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scherbenpark

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Titel: scherbenpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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Schlüssel in meine Hand. »Und, äh, könntest du auch was zu trinken mitbringen?«
    »Sonst noch was?« frage ich.
    Er lächelt.
    »Bier?« frage ich gelangweilt.
    »Limo«, sagt er. »Oder Eistee. Was du findest.«
    »Ist deine Mutter gerade zu Hause?«
    »Meine Mutter?« fragt Oleg erstaunt. »Sie ist letztes Jahr gestorben.«
    »Wie? Kann nicht sein.« Ich setze mich wieder hin.
    »Das denke ich manchmal auch«, sagt Oleg. »Dass es nicht sein kann. Doch, ist wahr. Hätte mich auch gewundert, wenn es dich interessiert hätte. Was hast du gerade gesagt?«
    »Willkommen im Club.«
    »Und ich dachte, ich hätte mich verhört.«
    Ich schließe seine Wohnung auf und falle fast um von dem Gestank. Es ist eine einzige Müllhalde. Ich gehe erst in ein Zimmer, in dem inmitten von Blätterstapeln, Zeitungen, glänzenden Hanteln, Büchern und Kassetten ein ziemlich unsauberes Bett steht, und finde schnell die weiße Kiste mit den Schachfiguren.
    Dann stehe ich vor der Wand, an der drei Zeitungsausschnitte mit bunten Bildern hängen, mit Reißzwecken in die Raufasertapete gedrückt. Auf einem hocktein japanisches Mädchen auf den Schultern ihres Vaters, über ihrem Kopf ist ein blühender Kirschbaum, darunter die Bildunterschrift: »Die seit 1953 früheste Kirschbaumblüte im Ueno-Park in Tokio«. Auf einem anderen kämpfen zwei Sumo-Ringer. Auf dem dritten lächelt eine rothaarige Frau.
    Meine Mutter.
    Ich wundere mich über gar nichts mehr.
    Ich schaffe es nicht, die Küche zu betreten, auch wenn ich mir den Ärmel vor die Nase halte. Stattdessen hole ich eine Flasche Apfelschorle aus unserer Wohnung und dazu zwei Gläser.
    Oleg kommentiert das nicht. Ich auch nicht.
    »Soll ich vielleicht besser ohne die Dame spielen?« fragt Oleg.
    »Wieso denn das?« frage ich verärgert. »Auf gar keinen Fall.«
    »Dann wenigstens mit zwei Bauern weniger? Oder ohne einen Bauern?«
    »Hör auf. Ich will allein verlieren. Ohne deine Hilfe. Es reicht, dass ich die Weißen nehme. Alissa, gib mir die Figur zurück.«
    Ich entscheide mich für die Sizilianische Eröffnung, obwohl die mir immer zu umständlich war, aber sie ist die einzige, die ich noch im Kopf habe. Dann weiß ich noch, dass die Figuren möglichst nach den Regeln des Stierkopfes aufgestellt werden sollten. Ich versuche mich zu konzentrieren, was nur zur Folge hat, dass ich verkrampft das Brett fixiere, während Oleg kaum hinsieht und ununterbrochen redet.
    »Ich lese gerade ein geiles Buch«, sagt er. »Es spieltin Moskau, wo dauernd die Bomben hochgehen, es ist wie heute, nur ein bisschen mehr. Eine junge Frau, sie hat einen Mann und eine Tochter, also, sie geht fremd, und ihr neuer Liebhaber erzählt, dass er ein Außerirdischer ist und dass er sie aus dieser Hölle befreien will und auf seinen Heimatplaneten bringen, wo alles viel besser ist.«
    »Aha«, sage ich, verärgert darüber, dass mir keine Strategie gelingt, ich befolge bloß stupide Regeln für Anfänger, und Olegs Geschwätz raubt mir die Reste meines Verstandes.
    »Und das Geile ist, man fragt sich bis zum Ende: Ist es jetzt Fantasy, oder ist es real, und die beiden spielen bloß so ein Spiel miteinander, und, ach, es ist wirklich traurig.«
    »Wie heißt es denn?« frage ich, weil ich nicht unhöflich sein will.
    »›Der Evakuator‹«, sagt Oleg gerührt. »Ist so klasse. Hab ich aus dem Internet. Ich habe inzwischen alle meine Bücher nur noch aus dem Internet, es gibt ein paar gute Adressen, ich lade alles runter und drucke es aus, ich müsste sie binden lassen, es ist so ein Durcheinander bei mir. Spinnst du? Was machst du da?«
    Dann sehe ich auch, dass mein Zug ein ganz blöder ist.
    »Das ist nur wegen deinem Gequatsche«, sage ich wütend. »Ich kann mich nicht mehr so gut konzentrieren wie früher.«
    »Nimm den zurück«, sagt Oleg.
    »Nein.«
    »Nimm den zurück, sage ich. Du kannst es besser.«
    »Lass mich in Ruhe. Ich mach es, wie ich will. Und ich nehme keine Züge zurück.«
    »Du hast super gespielt bis eben. Es gibt einen viel besseren Zug.«
    »Friss den Bauern vor dem König«, sagt Plötzlich Alissa.
    »Deine Tipps haben mir gerade noch gefehlt«, sage ich sauer. »Es ist eine Falle, dann schlägt er meinen Springer, siehst du das nicht?«
    Und ich starre meine Figuren an, immer noch keine gute Idee in Sicht, und dann verstehe ich, dass Alissa recht hat und mein Springer längst durch einen Läufer geschützt ist. Und zum ersten Mal in meinem Leben nehme ich einen Zug zurück, was

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