Schenk mir deinen Atem, Engel ...
richtig? Das junge Paar, das von Ihnen gebeten wurde, die Polizei zu informieren, hat nämlich ausgesagt, dass Sie sagten … Einen Moment, bitte …“ Er ließ sich von seinem Assistenten ein kleines Notizbuch geben und blätterte darin. „Ah ja, hier haben wir es“, sagte er schließlich und las vor: „‚Im Wasser liegt eine Tote‘. Das sollen Sie gesagt haben. Ist das richtig so?“
Faith nickte. „Ja, das stimmt. Nachdem ich den Arm gesehen habe, bin ich ein wenig näher herangegangen. Da zogen sich die Wellen zurück, und ich konnte den ganzen Körper der Frau erkennen. Ich bin so erschrocken, dass ich gestolpert und hingefallen bin. Danach bin ich weggerannt und habe Hilfe gerufen.“
„Hm.“ Jones runzelte die Stirn. „Und Ihnen ist nichts an der Frau aufgefallen? Genauer gesagt, an Ihrem Zustand?“
„Zustand? Aufgefallen?“ Faith hob beide Arme. „Herrgott, sie war tot . Das ist mir an ihr aufgefallen. Reicht das nicht?“
Unwillkürlich blitzte das Bild der jungen Frau vor ihrem inneren Auge auf. Die bläulich schimmernde Haut, die weit aufgerissenen Augen – und die schrecklichen Wunden überall an ihrem Körper, die aussahen, als wäre ein ganzes Rudel wilder Tiere über sie hergefallen.
Faiths Kehle war auf einmal wie zugeschnürt, verzweifelt rang sie nach Atem.
„Was hat sie denn?“, hörte sie Jones wie aus weiter Ferne fragen. „Um Himmels willen, das Mädchen läuft ja blau an!“
Von einer Sekunde auf die andere wurde sie von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt. Ihre Mutter drängte die beiden Polizisten zur Seite und sprach beruhigend auf Faith ein. Trotzdem dauerte es noch eine ganze Weile, bis sie sich wieder beruhigt hatte.
„Meine Tochter ist krank“, erklärte ihre Mutter den beiden Polizisten. „Sie leidet unter Mukoviszidose, und wie Sie sehen, ist sie augenblicklich nicht in der Verfassung für eine weitere Befragung. Ich …“
„Nein“, stieß Faith krächzend hervor. Ihr Hals fühlte sich an wie raues Schmirgelpapier. „Nicht Mom, ich möchte gern mit den Beamten sprechen, okay?“
Ihre Mutter runzelte skeptisch die Stirn, stimmte aber schließlich mit einem leisen Seufzen zu. „Also schön, ganz wie du möchtest.
Faith wandte sich wieder Detective Inspector Jones zu. „Wie gesagt, es gab für mich keinen Zweifel daran, dass diese arme Frau nicht mehr lebte. Und ich glaube, ihr Körper war ziemlich …“ Sie schüttelte sich. „Verstümmelt. Ja, ich glaube, das trifft es am ehesten.“
Jones nickte. „Das ist exakt der Ausdruck, den mein Kollege benutzt hat, als wir vorhin am Ort des Geschehens eintrafen. Und …“ Er verzog das Gesicht, so, als schmerzte es ihn, die folgenden Worte auszusprechen: „Es war nicht das erste Mal, dass wir so etwas in den letzten Tagen gesehen haben.“
Faith riss die Augen auf. „Es gab schon einen solchen … Vorfall?“
„Mehrere“, erwiderte Fitzgerald. „Unsere Pathologin, die die Opfer obduziert hat, meint, dass die Verletzungen von einem Tier stammen könnten. Von einem großen Barrakuda, genauer gesagt. Das Problem ist nur, dass es diese Biester hier in England überhaupt nicht gibt.“
„Offenbar doch“, sagte Faith. „Könnte das Tier nicht aus einem Zoo ausgebrochen sein?“
Jones schüttelte den Kopf. „Es ist bisher keinem Zoo gelungen, diese Tierart dauerhaft zu halten. Und selbst wenn es so wäre – laut einem namhaften Zoologen ist es mehr als unwahrscheinlich, dass ein Barrakuda in unserer für ihn feindlichen Umgebung länger als ein paar Stunden überleben würde.“
Faith runzelte die Stirn. Das alles klang einfach zu haarsträubend, um wahr zu sein. Ein Barrakuda? So richtig vorstellen konnte sie sich das auch nicht. Aber was erklärte sonst diese schrecklichen Verletzungen, die der jungen Frau vor ihrem Tod zugefügt worden waren?
„Hier.“ Fitzgerald zückte eine Visitenkarte, kritzelte etwas auf die Rückseite und überreichte sie Mrs Moningham. „Falls irgendjemandem noch etwas einfallen sollte – unter der angegebenen Nummer sind wir rund um die Uhr erreichbar. Die Adresse auf der Rückseite ist vom Scofield-Hospital – falls ihre Tochter medizinische Hilfe benötigen sollte.“
„Danke, Gentlemen“, entgegnete Faiths Mutter. „Und guten Tag.“
„Guten Tag, Ma’am“, sagte Jones im Hinausgehen. Fitzgerald nickte bloß.
Jake war beunruhigt.
Er war in der Nähe gewesen, als Faith die Leiche der unbekannten Frau gefunden hatte. Im ersten Moment hatte er
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