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Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition)

Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition)

Titel: Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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vermerkte ein Memoirenautor der nördlichen Lager.
    Besuche durch eine Ehefrau oder Verwandte waren schwierig genug, doch Sweta war keines von beiden, sondern nur eine Freundin, eine Kommilitonin, und auf dieser Basis konnte keine Erlaubnis für eine Begegnung mit Lew beantragt werden. Sweta war gleichwohl entschlossen, sich nicht von ihrem Ziel abbringen zu lassen. Ermutigt durch Lews Nachricht, dass es Verwandten »im Prinzip möglich« sei, Petschora zu besuchen, machte sie sich daran, »herauszufinden, ob es in Deinem und meinem Fall machbar ist«. Vielleicht würden die Gulagbehörden bereit sein, sie als Lebensgefährtin einzustufen. »Lew«, hatte sie im Herbst 1946 geschrieben, als ihr eine solche Reise aussichtsreich erschien:
     
selbst wenn es nur eine Möglichkeit ist, bitte ich Dich, mit allen Kräften dafür zu sorgen, dass sie rascher Realität wird. Ich habe keinen Urlaub mehr, aber ich kann jederzeit zehn Tage für Studienzwecke bekommen oder sogar einen unbezahlten Urlaub nehmen. Mich. Al. [Zydsik] wird mich unterstützen.
     
    Weil Lew nicht wollte, dass Sweta weitere Risiken einging, bevor er mehr über ihre Erfolgschancen herausgefunden hatte, riet er ihr davon ab, in jenem Herbst aufzubrechen. Sie werde zwei Wochen für die Reise benötigen, warnte er, viel zu lange, um sich ohne einen offiziellen Urlaub zu entfernen, der Monate im Voraus organisiert werden musste. Gleb Wassiljews Mutter hatte zwei Wochen für die Rückkehr nach Moskau gebraucht, nachdem sie im August zu ihrem Sohn gereist war. Dies war der einzige Besuch, von dem Lew wusste, wenngleich ihm klar gewesen sein muss, dass Glebs Mutter zurück außergewöhnlich lange unterwegs gewesen war (die 2170 Kilometer lange Reise nach Moskau dauerte mit dem Zug gewöhnlich zwei oder drei Tage). Lew versuchte, Sweta von ihrem Plan abzubringen. Vielleicht fürchtete er sich vor einer Enttäuschung oder glaubte, ihre Bemühungen nicht verdient zu haben. Jedenfalls besteht kein Zweifel daran, dass er Angst vor den ungeheuren Gefahren hatte, denen sie sich aussetzen würde, wenn sie ihre Absicht wahr machte. Sweta war mit Forschungen beschäftigt, die man als »Staatsgeheimnis« eingestuft hatte, und doch plante sie, beim MWD die Reiseerlaubnis zu einem Arbeitslager zu beantragen und einen verurteilten »Spion« zu besuchen. Allein schon durch einen solchen Antrag riskierte sie die Entlassung aus ihrem Institut – wenn nicht gar Schlimmeres.
    Sweta ließ sich durch keine Schätzung der Reisedauer noch durch die möglichen Gefahren abschrecken. Da sie Lews Informationen skeptisch betrachtete, musste sie sich kundiger machen. »Ich hatte nicht mit einer zweiwöchigen Reise gerechnet«, schrieb sie ihm am 15. Oktober.
     
Ich dachte, dass nur Briefe so lange für die Reise brauchten, denn schließlich haben sie keine Beine. Wenn das stimmt (ich werde es irgendwie überprüfen), dann hat es keinen Zweck, über eine Fahrt im Winter auch nur zu sprechen, es sei denn, ich könnte sie mit meinem Urlaub verbinden. Aber wieder einmal überstürze ich die Dinge. Du hast mich mehrere Male gefragt, ob wir eine Sondergenehmigung benötigen, und wenn ja, von wem? Ich habe erfahren, dass es ausschließlich von den Behörden auf Deiner Seite abhängt (und davon, wie sie Dein Verhalten einschätzen), aber ich habe gute Gründe dafür, solchen Auskünften nicht zu trauen. Natürlich verschafft mir mein Status keinerlei Rechte.
     
    Ungewiss war in erster Linie, ob sie Lew überhaupt würde besuchen dürfen, da die beiden noch nicht geheiratet hatten. Lew konnte sich keine verlässlichen Informationen beschaffen. »Angeblich ist es möglich, eine Genehmigung bei der Gulagverwaltung in Moskau zu erhalten«, schrieb er Sweta am 9. Februar 1947:
     
Dort scheint man eine bessere Chance zu haben als bei der Arbeitslagerverwaltung der Nord-Petschora-Eisenbahn in Abes, wo in der Regel 15 Minuten bis zwei Stunden gewährt werden. Allem Anschein nach erteilen die höheren Stellen manchmal Genehmigungen an Verwandte, Brüder, Ehefrauen (sowohl gesetzliche als auch Partnerinnen), Schwestern und Cousinen für jeweils ein paar Stunden über mehrere Tage hinweg. Unglücklicherweise stammt diese Auskunft jedoch nicht aus offiziellen Quellen. Das ist wirklich alles, was ich im Augenblick herauskriegen konnte.
     
    Am 1. März wusste Lew mehr. Es war nicht ermutigend:
     
Was persönliche Besuche angeht, Sweta, bin ich nicht sicher, wie man sie Dir beschrieben hat, aber in

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