Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)
Laptop gelaufen. Vielleicht hatte Runa während der Arbeitszeit ihren privaten Rechner nicht benutzen dürfen. Die Museumsrechner hingegen waren sicher den ganzen Tag an, da konnte man bestimmt schnell mal eine E -Mail abrufen und beantworten.
»Marit Aarestad, das ist das Madel auf dem Bild, oder! Das muss eine Freundin von ihr gewesen sein!«, rief Kathi.
»Ja, und aus den Mails geht klar hervor, dass sich Runa ganz bewusst an Ionella herangemacht und gezielt deren Freundschaft gesucht hat«, sagte Irmi.
»Puh!«, machte Kathi. »Wenn wir hier wirklich von Xaver Schmids Enkelin reden, dann würde das heißen, dass es nie um Ionella gegangen ist! Das wäre ja der Wahnsinn!«
»Dann lügen die fabelhaften Schmid Boys womöglich gar nicht. Sie hätten zwar die Maschinen vertickt und junge Rumäninnen ausgenutzt, aber nicht ermordet.«
»Na, na, na! Da wäre ich mal nicht so voreilig. Thomas, dieses Granatenarschloch, ist gewalttätig. Er hat ein Mädchen vergewaltigt und hat es sicher nicht auf sich beruhen lassen, dass Ionella Pfefferspray gegen ihn einsetzte. Ich denke, er war der Täter, nur der Grund für den Mord ist ein anderer. Er hat herausgefunden, dass Runa seine Cousine ist. Oder Großcousine. Oder was auch immer. Dann hat er zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Weg mit der Mitwisserin – und weg mit einer Miterbin. Beide elegant entsorgt, oder!«
Irmi musste zugeben, dass das gar nicht so abwegig klang. Dennoch sagte sie: »Wir dürfen uns aber nicht von unserer Antipathie gegen Thomas Schmid leiten lassen.«
»Antipathie ist ein Hilfsausdruck!«
»Kathi, wir müssen beweisen, dass einer gewusst hat, um wen es sich bei Runa handelt. Und noch schöner wäre es, wenn wir ein Testament finden würden.«
Andrea, die die ganze Zeit mehr oder minder fassungslos von der einen zur anderen gestarrt hatte, zuckte zusammen, als Irmi sagte: »Andrea! Wir müssen auf Hochdruck die Eltern von Runa finden. Und versuch bitte, diese Marit Aarestad aufzutreiben. Wir müssen in Norwegen um Amtshilfe ersuchen. Machst du das?«
Andrea nickte und eilte aus dem Büro.
»So, Kathi, und wir fahren nach Ugau. Mal wieder!«
Inzwischen hatte Irmi das Gefühl, als kenne sie jeden Baum und jeden Felsen an dieser Straße.
»Xaver Schmid hat gesagt, wir werden im Haus nichts finden. Was, wenn das Testament mit der Tenne abgebrannt ist?«
»Wir suchen einfach. Wir haben damals auch den Laptop von Regina von Braun gefunden.« Kathi stockte.
Ihr letzter großer Fall war auch eine bittere Familiengeschichte gewesen. Wie viele Familiengeschichten hinter den Fassaden mit den Bauernmalereien und den verzierten Holzloggien. Das war der Fall gewesen, bei dem Irmi Kathis Mutter des Mordes verdächtigt hatte. Der Fall, der sie zu Adele geführt hatte und letztlich bis nach Vesterålen.
»Kathi, ich möchte unbedingt mit Elli reden!«, brach es aus Irmi heraus.
»Das darfst du jederzeit, wenn du willst. Aber du musst nicht. Wenn alles so bleibt, wie es ist, dann ist es auch gut. Mama ist dir nicht böse, ganz im Gegenteil: Es hat ihr geholfen. Uns geholfen. Wir waren am Grab meiner Schwester in Weißenbach. Ich versteh meine Mutter jetzt viel besser. Ich bin halt immer ein bisschen schnell und laut, du kennst mich ja. Ich mein das meistens gar nicht so krass. Es blubbert einfach aus mir raus. Und wäre ich damals nicht so ekelhaft gewesen, wärst du nicht allein in die Falle gerannt. Echt, Irmi, ich hab mir auch Vorwürfe gemacht. Ich kann das nur nicht so gut sagen oder zeigen.«
Irmi war sprachlos. Ihr standen Tränen in den Augen. Sie brachte nur ein »Danke« heraus.
Doch Kathi konnte wie immer ganz schnell wieder umschalten. »So, Chefin, und jetzt finden wir das Testament, und darin steht, dass der Xare alles mir vererbt hat.« Sie lachte.
Die Haustür war von den Kollegen versiegelt worden. Eine neugierige Nachbarin schaute hinter der Gardine hervor, als Irmi aufschloss.
Unter den tiefen Decken roch es immer noch brandlig. Sie hoben Bilder an, sie verrückten Regale, doch es kam nirgendwo ein Safe zum Vorschein. Vergeblich suchten sie im alten Sekretär nach dem Testament, es gab darin auch kein Geheimfach. Dann durchforsteten sie das Bücherregal, zogen mehrere Bände heraus und schüttelten die Seiten auseinander. Einmal fiel ein vierblättriges Kleeblatt heraus, das sofort zerbröselte. Das Regal enthielt Ausgaben von Simmel und Konsalik, einige Bände der Romanreihe »Angélique« und ein paar
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