Schicksal!
gewürzmäßig gehandicaptes Hühnchen beschwere oder ein Dessert bestelle.
Auf unserem Weg nach draußen hält Sara inne und überreicht ihre Tüte mit den Resten einer Obdachlosen auf der Fifth Avenue – was bedeutet, dass wir noch beim Pizzaservice oder beim Chinesen bestellen müssen, damit Sara etwas zum Frühstücken hat. Während Sara zusätzlich einen Zwanziger für die Frau aus ihrem Portemonnaie fischt, drehe ich mich um und entdecke
Bestimmung,
die mich aus dem Mesa Grill heraus anstarrt.
Sie steht auf der anderen Seite der Fensterscheibe, trägt ein körperbetontes rotes Seidenoberteil, hautenge rote Jeans, rote Lederturnschuhe und ein rotes Barett. Wäre sie nicht unsichtbar, würde jeder männliche Gast im Restaurant sie entweder nach ihrer Telefonnummer fragen oder eine Ohrfeige von seiner Begleitung kassieren.
Bestimmung
starrt mich noch immer an, leckt dann über das Glas und presst ihren Körper gegen das Fenster. Da ziehe ich es vor, mich umzudrehen und Sara dabei zu beobachten, wie sie sich mit der Obdachlosen unterhält, sie tröstet, sie zum Lachen bringt und sie mit demselben Zauber belegt, mit dem sie anscheinend jeden belegt, den sie trifft. Denselben Zauber, den sie auch bei mir angewendet hat.
Ich denke darüber nach, wie meine Existenz vor Sara war: banal und ohne Ziel, voller Frustration, Enttäuschung und mit leerem, bedeutungslosem Noncontact-Sex. Jetzt ist mein Leben aufregend und erfüllt von Hoffnung, einem Sinn, von Befriedigung und emotionsgeladenem, intimem Vollkörpereinsatz zwischen den Laken.
Ich habe nie zuvor auch nur annähernd das empfunden, was ich für Sara empfinde. Diesen Wunsch, bei ihr zu sein. Sie zu sehen, sie zu schmecken, sie zu berühren. Ihren Duft einzuatmen und der Symphonie ihrer Stimme zu lauschen. Meine Sinne ganz mit Sara zu umhüllen.
Während ich dastehe und zusehe, wie sie die obdachlose Frau mit ihren Worten und einer freundlichen Berührung mehr tröstet, als der Geldschein es je vermocht hätte, denke ich darüber nach, wie sehr ich beim Zusammensein mit Sara die einfachen Freuden genieße: das Gewicht ihrer Hand in meiner, ihr Duft im Kopfkissen oder die Wärme ihres Körpers, der zusammengerollt neben meinem liegt. Aber am meisten gibt mir zu denken, wie sie meine Einstellung verändert hat. Sie hat mich zum ersten Mal in Jahrhunderten dazu gebracht, mich auf meine Arbeit zu freuen. Sie hat mich in einer Weise positiv beeinflusst, die ich mir nie hätte vorstellen können.
Ich überlege, um wie vieles glücklicher ich bin, wenn ich mit ihr zusammen bin.
Und bevor ich mich bremsen kann, gehe ich zu Sara hinüber und küsse sie, als hätte ich sie seit Wochen nicht gesehen.
Vielleicht liegt es daran, dass sie es nicht erträgt, uns zusammen zu sehen. Oder sie hatte einen Notfall. Oder sie hatte es einfach satt, ignoriert zu werden.
Als ich mich wieder umdrehe, ist
Bestimmung
verschwunden.
27
I ch meinte zu wissen, wer ich bin. Was ich wollte. Wie ich den Rest der Ewigkeit verbringen würde.
Geht das nicht jedem so?
Wenn man ein Mensch ist,
meint
man nur zu wissen, wie sich die Dinge entwickeln werden. Aber wenn man das Schicksal ist, weiß man ziemlich genau, was die Zukunft für einen bereithält. Ich sehe mein Schicksal vor mir ausgerollt wie in einem langen Epos von Cecil B. DeMille. Nur ohne Charlton Heston, der übrigens überhaupt nicht wie Moses aussieht. Moses war klein und bleich, hatte eine Platte und schlechte Zähne. Allerdings war er immer ganz schön fesch gekleidet. Und seine Matzeballen-Suppe war ziemlich erbärmlich.
So wie
Die Zehn Gebote
ist auch meine eigene epische Geschichte recht vorhersehbar gewesen. Zumindest bis Sara meinen Weg gekreuzt hat. Na ja, seit ich mich verliebt habe, ist es plötzlich, als hätte ich die letzte Rolle meines Films verloren, und ich habe keine Ahnung, wie er enden wird. Ereignisse in der Story, die vorher unausweichlich schienen, haben eine unbestimmte Wendung genommen, und mit einem Mal wandere ich umher, ohne zu wissen, wohin ich gehe oder was mich erwartet, wenn ich ankomme.
Was vermutlich nicht anders zu erwarten ist, wenn sich ein Unsterblicher im öffentlichen Dienst entschließt, die Regeln des Universums zu brechen.
Hunderte von Jahrtausenden lang war ich ein Voyeur. Ich habe beobachtet, wie die Menschen ihre Leben lebten, schlechte Entscheidungen trafen und sich ganz generell dämlich benahmen. Und nun bin ich hier und mische mich ein, verändere den Lauf der Zukunft,
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