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scherbenpark

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Titel: scherbenpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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oder im Herzen, von jenem Spiegel, den ja bekanntlich der böse Troll zerschlagen hat. So war sie eben.
    Um Anton nicht zu quälen, haue ich jedem, der in seiner Gegenwart absichtlich das Wort »Mama« sagt, eine runter. Erwachsenen natürlich nicht, die schreie ich einfach nur an. Das wirkt immer ganz gut. Das ist das wenigste, was ich für meinen Bruder tun kann. Außer, dass ich ihn nachts nicht verjage, wenn er heulend in mein Bett kommt, sich an mich drückt und irgendwann, wenn der Wecker klingelt, vor Schreck auf meine Beine pinkelt.
    Ich mache mir ein bisschen Sorgen, wie das sein wird, wenn ich mir meinen ersten Traum erfüllt habe und Vadim nicht mehr lebt.
    Früher wollte ich natürlich berühmt sein, wie jeder andere Mensch auch. Ich hatte auch nichts dagegen gehabt, eine prominente Mutter zu haben, die aus den Zeitschriften lächelt und über die jeder spricht. Als wir dann aber tatsächlich alle berühmt wurden, hätte ich sie am liebsten erwürgt: die Fotografen und die Kameramänner, die Männer und die Frauen mit Mikrofonen und kleinen Blöcken, die unseren Hauseingang filmten und bei unseren Nachbarn klingelten, um zu fragen, wie laut es denn nun gewesen war an jenem Abend.Wer hat geschrien, und wer hat geweint, und wer ist gerannt, und hat Vadim tatsächlich gesagt: »Hier ist Blut, tritt da nicht rein«, und auch: »Es ist vorbei, hau ab«.
    Nur wenn einer von uns rauskam, ich oder Anton, Alissa wurde da noch getragen, dann klappten sie ihre Münder zu und wichen zurück und bildeten eine Gasse und ließen uns durch und verfolgten uns mit ihren Blicken.
    Ich hatte gehofft, dass sie mich oder Anton ansprechen würden, denn dann hätte ich mich moralisch im Recht gefühlt, ihnen die Kameras aus der Hand und vielleicht auch die Zähne aus der Visage zu schlagen. Aber sie schreckten weise zurück, Wahrscheinlich strahlte ich wie die Gegend um Tschernobyl. Dann habe ich auch gedacht, vielleicht ist es besser so, dass sie nicht fragen und ich nicht reagiere, denn meine Mutter war immer gegen Gewalt. Schließlich wusste sie genau, wie sich Gewalt anfühlt.
    Am nächsten Tag war sie in allen Zeitungen. Ihr Vorname, der erste Buchstabe des Nachnamens, das Geburtsjahr und ein Foto. Es war das Bild, das sie von ihrer Theatergruppe hatten, ein schönes Bild, die roten Haare, das Gesicht nicht ganz so bemalt wie sonst, der Pullover schwarz. In diesen Tagen wurde sie ein Star.
    Schau, freust du dich jetzt, habe ich sie gefragt. Hatte ich dich nicht gewarnt? Wie konntest du nur? Warum hast du diesen Arsch geheiratet? Warum durfte er mit nach Deutschland? Warum hast du ihn an diesem verdammten Abend in die Wohnung gelassen?
    Warum, verdammt noch mal?
    Du bist schon immer eine dumme, dumme, dummeFrau gewesen, habe ich zu ihr gesagt. Wie konntest du mir das nur antun, so blöd gewesen zu sein?
    Später habe ich mich bei ihr entschuldigt. Natürlich war es nicht sie, die mir das angetan hat. Sie war bloß, wie sie immer war, und sie konnte nichts dafür. Sie war eben eine Kunstwissenschaftlerin und dazu auch noch Künstlerin. Sie war von der Sorte, die heute nicht mehr hergestellt wird – von allem ein bisschen mehr und ein bisschen besser und ein bisschen feiner. Und das werde ich in meinem Buch schreiben, damit es jeder erfährt. Ich will nicht, dass sie nur berühmt wird, weil sie so elend gestorben ist.
    Diese ganzen Zeitungsberichte habe ich von Anfang an gelesen. Ich bin immer zum Kiosk runter und habe alles gekauft, was es dort gab. Die ersten Tage waren wir nicht zu Hause, weil das Jugendamt uns in einer Wohnung untergebracht hatte, die der Stadt gehört. Aber nach zwei Tagen habe ich gesagt, dass wir das nicht aushalten. Die Wohnung war völlig frei von Staub und von Büchern und von Leben. Außerdem stand dort ein Gummibaum aus Plastik. Ich habe gesagt, die Kleinen wollen heim. Das sei vor allem für Alissa wichtig. Sie war ja noch nicht einmal zwei Jahre.
    Wir durften nach Hause, wo alles schon komisch aufgeräumt war wie früher nie. Wir wurden rund um die Uhr betreut von mehreren kurzhaarigen Frauen, die alle gleich aussahen und Doppelnamen trugen, und von einem Mann mit langen Haaren und ebenfalls einem Doppelnamen.
    Ich kann mich kaum an diese Tage erinnern. Ichweiß nur, dass ich fast ununterbrochen gesprochen und ihnen erklärt habe, wie unser Leben früher organisiert war und dass es jetzt genau so bleiben muss. Dass sie auf keinen Fall anderes Essen einkaufen sollten als das, welches wir gewohnt

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