Schicksal!
allerdings noch ihre Socken anhat.
»Nebenbei bemerkt: Einige meiner Klienten beginnen tatsächlich, auf mich zu hören«, füge ich hinzu. »Also habe ich mir gedacht, dass ich vorerst bei ihnen bleibe. Mal gucken, was passiert.«
Sara schaut mich über den Tisch hinweg an und lächelt. »Danke.«
»Wofür?«, frage ich.
»Dass du das mit mir geteilt hast«, sagt sie und legt dann das Wort
Fellatio.
Wegen ihres Gesichtsausdrucks und der Tatsache, dass ich sie unmöglich übertreffen kann, schlüpfe ich aus meiner Unterwäsche und warte darauf, dass sie die Früchte ihres Sieges einfordert. Indem sie ihr Siegerwort in die Tat umsetzt, zum Beispiel.
Mit einem verführerischen Lächeln und einem spielerischen Blick steht Sara auf, nimmt mich bei der Hand und führt mich rüber zur Couch.
»Willst du was Neues ausprobieren?«, fragt sie.
»Du hast gewonnen«, sage ich und lege mich hin. »Was immer du willst.«
Sara setzt sich rittlings auf mich und legt eine Hand auf jeder Seite meines Kopfes ab. Ihr Gesicht ist nur Zentimeter von meinem entfernt. Sie lehnt sich nach vorn, um mich zu küssen. Ihr Mund öffnet sich, ihre Lippen sind aufreizend feucht; dann zieht sie sich im letzten Moment zurück und bewegt sich hinab in Richtung meiner Taille. Ich beobachte, wie sie über meine perfekte, haarlose Brust und meinen flachen Waschbrettbauch gleitet; dann lehne ich mich zurück und schließe die Augen; ich fühle, wie ihr Atem mich umschmeichelt. Die Erwartung ist so groß, dass ich es fast nicht mehr aushalten kann.
Ich bin mir nicht sicher, wie viel Zeit vergeht, doch irgendwann stelle ich fest, dass ich immer noch auf den körperlichen Kontakt warte. Als ich meine Augen öffne, schaue ich nach unten zu Sara, die den Oralverkehr nur simuliert.
»Was machst du da?«, frage ich.
»Was meinst du?«, sagt sie und schaut zu mir auf.
»Wieso tust du bloß so, als würdest du mir einen blasen?«
»Das nennt sich Noncontact-Sex«, antwortet sie und krabbelt auf mich zu, bis ihre Hüften auf einer Höhe mit meinen sind. Sie bewegt sich vor und zurück, ohne mich zu berühren. »Betty hat mir davon erzählt. Sie meint, es wäre noch viel besser als echter Sex.«
Na prima. Ich bin kaum zwei Tage weg, und
Bestimmung
überzeugt meine Freundin davon, keinen Sex mehr mit mir zu haben.
»Was meinst du?«, erkundigt sich Sara.
Ich meine, dass
Bestimmung
zu viel Zeit mit meiner Freundin verbringt. Genau das meine ich.
Ich stelle mir vor, wie sie sich in einer Ecke versteckt hält und uns zusieht, in roter Reizwäsche mitsamt Strumpfbändern, Hüfthalter, Höschen und einem roten Push-up- BH – und wie sie feixt, während sie an einem roten Liebesapfel knabbert.
Es gab eine Zeit, in der mich allein der Gedanke an
Bestimmung
in so einem Outfit angeturnt hätte. Frauen, die Äpfel essen, haben mich schon immer angemacht. Ich steh einfach auf religiöse Symbolik. Aber mit Sara über mir, ihrem unglaublichen Gesicht direkt vor mir, das erhabener wirkt als alles, was Michelangelo jemals modelliert hat, empfinde ich die Verlockung
Bestimmungs
als störend. Ich will nicht an sie denken. Ich will nur an Sara denken. Und daran, wie ich mich fühle, wenn ich bei ihr bin. Daran, wie ich jeden Moment schätze, den wir zusammen verbringen. Daran, wie ich mich vollständig fühle. Als hätte mir etwas gefehlt, meine ganze Existenz lang. Als hätte ich nicht einmal bemerkt, dass mir etwas fehlt, bis ich sie fand.
Sie ist ehrlich und mitfühlend.
Sie ist großzügig und aufrichtig.
Sie ist geduldig und verständnisvoll.
Kurz gesagt: Sie ist all das, was ich nicht bin.
Es ist so, als hätte ich in Sara mein perfektes Gegenstück gefunden. Sie ist der Radiergummi zu meinem Bleistift. Der Camembert zu meinem Baguette. Das Yin zu meinem Yang.
Ich schaue zu Sara auf und bemerke, dass sie mich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen anblickt, dass ihre Augen auf meine gerichtet sind. Und plötzlich stelle ich fest, dass es mir egal ist, dass
Bestimmung
sich mit meiner Freundin angefreundet hat. Es ist mir egal, dass sie versucht, unser Sexleben durcheinanderzubringen, indem sie Sara von Noncontact-Sex vorschwärmt. Der Witz geht auf ihre Kosten. Denn ich fühle mich Sara nun verbundener denn je.
25
D ass Menschen ihr Glück immer wieder in der Auf-der-Stelle-und-sofort-Befriedigung ihrer Gelüste suchen, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben.
Mobiltelefone. E-Mail. Express-Lieferungen.
Fast Food. Mikrowellen.
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