Schicksal des Blutes
an Gold noch an Frauen noch an Essbarem. Die Grabkammer liegt tief unter der Erde und eine Treppe leitet den verstorbenen Pharao hinauf Richtung Westen, dorthin, wo das Reich der Toten liegt.“
„Diese Treppe führt zu einem Pharaonengrab“, flüsterte Amy. „Unentdeckt?“
„Soweit mir bekannt ist, ja. Sie haben weiter oben gegraben und vergeblich nach der bedeutendsten Bibliothek des klassischen Altertums gesucht.“
Sie blieben hinter Elassarius stehen. Der Abstieg endete an einer nicht natürlichen Felswand. Amy unterdrückte ein Husten.
„Bekommst du den Granitblock weg?“, fragte Jonas von hinten.
„Selbstredend“, sagte Elassarius und lachte hart auf, als sich Nyl an ihm vorbeischob und mit aller Kraft gegen den Fels drückte. „Vergiss es. Nur meine Spezies ist dazu fähig. Stein lässt sich durch meinen Blick mit äußerster Willenskraft überreden, sich zu bewegen. Das hat nichts mit Körperstärke zu tun. Ich hoffe nur, die Decke hält. Wenn ich dem Gewisper des uralten, heiligen Gesteins Glauben schenken darf, dann ist das alles hier ziemlich durchlöchert.“ Elassarius’ Magmaaugen schickten rote, knisternde Strahlen aus und er dankte den Vampiren, die ihn an den Flügeln berührten, um ihm Energie zu spenden. Amy lächelte über die einmalige Zusammenarbeit verschiedener Wesen. Die übereinanderliegenden, einzelbettgroßen Quader lösten sich und die Männer drückten einen nach innen. Das Gepolter erschütterte den Boden, feiner Sand rieselte von überall auf sie herab. Amy hustete. Ihre nasse Kleidung rieb ihr wie Schmirgelpapier über die Haut. Sie krochen nacheinander durch die entstandene Öffnung, doch als Amy hineinklettern wollte, hielt Cira sie zurück.
„Alles in Ordnung?“, fragte sie. Sicherlich filterte sie, wie schlecht die Luft war. Oder Schlimmeres wie giftige Substanzen oder Krankheitserreger, die in lange verschlossenen Räumen entstehen konnten.
Amy lächelte. „Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.“ Sie rutschte auf allen vieren hindurch und ließ sogleich das Handylicht über die in den Stein gehauenen Verzierungen eines Korridors gleiten. Elassarius öffnete bereits den nächsten durch gewaltige Felsquader versperrten Durchgang. Sie befanden sich tatsächlich in einem unterirdischen Palast. Sie betraten den angrenzenden Raum und erblickten riesige Steinkrüge, die vor Jahrhunderten erlesene Getränke und Speisen enthalten haben mochten und lebensgroße Wächterstatuen. Amy befühlte den schwarzen Steinboden.
„Basalt“, sagte Elassarius und durchstieß den Zugang zu einer weiteren Kammer.
Der Boden erzitterte. „Ein Zeichen für Fruchtbarkeit und den Totengott Osiris“, erklärte Nyl.
Er wich ihr nicht mehr von der Seite, was ihr ein sicheres Gefühl vermittelte. Ihr Körper fühlte sich durch den Sauerstoffmangel an wie in Watte gewickelt. Die gespenstische Reflexion des Lichtes ließ sie allerdings ihre Mattheit vergessen. Ein mannshoher, goldverzierter Schrein barg einen kastenförmigen, mit Hieroglyphen und Reliefbildern verzierten Basaltsarkophag. Amys Herz hämmerte ihr bis zu den Ohren. Zu wenig Atemluft und zu viel Aufregung, doch es war etwas anderes, was sie zutiefst schockierte. Ny’lane sackte vor ihr auf die Knie.
„Ist er da drin?“, brachte sie heiser über die Lippen. Sie hatte Nyl noch nie so traumatisiert erlebt. Er öffnete den Mund, benötigte einige Anläufe, um zu antworten.
„Nein. Aber ich wittere ein Familienmitglied.“ Er schüttelte den Kopf und kam auf die Beine. Hastig zog er Amy an seine Brust. „Es ist eigentlich unmöglich. Dennoch, ich spüre schwach mein Fleisch und Blut.“ Sein Blick wanderte in eine Ecke, in der ein verborgener Gang lag. „Mein Vater hat überlebt. Ich weiß, wo er ist.“
Wie von Sinnen warf er sich Amy auf den Rücken und stützte sie mit einer Hand, während er den steil hinabführenden, stockdunklen Tunnel hinabrannte. Wie die verschiedenen Schritte der anderen verrieten, folgten alle ihnen in den Tempel.
~ ~
Ny’lane rannte, so schnell es seine Blindheit zuließ. Er fühlte Amys Schwäche, aber er durfte sie nicht nach oben an die frische Luft bringen. Es kam auf jede Sekunde an. Sie mussten Jitu finden, um den Engel aufzuhalten. Nyl ertrug den Gedanken nicht, er könnte zu spät kommen oder er würde Amy in der oberen Grabkammer allein im Dunkeln zurücklassen und sie dann starb, weil Nephilim sie sich holte. Er ballte die aus Schutz vor dem Körper ausgestreckte
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