Schicksal in zarter Hand
jemanden in meiner Tasche wühlen lassen, Franco“, feuerte Lexi los.
„Nein, ich habe es selbst geholt“, informierte er sie. „Und sag mir um Himmels willen jetzt nicht, dass es mir schadet, durchs ganze Haus zu sausen. Das weiß ich selbst. Was ist eigentlich in dich gefahren? Wieso bist du ohne ein Wort verschwunden?“
Am liebsten hätte sie es ihm genau erklärt. Sie fragte sich, warum sie es nicht schon vor dreieinhalb Jahren getan hatte. Aber auch damals war sie lieber weggelaufen, anstatt ihm seine Untreue vorzuhalten!
„Die Vergangenheit holt mich ein“, sagte sie ausweichend und ärgerte sich, weil ihre Stimme rau von unterdrückten Tränen war. „Und du lässt mich ja nicht darüber reden.“
„Bitte fang jetzt nicht an zu weinen, cara “, bat er eindringlich. „Sonst bin ich gezwungen, zu dir in den Garten zu kommen. Ich weiß, dass wir über die Vergangenheit reden müssen.“
„Darf ich dabei Marco erwähnen?“, fragte sie mit bebenden Lippen.
„Nein!“ Das klang scharf wie ein Pistolenschuss.
„Deine Beziehung zu Claudia?“
„Ich habe keine“, stritt er ungeduldig ab. „Jedenfalls nicht die Art, die du uns unterstellst.“
„Ich hasse dich!“, flüsterte Lexi, weil sie gegen ihn einfach nicht gewinnen konnte.
„Nein, das tust du nicht“, erwiderte Franco seelenruhig. „Du hasst dich selbst, weil du dir immer noch etwas aus mir machst, obwohl du das nicht willst. Komm rauf zu mir, und dann reden wir darüber, wenn du willst.“
Trotzig schüttelte sie den Kopf wie ein kleines Kind.
Franco lachte leise. „Das habe ich gesehen!“
„Wo bist du denn?“ Sie stand auf und wirbelte herum.
Da war niemand, der auf sie zukam, nur der Weg im Schatten der noch dicht belaubten Bäume.
„Von meinem Zimmerfenster aus“, erklärte Franco amüsiert.
Sie blickte die Fensterreihe des Hauses entlang, bis sie seine Gestalt entdeckte, schwach erkennbar hinter der spiegelnden Scheibe.
„Du solltest dich lieber hinlegen“, riet Lexi ihm besorgt.
„Dann hab Mitleid mit mir“, bat er müde. „Mir tut alles weh, und ich kann gern auf den dramatischen Ausflug in die Vergangenheit verzichten. Womöglich rennst du wieder raus, und ich muss mir den Kopf zerbrechen, was ich schon wieder angestellt habe, um dich in die Flucht zu jagen.“
Sie schüttelte nochmals den Kopf. „Du bist schlecht für mich“, erklärte sie traurig. „Ich will mich nicht wieder an dich gebunden fühlen.“
„Und ich will genau das! Warum, glaubst du wohl, habe ich dich kommen lassen?“
„Ich weiß es nicht.“
„Aber du bist trotzdem gekommen!“
Ja, er hatte recht. „Hast du den Unfall gebaut, weil ich dir die Scheidungsunterlagen geschickt habe?“, wollte sie wissen.
„Nein!“
„Wie ist er denn passiert?“
Franco hatte ein Gefühl, als werde ein eisernes Band um seine Brust gelegt und enger gezogen. Es tat so weh, dass er kaum atmen konnte. Über den Unfall wollte er nicht nachdenken. Noch nicht!
„Wenn du nicht sofort zurückkommst in mein Zimmer, komme ich zu dir in den Garten! Tatsächlich bin ich schon auf dem Weg zur Tür“, kündigte er an.
Lexi sah, dass er sich wirklich vom Fenster weg bewegte. Sie schaltete das Handy aus und lief ins Haus.
Sobald sie Francos Zimmer betrat, wusste sie, dass er nur geblufft hatte. Er saß in sich zusammengesunken in einem Sessel beim Fenster und sah erschöpft aus. Wütend versuchte er, seine Manschettenknöpfe aus den Knopflöchern zu nesteln.
„Hilf mir mal“, bat er frustriert und schloss die Augen, als hätte sogar diese kleine Tätigkeit seine Kräfte aufs Äußerste gefordert.
Lexi ging zu ihm und kniete sich neben den Sessel. „Ist deine Sehkraft noch immer durch die Gehirnerschütterung beeinträchtigt?“, erkundigte sie sich und umfasste sein Handgelenk.
„Nein“, behauptete er, aber es klang nicht überzeugend. „Warum bist du vorhin einfach weggelaufen?“
„Ich mag die Regeln nicht, die du so eigenmächtig aufstellst. Wenn du Claudia erlaubst, dich zu besuchen, müsstest du es auch deinen anderen Freunden gestatten. Von deinen Angehörigen gar nicht zu reden!“
„Claudia ist ein Spezialfall. Autsch!“
Letzteres galt ihrem nicht allzu sanften Griff um sein verletztes Handgelenk.
„Tut mir leid“, entschuldigte Lexi sich und begann, den zweiten Manschettenknopf aus dem Hemd zu nesteln. „Ich sehe ja ein, dass sie als … dass sie ein Spezialfall ist, aber …“
Da sie sich vorbeugte, fielen ihr einige
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