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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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frostig und wischte dabei eingebildete Staubkörnchen von seiner Hose. »Was die bisher von mir durchgeführten Verhöre von Miss Duvall angeht, so kann ich nicht …«
    »Ihre Meinung will ich wissen, Morgan. Jetzt.«
    Zu gern hätte Grant die Frage unbeachtet gelas.sen. Aber Cannons bohrender Blick ließ kein weiteres Zögern zu.
    Ganz kurz überlegte sich Grant einfach etwas zu erfinden, frech zu lügen, aber er war sich sicher, Sir Ross würde ihn durchschauen. Und er wollte nicht für Vivien von seiner Wahrheitsliebe lassen. Wenn er einmal anfangen würde zu lügen, wäre er verloren.
    Er seufzte. »Miss Duvall ist so etwas wie eine gespaltene Persönlichkeit. Da ist einmal die erfahrene, gierige, kaltblütige Frau aus dem Buch … eine perverse Hexe. Und dann gibt es noch die Frau, die zur Zeit in meinem Haus wohnt …«
    »Und die ist wie?«
    »Gebildet freundlich … sanft. Der Traum eines jeden Mannes.«
    »Auch Ihr Traum?«
    Grant umklammerte die Lehnen seines Sessels so fest dass die Knöchel weiß. hervortraten. »Auch mein Traum«, brachte er schließlich hervor.
    Lange betrachtete Cannon seinen besten Runner mit einem so verständnisvollen Blick, dass Grant ihn fast nicht ertragen konnte. Dann sagte er leise: »Machen Sie keine Dummheiten, Morgan.«
    Grant wollte irgendetwas Selbstsicheres, Scharfsinniges sagen, aber ihm kam kein Wort über die Lippen. in einer offenen Wunde bohren.
    Mit einem »Also los« wurde er schließlich von Sir Ross entlassen.
    Grant stand auf und verließ erleichtert und beschämt den Raum.

Kapitel 8
    »Zu einem Ball soll ich gehen?«, rief Vivien fassungslos und sah Grant dabei an, als hätte dieser den Verstand verloren. Sie saßen sich im unteren Salon gegenüber und Grant hatte Vivien gerade von seinen mit Sir Ross geschmiedeten Plänen erzählt. Grant zeigte Verständnis für Viviens Sorge, wollte sich aber nicht davon abbringen lassen.
    »Ich soll also in der Öffentlichkeit erscheinen«, fuhr Vivien mit hochgezogenen Augenbrauen fort. »Und zwar nicht irgendwo, sondern auf einem gesellschaftlichen Saisonhöhepunkt, damit alle sehen, dass ich noch lebe. Und wenn erst mal alle wissen, dass ich noch lebe, ist mein Leben keinen Pfifferling mehr wert.«
    »Ich werde schon auf Sie aufpassen. Sie stehen natürlich weiter unter meinem Schutz, Vivien.« Grant setzte sich neben Vivien auf das mit goldenem Damast gepolsterte Kanapee und nahm ihre Hand in die seine. Langsam entspannten sich ihre Finger, als seine Wärme sie durchflutete. »Bitte Vivien, vertrauen Sie mir«, sagte er lächelnd in ihr besorgtes Antlitz. »Solange ich da bin, wird Ihnen niemand ein Haar krümmen.«
    »Aber ich kenne niemanden auf diesem Ball«, sagte sie und dabei drückten sich ihre Fingernägel schmerzhaft in Grants Hand. »Was soll ich denn da sagen und tun?«
    »Sie müssen auf dem Ball weder was sagen noch irgendetwas machen. Sie sollen sich nur zeigen, das ist alles.«
    »Aber ich will das nicht! Bitte zwingen Sie mich nicht dazu.«
    »Ich verstehe ja Ihre Angst«, sagte Grant sanft, »aber es muss ein. Und jetzt sollten wir zu Ihrem Haus gehen und für Sie etwas Schönes zum Anziehen heraussuchen. Soweit ich mich erinnere, hängen in Ihren Schränken mindestens zwei Dutzend Ballkleider, und ich wüsste wirklich nicht welches ich für Sie auswählen sollte. Da Sie sowieso Ihr Haus sehen wollten, ist das nun die ideale Gelegenheit, oder?«
    Vivien verzog den Mund zu einer Fratze und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. In ihrer Fantasie sah sie Hunderte von Augenpaaren auf sie starren. Und sie sollte so tun, als ob nichts geschehen wäre, sollte nette Konversation machen, kokett lachen und hocherfreut Menschen begrüßen, an die sie sich partout nicht erinnern konnte. Eine doppelte Lüge und Heuchelei, denn schließlich verachteten diese Menschen sie für das, was sie einst war, ein Leben, an das sie sich nicht einmal selbst erinnern konnte. Es würde schrecklich werden. Aber am meisten fürchtete sie, zur Zielscheibe zu werden, fürchtete, dass die Person, die sie hatte umbringen wollen, es ein weiteres Mal versuchen könnte. Und was, wenn Morgan dabei etwas zustieß? Sie könnte es nicht ertragen.
    »Ich versteh das alles nicht. Das ist doch sinnlos. Warum muss ich mich bei so einer dramatischen Gelegenheit präsentieren? Sie könnten doch einfach das Gerücht streuen, dass ich noch lebe. Aber Sie haben keine Ahnung, wer mich töten wollte, stimmt’s? Das ist also eine

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