschrei.
    »Das ist die Alte Weise«, verkündete die Schwertkämpferin. »Sie will Scheherazade unverzüglich sehen!« Sie drehte sich um und lief den Pfad, den sie gekommen war, zurück. Die Geschichtenerzählerin hielt es für das Klügste, ihr so schnell wie möglich zu folgen.
    »Sie hat oft solche Anfälle«, rief ihnen ihre Führerin über die Schulter zu, während sie weiterlief. »Und sie ist besonders anfällig, wenn sie eine ihrer Visionen hat.«
    »Soweit ich weiß«, rief Omar verständnisvoll vom Ende ihrer kleinen Prozession her, »gehört es nicht zu den einfachsten Beschäftigungen, Visionen zu haben!«
    Die Kriegerin ignorierte diese Bemerkung geflissentlich. Statt dessen verdoppelte sie ihr Tempo, als hinter einem der vor ihnen liegenden Büsche ein tierähnliches Heulen erklang.
    »Da ist sie schon, Alte Weise!« rief die Kriegerin. Sie hatten eine kleine Lichtung erreicht, die gut versteckt hinter einigen Bäumen und Büschen lag.
    In der Mitte dieser Lichtung saß eine abgemagerte Frau mit gekreuzten Beinen. Ihre fahle Haut spannte sich über dicke, purpurfarbene Adern. Als die drei sich ihr näherten, hob sie eine zitternde Hand.
    »Warte!« befahl eine brüchige Stimme. »Sag nichts! Dein Name ist – uuuuuuh!« Ihre Stirn legte sich in tiefe Falten, als hätte sie gegen starke Schmerzen zu kämpfen. »Scheherazade!«
    »Ja, das stimmt tatsächlich«, erwiderte Scheherazade beeindruckt. »Und wir sind gekommen...«
    Die Alte Weise brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Du brauchst nicht weiterzureden! Du bist gekommen, weil du... nouvellecuisine...« – ihr Mund verrenkte sich auf höchst unvorteilhaft wirkende Weise –«... weil du aus dem Palast entkommen willst.« Sie runzelte die Stirn. »Aber du bist doch die Königin. Warum willst du entfliehen?«
    »Ich werde von einem äußerst tödlichen...«, begann Scheherazade.
    »Sag nicht mehr!« befahl die Alte Weise. »Lukulluslukullus!« Ihre Zunge schob sich für einen Augenblick aus dem zahnlosen Mund. »Tiiiiramisuuu! Du wirst nicht nur von einer, sondern... shrimps... von zwei verschiedenen Gegnern verfolgt, die nur eine Gemeinsamkeit haben, und das ist... brokkoli... der Wunsch, dich zu töten!«
    »Vollkommen korrekt!« bestätigte Scheherazade.
    »Bitte unterbrich mich nicht«, meinte die Alte Weise

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