Schicksalsbund
sind vom Militär.« Macks Stimme klang beinah nach einem Knurren. »Was zum Teufel geht hier vor?«
Javiers Herz schlug heftig. »Willst du mir damit etwa sagen, ich hätte zwei von unseren eigenen Leuten getötet?«
»Wir machen Fotos und nehmen Fingerabdrücke. Sie tragen keine Ausweispapiere bei sich, aber sie sind vom Militär. Sie waren darauf vorbereitet, sie an sich zu bringen«, beteuerte ihm Mack. »Es sieht so aus, als hätten sie Betäubungsspritzen mitgebracht, aber das wissen wir erst sicher, wenn wir den Inhalt genauer untersucht haben. Fesseln und Schusswaffen. Es sind bestimmt keine Unschuldigen, mach dir bloß keine Sorgen.«
Leichter gesagt als getan. Javier schüttelte den Kopf und versuchte mehrfach tief durchzuatmen, damit sich seine Eingeweide beruhigten. Sämtliche Instinkte hatten ihm gesagt, dass es Feinde waren, aber vom Militär? Von derselben Seite? »In was zum Teufel sind wir hier reingeraten, Boss?«
Jaimie schüttelte den Kopf. Sie konnte auf die Distanz nicht hören, was Javier sagte, aber sie konnte ihm die Worte von den Lippen ablesen. Sie alle fragten sich, womit sie es zu tun hatten. Sie war im Irrtum gewesen, als sie geglaubt hatte, die Regierung würde sie gehen lassen. Einmal ein Schattengänger, immer ein Schattengänger. Die Kraft, die hinter den Kulissen Regie führte, war entschlossen, sie wieder hineinzuziehen, und hatte vor, Mack und ihre Familie dafür zu benutzen.
In ihr aufwallender Groll ließ sie trotzig gegen die Wand treten. Sie hatte es Mack gesagt. Es sah ihm ja so ähnlich, unbeirrt seinen eigenen Weg zu gehen. Und sie alle folgten ihm, und keiner machte sich die Mühe, darüber nachzudenken, was hier vorging, und sich nach den Gründen zu fragen. Jetzt saßen sie alle in dieser Scheiße. Sie hatte ihr Bestes getan, um die anderen zu
überzeugen, aber hatte auch nur einer auf sie gehört? Sie hatte Verstand. Sogar ziemlich viel. Mit acht war sie in die Highschool gekommen. Mit zwanzig hatte sie die Universität abgeschlossen und mit Auszeichnung promoviert. Aber nein, es war doch klar, dass sie nicht auf sie gehört hatten. Mack war ja so viel klüger.
Sie trat ein zweites Mal gegen die Wand und wünschte, es wäre sein Schienbein. Mack. Er war dort draußen in der Nacht, blickte zu ihrem Fenster auf, hatte sein Gewehr um die Schulter geschlungen und brachte seine Männer – nein, nicht einfach nur seine Männer, seine Familie – in Todesgefahr. Und er tat es mit Begeisterung. Noch schlimmer war, dass sie trotz all ihrer Vernunft und ihres klaren Verstandes genauso schlimm war wie die anderen, denn sie war ihm gefolgt, wohin er sie auch führte, selbst dann, wenn sie wusste, dass er den falschen Weg einschlug.
Wer hätte Mack widerstehen können? Sie schon mal nicht. Sie ganz gewiss nicht. Und jetzt war er wieder da. Er hatte sie so anders angesehen. Nicht einmal in dem Jahr, als sie ein Liebespaar gewesen waren, hatte er sie jemals mit diesem ganz speziellen Ausdruck angesehen, der heute Nacht auf seinem Gesicht gestanden hatte. Selbst dann nicht, wenn die Leidenschaft zwischen ihnen lichterloh gebrannt hatte und nicht zu zügeln gewesen war. Kein einziges Mal.
Sie presste sich eine Hand auf den Magen. Lernte sie denn nie etwas dazu? Er war Gift für sie. Sie zwang sich, Javier anzusehen und sich darauf zu konzentrieren, ihm die Worte von den Lippen abzulesen.
»Er hat sich in Bewegung gesetzt«, erklang Macks Stimme in Javiers Ohr. »Lass ihn nicht entkommen.«
»Er bewegt sich mit unglaublicher Geschwindigkeit über die Dächer«, sagte Gideon. »Ich bin hinter ihm her, aber ich habe nicht die geringste Chance, ihn einzuholen. Dem haben sie was beigemengt.«
»Wer hat sich in Bewegung gesetzt, Boss?« Javier rührte sich vom Fleck und blickte aus dem Fenster auf das Dach gegenüber. Etwas bewegte sich dort so schnell, dass es kaum mehr als ein Schatten war. »Der Schuft hat Jaimie beobachtet?«
Jaimie stockte das Herz. Sie wusste es immer, wenn sie beobachtet wurde. Ihre innere Alarmanlage ließ sie nie im Stich. Wie konnte es möglich sein, dass jemand Posten bezogen hatte, um sie zu beobachten, ohne dass sie etwas davon gewusst hatte? Vielleicht täuschte sich Mack. Zweifel befielen sie. An Mack gab es vieles auszusetzen, aber in diesen Dingen täuschte er sich selten.
»Er ist verschwunden, Boss«, meldete Gideon.
»Wir haben die Leichen und bringen sie rein. Gideon, du und Kane, ihr findet heraus, wer Jaimie da beobachtet hat.
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