Schicksalsbund
Irgendjemandem.«
»Und genau darin besteht das Problem, das siehst du doch selbst, Jaimie? Mack ist der Verantwortliche, und es gibt niemanden, dem er vertrauen kann, wenn er weder dem Sergeant Major noch Colonel Wilford trauen kann. Also sag mir, was man in einem solchen Fall tut. Du bist die Klügste von uns allen.«
»Javier«, sagte Mack mit ruhiger Stimme. »Lass sie in Ruhe.«
»Wir führen hier eine rein theoretische Diskussion, Boss«, sagte Javier. »Sie ist gescheit. Vielleicht hat sie Ideen, die wir gebrauchen können, wenn so etwas passiert und jemand uns ein Messer an die Kehle hält. Was meinst du dazu, Jaimie?«
»Ich habe gesagt, du sollst aufhören«, sagte Mack. »Ich will es dir nicht noch einmal sagen müssen.«
Jaimie fühlte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief. Mack beschützte sie schon wieder. Er hatte sie beschützt, so weit sie zurückdenken konnte, schon als sie mit wesentlich älteren Kindern, die sie schikanierten, zur Schule gehen musste. Sie wusste nicht, warum er sie damals unter seine Fittiche genommen hatte, ein kleines Mädchen mit Augen, die die Hälfte ihres Gesichts einnahmen, und einer ungebärdigen Lockenmähne, aber es war so. Er war immer für sie da gewesen, hatte über sie gewacht und darauf bestanden, dass andere sie mit Respekt behandelten, und er hatte alles verhindert, was dazu hätte führen können, dass sie sich unbehaglich fühlte.
Was täte sie, wenn jemand, den sie kannte, beispielsweise der Sergeant Major, ihre geliebten Familienangehörigen auf Himmelfahrtskommandos schickte? Sie suchte nach Beweisen, um ihn zu entlarven, aber was war, wenn er jemanden eingeschleust hatte, der jederzeit bereitstand, um sie zu töten, und sie keine Beweise hatten? Sie erstarrte innerlich. Ihr wurde plötzlich ganz anders. Sie verurteilte Mack für seine enorme Stärke – eben die Stärke, die ihr Halt gab.
Mack musste die schwierigen Entscheidungen treffen,
um für die Sicherheit aller anderen zu sorgen und es ihnen zu ersparen, diese Entscheidungen selbst treffen zu müssen. Er griff hart durch und war der Anführer. Jeder Fehler wurde ihm angekreidet. Er trug diese Last auf seinen Schultern und klagte nicht über ihr Gewicht. Und sie hatte die ganze Zeit geglaubt, er akzeptierte sie nicht so, wie sie war, aber in Wahrheit hatte er sie gegen die komplizierteren Aspekte des Lebens abgeschirmt. Sie war diejenige, die ihn nicht akzeptierte. Sie akzeptierte seinen Schutz und seine Stärke, und doch verdammte sie ihn dafür. Genau das versuchte Javier ihr zu sagen.
Mack musste wissen, was Javier tat, doch er war trotzdem bereit, ihn davon abzuhalten, damit sie sich bloß nicht aufregte. War sie ein solches Kind, dass sie das wahre Leben nicht akzeptieren konnte? Das Gute nicht gemeinsam mit dem Schlechten hinnehmen und die Realität nicht akzeptieren konnte? Ihre Hände zitterten, während sie über die Tastatur flogen und ihr Verstand nach Antworten suchte. Was hätte Mack ihrer Meinung nach tun sollen? Sie war nicht fähig gewesen, einen Schuss abzugeben, und sie gab ihm die Schuld daran, dass er sie überhaupt erst in diese Lage gebracht hatte, aber in Wirklichkeit hatte sie sich entschlossen, dort zu sein. Sie war wütend auf sich selbst, und sie schämte sich, weil sie es nicht gekonnt hatte. Weil sie nicht so stark war wie er. Mack wusste, dass sie nicht so stark war wie er, doch es machte ihm nichts aus. Er akzeptierte, dass sie Gewalttätigkeit in ihrer Nähe nicht ertrug und selbst keine Gewalttaten begehen konnte. Bestrafte sie ihn dafür, dass er stärker war als sie? Sie wusste es selbst nicht mehr, doch sie begann Zweifel an ihrer Argumentation zu hegen.
»Hör mal, Boss, bisher hat er nicht das Geringste über einen von uns berichtet und auch nicht darüber, was wir getan haben. Er stellt die Zeit mit uns sogar tatsächlich in rosigeren Farben dar, als wir es verdient hätten. Wir haben es ihm ja wirklich nicht leichtgemacht. Diese Briefe sind kurz und scheinen vor allem zur Beruhigung zu dienen. Es sind keine Berichte, sondern er klingt eher wie ein Kind, das nach Hause schreibt. Es sei denn, er benutzt einen Code, den ich nicht erkennen kann.«
Jaimie schüttelte den Kopf. »Ich sehe auch kein Muster. Ich glaube, es sind einfach nur Briefe.«
»Weshalb sollte er sie dann hinter einem ausgefeilten Sicherheitssystem verbergen?«, fragte Mack. Er kam näher, blieb hinter Jaimie stehen und legte ihr seine Hände auf die Schultern. Seine Finger
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