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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und Psychologie. Frank Gerholdt war bei der Immatrikulationsfeier selbst zugegen und hatte für Rita ein sehr schönes Zimmer in einer Villa am Rhein gemietet, bei einer älteren Dame, die stolz darauf war, sich Freifräulein von Berlefels zu nennen. Sie betonte dabei die Endbezeichnung Fräulein so stark, daß eine spürbare Hochachtung den Besucher ergriff, denn selbst im Alter noch war Fräulein von Berlefels von jener vornehmen und etwas konservierten Schönheit, wie man sie aus Bildern des Kaiserreiches kennt.
    Der Lebenslauf Gerholdts spielte sich jetzt zwischen Düsseldorf und Bonn ab. Während er die Fabrik und die Verhandlungen seinem Dr. Schwab überließ, widmete er sich seinem Privatleben, sehr zur Freude Frau v. Knörringens, die nach der überstandenen schweren Krankheit in den Jahren wieder aufblühte und begann, den Verlust von Angerburg als etwas Unwiderrufliches hinzunehmen und die Wunden der Seele vernarben zu lassen.
    Nur einmal kam er aus seinem weißen Haus am Rhein heraus und schlug wie eine Faust zwischen die erschrockenen Menschen.
    Die Konkurrenz hatte nicht geschlafen, der Begriff des ›Kriegsverbrechers‹ spukte noch immer durch die Büros der Industrie, und der Hartstahl Dr. Schwabs überrundete den Export der Stahlwerke an der Ruhr.
    In der Direktion der ›Rheinischen Stahlwerke GmbH‹ erschienen eines Tages die Beamten des Verfassungschutzamtes.
    Dr. Schwab, der die Herren ahnungslos einließ und ihnen einen Kognak anbot, den sie höflich aber bestimmt ablehnten, war nicht wenig verwundert, als sie ein Aktenstück aufschlugen und ohne Umschweife die Rubriken vorlasen, die ihr Erscheinen rechtfertigten:
    a) Die ›Rheinischen Stahlwerke‹ unterhalten Beziehungen zur sowjetisch besetzten Zone, und zwar über die Stahlkäufer in Schweden.
    b) Es laufen beim Bundeswirtschaftsministerium nicht bekannte Verhandlungen über Lieferung von Hartstahl an Polen.
    c) Nach Unterlagen der Kriminalpolizei sollen in den Stahlwerken während der letzten Kriegsmonate mindestens vierhundert KZ-Strafgefangene umgebracht worden sein.
    Dr. Schwab schwieg. Er betrachtete die harten Gesichter seiner Besucher und schüttelte den Kopf. Langsam, fast traurig und resignierend.
    »Sie zweifeln unsere Unterlagen an?« fragte einer der Beamten.
    »Ich zweifle an den Deutschen«, sagte Dr. Schwab leise.
    »Wie bitte?«
    »Wer Ihnen diese Unterlagen gab, war ein Schwein!«
    »Ich möchte doch sehr – – –«
    Dr. Schwab winkte ab. »Ich habe Sie angehört, jetzt hören Sie mich an! In dieser Fabrik hier sind nicht vierhundert KZ-Sträflinge umgebracht worden, sondern mindestens zweitausend!«
    »Ach!« Die Beamten warfen sich einen kurzen Blick zu. Verrückt, hieß dieser Blick. Der Kerl hat den Verstand verloren, oder simuliert er nur, um einen Freifahrtschein zu bekommen?
    »Diese zweitausend Ärmsten der Armen wurden zu Tode geprügelt, zu Tode gehungert, zu Tode gehetzt … an den Schmelzöfen, an den Walzenstraßen, auf den Verladeplätzen, wo sie die schweren Eisenplatten auf ihren knochigen Schultern tragen mußten, bis sie darunter zusammenbrachen! Sie wurden dort unten auf dem Hof – bitte, sehen Sie aus dem Fenster, Sie blicken direkt darauf, auf dem Beton dort unten, hinter dem die neue Halle steht – – – dort unten wurden sechsundvierzig Mann erschossen, weil sie sich weigerten, weiter zu arbeiten bei einem Liter Wassersuppe am Tag! Zehn Stunden Arbeit am Glühofen mit einem Liter Suppe! Sie wurden einfach umgelegt. Und ich habe zugesehen!«
    »Ach!«
    »Ja, ach! Und auch Sie hätten zugesehen, meine Herren, denn dort unten stand ein Kommando der SS mit Maschinenpistolen, und sie hatten die Macht. Die alleinige Macht! Wir waren Befehlsempfänger, wir hatten zu gehorchen, oder wir standen selbst dort an der Wand …«
    »Das alte Lied.« Der eine der Beamten lehnte sich weit im Sessel zurück. »Die Naziverfolgten, die an den Nazis verdienten!«
    Dr. Schwab kniff die Augen zusammen.
    »Darf ich fragen, wo Sie damals waren?«
    »Ich verbitte mir Ihre Frechheit!« Der Beamte sprang auf. Aber auch Dr. Schwab stand bereits und beugte sich über den Schreibtisch vor.
    »Sie verbitten sich das? Warum? Warum denn, mein Herr? Sie waren doch ein Held in dieser Zeit, nicht wahr? Seit wann verbitten es sich Helden, an ihre glorreiche Zeit erinnert zu werden? Sie haben doch gegen Hitler gekämpft. Ich weiß es noch! Es stand in allen Zeitungen: Der Kriminalsekretär Peter Schultze stand mit schußbereitem

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