Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)
des Erbes an eine Karpatenschlampe zu verlieren, und sich auf die Suche nach dem Testament gemacht haben? Angenommen, sie haben es gefunden und weit Dramatischeres erfahren? Was dann?«
»Dann hätten sie recherchiert, wer diese Åse ist. Und sie wären eventuell auf Runa gestoßen, die gerade in Ogau lebte. Sie hätten eins und eins zusammengezählt, hätten Runa aus dem Weg geräumt und Ionella gleich mit. Nicht wegen der albernen Baumaschinen. Hier ging es um etwas viel Größeres.«
»Auf zu Schmid! Wir halten ihm das Testament vor die Nase!«, rief Kathi.
Als sie wenig später im Ogauer Altersheim ankamen, versperrte ihnen plötzlich die fuchsteufelswilde Heimleitung den Weg. Xaver Schmid war nach Irmis Besuch zusammengeklappt, erfuhren sie, und ein »leichtes Schlagerl« könne nicht ausgeschlossen werden. Schmid lag nun in der Murnauer Unfallklinik. Ohne »irgendeinen Schrieb« wollte man Irmi und Kathi auch nicht zu Burgi vorlassen. Völlig konsterniert rief Irmi im UKM an. Xaver Schmid lag auf der Intensivstation, Besuche waren ausgeschlossen.
»Scheiße«, sagte Kathi. »Und jetzt?«
»Wir fahren zurück. Wir müssen mit den Kollegen in Norwegen sprechen. Andrea hat ja sicher schon … Stell dir vor, wenn Schmid jetzt meinetwegen …«
»Irmi, das war nicht abzusehen, oder! So instabil hat der auf mich nicht gewirkt. Mach dir keinen Kopf!«
Ach, wenn das so einfach wäre, sich keinen Kopf zu machen. Wie leichtfüßig würde sie durchs Leben tänzeln, dachte Irmi.
Mit zwei Tassen Kaffee bewaffnet, liefen sie bei Andrea auf. Die hatte Neuigkeiten.
»Ich habe mehrfach mit Norwegen telefoniert und gemailt. Sind alle sehr nett da oben. Also, was diese Marit Aarestad betrifft: Sie wohnt … ähm … in einem Studentenapartment in Tromsø, ist im Moment aber verreist. Im selben Haus wohnt auch Runa. Keiner weiß, wohin Marit ist. Die Kollegen haben auch keine Verwandten gefunden, sie ist … ähm … eine Vollwaise. Jetzt versuchen sie, über Kommilitonen was über Marit rauszufinden. Irgendwo muss sie ja stecken … na ja … sie hat ja mit Runa gemailt.«
Das stimmte zwar – doch das konnte man nun mal überall auf der Welt.
»Und jetzt zu Runas Eltern, Åse und Henrik Dalby. Er ist tatsächlich Meeresbiologe, sie ist Fotografin und dokumentiert seine Forschungsreisen. Die Uni in Tromsø nimmt Kontakt zu ihnen auf, im Moment erforschen sie den Zug der Wale. Warst du nicht auch auf so einer Tour, als du … ähm … auf den Inseln da oben warst?«
Irmi lächelte. »Ja, das war wirklich faszinierend. Da war auch ein Biologe dabei, der hieß aber anders. Diese Fahrten dienen in erster Linie der Meeresforschung. Gäste nehmen die eher aus finanziellen Gründen mit, das Ganze ist also keins dieser typischen Touristenspektakel.«
»In der Kälte im Nordmeer herumschippern? Nein danke, ich werd schon auf dem Staffelsee seekrank«, sagte Andrea schaudernd.
»Ach, der Biologe hat mir Tabletten gegen Seekrankheit in die Hand gedrückt, weil wir Alpenbewohner ja nicht ans Wasser angepasst wären, hat er gesagt! Und er bat, im Fall der Fälle den Mageninhalt bitte draußen abzugeben und nicht in den Toiletten. Wegen der anderen Gäste.«
Andrea musste lachen.
»Kluger Mann«, kommentierte Kathi grinsend.
»Jedenfalls habe ich gelernt, dass das Zugverhalten des Atlantic Herring, auf Norwegisch Sild, extrem schwer vorherzusehen ist. Die Wale folgen im Winter den Heringsschwärmen, also ist es auch nicht einfach, Wale zu entdecken. 2001 gab es gar keine Wale mehr in Vesterålen, aber inzwischen sind sie zurückgekehrt, vor allem die Schwertwale. Ihr Verhalten ist wirklich spektakulär: Sie zeigen den Heringsschwärmen ihre weißen Bäuche, woraufhin diese erschrecken und in panischer Flucht zur Wasseroberfläche schwimmen. Es sieht aus, als würde das Meer überkochen. Dort oben werden sie zur leichten Beute. Ich habe in Norwegen einen Film darüber gesehen. Die Wale arbeiten in Gruppen zusammen, und was für den Biologen an Bord noch spektakulärer war: Schwertwale und Buckelwale agieren auch zusammen. Die Buckelwale schwimmen pro Jahr bis zu zehntausend Kilometer und wären im Winter eigentlich in der Karibik. Seit einigen Jahren bleiben sie allerdings im Nordmeer. Ihre Wintergesänge sind höchst ungewöhnlich, hat der Biologe gesagt. Wenn die Dalbys da dran sind, ist das eine ungeheuer spannende Sache. Ich weiß auf jeden Fall, dass es da noch viel Forschungsbedarf gibt.«
»Ja, so was machen sie
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