Schicksalsbund
ihm nichts, nicht einmal die kleinste Nuance. Wenn er sich dagegen voll und ganz auf sie zu konzentrieren schien, nahm er seine Umgebung in allen Einzelheiten wahr.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie, ohne dass es ihr gelang, das Unbehagen aus ihrer Stimme fernzuhalten.
Wir schalten auf Alarmstufe rot. Mack sandte den Befehl aus, ohne zu zögern. »Lass uns das Vorhaben abbrechen, Jaimie.«
Sie warf ihm einen schnellen Blick zu. »Dies ist kein Einsatz. Wir kaufen ein Bett. Möglicherweise nehme ich einen Faden auf, der zu irgendjemandem führt, jemandem, der mit dem Gedanken spielt, Amok zu laufen. Das Signal ist schwach, und ich kann die Person noch nicht
identifizieren. So etwas passiert ständig. Das weißt du doch.«
»Ich will dein Leben nicht in Gefahr bringen«, sagte er.
»Ich dachte, du hättest gesagt, die beiden Männer, die Javier beseitigt hat, hätten mich entführen wollen«, entgegnete sie. »Das bedeutet in meinen Augen nicht zwangsläufig, dass mein Leben in Gefahr war.«
Sie hatten das Möbelgeschäft fast erreicht. Sie lief weiter und hielt ihren Blick auf den Eingang gerichtet, doch ihr Herz schlug jetzt schnell. Macks Beschützerinstinkt war ausgeprägt, aber es sah ihm gar nicht ähnlich, sie alle in äußerste Alarmbereitschaft zu versetzen, bloß weil sie ein schlechtes Gefühl hatte, das sie noch nicht einmal einordnen konnte.
»Die Betäubungsspritze war keine Betäubungsspritze. Es war ein Wahrheitsserum. Sie wollten dich verhören, Jaimie, und sie hatten einige Instrumente mitgebracht.«
Ihr Mund wurde trocken. »Folter?« Jetzt blickte sie zu ihm auf. Und dann zu Kane, der sein Gesicht vorsichtshalber abgewandt hatte. Ein Muskel in seiner Kinnpartie zuckte, und sein Augenlid flatterte. »Sie wollten mich foltern?«
»Verdammt nochmal, Jaimie.«
Mack schirmte sie ab, als eine Gruppe von ungebärdigen Teenagern auf Skateboards vorbeirauschte. Javier führte zu den Pfiffen und bewundernden Rufen der Jugendlichen ein paar Tricks vor, mit denen man gut aufschneiden konnte, grinste Jaimie übermütig an und rollte weiter, steuerte sein Board durch die Menschenmenge und lachte über die Flüche und Beschimpfungen, mit denen die Leute auswichen, um ihm den Weg freizumachen.
Als er vorbeigesaust war, waren hinter ihm alle auseinandergestoben, und er beantwortete ihre obszönen Gesten mit seiner eigenen.
»Er könnte durchaus verrückt sein«, sagte Jaimie.
»Daran habe ich keinen Zweifel.«
»Ich will die Betten heute kaufen, Mack. Ich will nicht den ganzen Tag allein und voller Grauen in einem Zimmer eingesperrt verbringen.«
Er hob nicht hervor, dass sie nicht allein sein würde. Seht ihr etwas? Er sandte den Ruf zu ihnen allen aus, zu seinen Männern, zu seiner Familie. Sie alle hatten sich in die Menge eingefädelt und tauchten immer wieder daraus auf. Gideon verfolgte von oben auf den Dächern jede ihrer Bewegungen mit seinen Augen und seinem Gewehr.
Nicht das Geringste, Boss. Die Meldungen liefen ein und waren ausnahmslos beruhigend.
Brechen wir ab, Boss? Marc war an der Tür und bereit einzutreten.
Sie standen jetzt dicht vor dem Laden. »Lass uns einfach nur die Betten bestellen«, sagte Jaimie. »Jetzt sind wir schon hier, und im Moment nehme ich keine starken Eindrücke auf, welcher Art auch immer. Bitte, Mack.«
Wir machen weiter, aber sieh dich vor, Marc. Du musst für mich die Augen offenhalten.
Mack erkannte, dass es ihr wichtig war, so normal wie möglich zu sein. Wahrscheinlich war sie schon seit Wochen nicht mehr an einem öffentlichen Ort gewesen. Joe hatte ihr die Einkäufe abgenommen, oder sie hatte sich alles ins Haus liefern lassen. Er kannte ihre Gewohnheiten. Sie arbeitete am liebsten allein oder mitten in der Nacht in menschenleeren Gebäuden, wo die Reizüberflutung
sie nicht krank machen konnte, denn es konnte so weit gehen, dass eine allzu große Belastung Gehirnblutungen bei ihr hervorrief. Er hatte schon gesehen, wie es dazu gekommen war. »Bringen wir es schnell hinter uns. Du sagst mir beim ersten Anzeichen von Unbehagen Bescheid. Wir werden dich rausholen, Jaimie. Niemand bekommt dich in die Finger.«
Sie hatte einen schlechten Geschmack im Mund. Sie hatte das Unwetter auf ihr eigenes Haupt herabbeschworen. Nichts davon war Macks Schuld, und sie war tatsächlich dankbar dafür, dass er da war. Sie bezweifelte nicht, dass ihre Chancen in der vergangenen Nacht gut gestanden hätten, davonzukommen, bevor die zwei Männer zu ihr gelangt wären,
Weitere Kostenlose Bücher