Schicksalsbund
›Ortsangabe‹ werden aus einer Datenbank von etwa einer Million Wörtern gezogen. Die beiden Wörter für ›Was geschah‹ werden einer anderen Datenbank von etwa einer Million Wörtern entnommen. Und die beiden Wörter dafür, warum das Erlebnis traumatisch war, kommen aus einer Datenbank von circa 100 000 Wörtern.«
»Das klingt, als würde es mehr Zeit kosten, als uns meines Erachtens bleibt.«
»Jetzt hör schon auf, Mack«, sagte Javier. »Es ist ein Wunder. Wenn Jaimie das Programm nicht geschrieben hätte, wäre es praktisch unmöglich, sich dem Passwort auch nur anzunähern. Wir müssten sämtliche Kombinationen von sechs Wörtern ausprobieren, und das würde Jahrhunderte dauern.«
»Genau. Es mag ja sein, dass es nach einer Menge Kombinationen klingt, Babe«, versicherte ihm Jaimie, »aber die Anzahl ist klein genug, um mit einer ›Brute-Force-Suche‹ sämtliche Möglichkeiten innerhalb von weniger als zwei Stunden durchzuspielen. Kannst du uns zwei Stunden Zeit geben?«
Sie hatte ihn »Babe« genannt. Das hatte sie seit zwei Jahren nicht mehr getan. Es war ihr ganz locker und
selbstverständlich über die Lippen gegangen, mit dieser Spur von Zuneigung in ihrem Tonfall, die sie nie ganz verbergen konnte. Früher hatte ihn das immer geärgert, weil sie damit begonnen hatte, um es ihm heimzuzahlen, dass er sie »Baby« nannte. Er nannte sie gern so, aber nicht etwa, weil er sie für ein Baby hielt, sondern weil sein Vater seine Mutter mit diesem Kosewort angesprochen hatte. Das war eine der ganz wenigen Erinnerungen, die er an seinen Vater hatte. Er nahm an, es sei albern von ihm gewesen und er hätte aufhören sollen, sie so zu nennen, als sie Einspruch dagegen erhoben hatte, aber er hatte sie weiterhin so genannt. Sie hatte es ihm heimgezahlt, und dann hatte es sich eingebürgert. Ihm war nicht klar gewesen, wie sehr er diesen kleinen Austausch zwischen ihnen vermisst hatte.
»Zwei Stunden kann ich warten. Dieser Junge ist mir ein echtes Rätsel«, fügte er hinzu, drehte mit dem Fuß einen Stuhl zu sich um und setzte sich verkehrt herum darauf.
»Im Grunde genommen mögen ihn alle, Boss«, sagte Javier. »Er ist verschlossen, und er bleibt für sich, aber er packt zu und drückt sich nie, und er hat kein einziges Mal dagegen protestiert, dass wir ihn aufziehen. Manchmal zahlt er es uns sogar nach Kräften heim«, sagte Javier.
»Mit welchem der Männer versteht sich Paul am besten?« , fragte Mack.
»Mit Gideon, aber Gideon kommt mit jedem gut aus«, sagte Javier augenblicklich. »Wahrscheinlich sind es Lucas und Ethan.«
»Es scheint, dass unser Paul von sehr großem Nutzen sein kann«, sagte Mack. Er senkte aus reiner Gewohnheit die Stimme. »Wir glauben, er ist ein Geistchirurg.«
Javier drehte sich so schnell um, dass er fast vom Stuhl gefallen wäre. »Ich dachte, die gäbe es gar nicht.«
Jaimie zog die Stirn in Falten. »Wie kommt es, dass du das nicht wusstest, Mack? Das ist nicht zu unterschätzen. Das ist ganz enorm. Niemand glaubt wirklich daran, dass es so etwas gibt. Ich kann es kaum fassen, dass jemand eine solche Gabe besitzt. Wenn er sie tatsächlich hat, dann kann niemand davon wissen, denn sonst wäre er nicht in deiner Einheit.«
Mack blickte finster. »Jede Einheit sollte einen Geistchirurgen haben, der mit den Männern ins Gefecht zieht. Denk nur an all die Leben, die man retten könnte. Wenn du die Gewalttätigkeit aushieltest, wäre es sogar für dich, Jaimie, einfacher, wenn wir einen fähigen Chirurgen hätten. Himmel nochmal, wir haben monatelang darüber geredet, als wir im Krankenhaus waren, um unsere paranormalen Anlagen bestimmen und steigern zu lassen. Nach keiner anderen Veranlagung haben sie so hartnäckig gesucht.«
»Es gibt ein paar Heiler, aber keinen wirklichen Chirurgen«, erwiderte Jaimie. »Glaubst du im Ernst, sie würden den Einzigen, den sie haben, ins Gefecht schicken, Mack? Sie würden ihn gründlich untersuchen wollen, um dahinterzukommen, wie seine Gabe funktioniert, und vielleicht würden sie versuchen, sie zu reproduzieren.«
Mack schloss den Mund so energisch, dass seine Zähne hörbar aufeinanderschlugen. »Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht.«
»Es ist wie mit Gideon und Joe, Mack«, sagte Jaimie. »Ich glaube nicht, dass jemand weiß, wie anders sie sind, noch nicht einmal sie selbst.«
»Oder wie mit dir«, sagte Mack. »Wir wissen, dass Whitney herausfinden will, wie deine Gabe funktioniert.«
Javier grinste Mack
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