Schicksalsbund
Tag nicht geschrieben, aber das kam öfter vor.«
»Die Tage, an denen er nicht geschrieben hat, stehen nicht zwangsläufig im Zusammenhang mit euren Einsätzen«, sagte Jaimie. »Ich habe daran gedacht und es überprüft.«
»Könnte in den Briefen etwas verborgen sein, was wir nicht sehen?«, fragte Mack.
Javier schnaubte, und Jaimie lächelte ihn strahlend an. Mack warf die Hände in die Luft. »Schon gut, schon gut. Ich halte ja schon den Mund. Es ist nur so, dass …«
Himmel nochmal. Er mochte den Jungen. Und den Sergeant Major sah er nicht nur als einen guten Freund an, sondern vielleicht sogar als eine Art Lieblingsonkel. Es war keine angenehme Vorstellung, die beiden Männer zu töten. Und wenn sie Vater und Sohn waren – und der Junge unschuldig war –, wie konnte er dann den Sergeant Major töten und mit dem Sohn leben? Griffen würde sich so oder so für die Himmelfahrtskommandos verantworten müssen.
»Verflucht nochmal, Jaimie.«
»Ich tue mein Bestes, Mack.« Ihre Stimme war beschwichtigend. »Ich weiß, dass es dir zusetzt, aber denk einfach nicht daran, bis wir Fakten in der Hand haben.«
Er wusste, dass ihm der Mund offen stand. Das war das Letzte, was er von ihr erwartet hatte. Anschuldigungen vielleicht, aber bestimmt nicht, dass sie ihm gut zuredete. Sie wusste, was auf dem Spiel stand. Was zum Teufel hatte sie dazu gebracht, es sich anders zu überlegen? Er würde
die Frauen sein Leben lang nicht verstehen – oder zumindest Jaimie nicht.
Er begann jetzt wieder auf und ab zu laufen. Ihm war gerade das wertvollste Gut ausgehändigt worden, das sich ein Schattengängerteam erträumen konnte – ein Geistchirurg –, und doch hatte man ihn darüber im Dunkeln gelassen. Hätte der Junge im Kampf von sich aus seine Dienste angeboten, wenn jemand verletzt wurde? Paul war von dem Moment an kribbelig gewesen, als Gideon zur Tür hereingekommen war. Seine Hände hatten begonnen, wie besessen und geradezu zwanghaft ein kompliziertes Muster zu beschreiben, als sei bereits sein ganzer Körper parapsychologisch auf den Leidenden eingestimmt. Was wäre passiert, wenn er Jaimie erlebt hätte, nachdem sie ihre Gaben benutzt hatte? Warum hatte ihm weder der Sergeant Major noch Paul selbst enthüllt, dass er diese Gabe besaß, damit sie eingesetzt werden konnte – wo der Junge doch ganz offensichtlich das starke Bedürfnis verspürte zu heilen?
Mack rieb sich die Stirn. Er hasste Rätsel.
13.
ES WAR SCHON spät in der Nacht, als sich Jaimie und Javier endgültig davon überzeugt hatten, dass sie nicht mehr aus den Briefen herausholen konnten. Falls tatsächlich ein Code verwendet wurde, war er so brillant, dass sie ihn nicht ausmachen konnten, und für Jaimie war es unvorstellbar, dass Paul oder sein Vater in der Lage sein könnten, etwas zu erschaffen, was sie nicht einmal vage erahnte. Vielleicht war das Arroganz, aber es war ihr noch nie misslungen, ein Muster zu erkennen, nicht einmal das kleinste, und hier konnte sie kein Muster entdecken.
Sie stieß ihren Stuhl zurück und rieb sich die Augen. »Ich lasse den Computer gerade die E-Mails analysieren und ihn nach etwas suchen, was wir übersehen haben könnten, aber ich glaube nicht, dass sich aus diesen Briefen noch mehr herausholen lässt.«
Mack schlang ihr einen Arm um die Taille und zog sie an sich, um seine Wärme in ihren zitternden Körper sickern zu lassen. Sie hatte noch nicht einmal bemerkt, dass die Innentemperatur in dem großen Raum stetig gesunken war. »Haltet ihr beide nach wie vor an der Theorie fest, dass Paul der Sohn des Sergeant Major ist?«
Jaimie lehnte ihren Kopf an seinen Brustkorb. »Ich würde sagen, es ist eindeutig. Wenn nicht, hat Griffen den Jungen großgezogen.«
»Ich schließe mich Jaimies Meinung voll und ganz an, Boss«, meinte Javier. »Wir sind zwar nirgends auf ›Dad‹ oder ›Sohn‹ gestoßen, und es waren auch keine vordergründigen Anzeichen von Zuneigung zu finden, aber es hört sich alles ganz danach an. Und warum zum Teufel sollte er die Briefe überhaupt aufheben? Der Junge vermisst seine Familie.«
»Er heißt Mangan mit Nachnamen, nicht Griffen. Seine Mutter ist Shiobhan Mangan. Sie stammt aus einer Diplomatenfamilie und ist die Tochter eines Botschafters. Sie selbst ist die derzeitige irische Botschafterin. Er ist amerikanischer Staatsbürger, und in seiner Akte steht, dass er hier bei seiner Tante aufgewachsen ist. Sein Vater ist Theodore Greystone. Nicht
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