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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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gehabt zu seinen Fehlern zu stehen. Stets hatte er mit seiner Vernunft unterscheiden können, was verwerflich oder einfach nur menschlich war. Doch diesmal war es anders. Er hatte schamlos eine unschuldige Frau ausgenutzt und das konnte er sich nicht verzeihen. Als er sprach, war sein Schuldbewusstsein nicht zu überhören.
    »Ich wollte mich an Vivien Duvall rächen, verstehst du? Sie hat mich vor dieser ganzen klatschsüchtigen Londoner Gesellschaft lächerlich gemacht. Schon in der Nacht in der ich dich gefunden habe, beschloss ich, mit dir … also mit ihr zu schlafen. Ich dachte, das wäre ich meinem Ehrgefühl schuldig.«
    »Wirklich ein guter Plan«, sagte Vivien mit vor Hohn triefender Stimme. »Und dann? Was hättest du dann mit ihr gemacht? Sie weggeworfen wie einen alten Handschuh? Als Vergeltung?«
    Ein kurzes verschämtes Nicken war Grants einzige Antwort.
    Vivien atmete scharf ein. Vielleicht hätte sie erleichtert darüber sein müssen, dass eigentlich nicht sie das Ziel seiner Rache gewesen war. Aber sie war nicht erleichtert. Sie war verletzt. Verletzt weil sie nicht wahrhaben wollte, dass er so gemein sein konnte. Verletzt weil sie ihm etwas hatte geben wollen, als Dank für die Rettung, und sie dabei doch nur eine Schachfigur gewesen war. »Ich verstehe«, sagte sie mit Mühe.
    »Das glaube ich nicht.«
    »Ich war verletzt und verstört und deshalb ein ideales Opfer. Wie ich mich fühlte, war dir ganz gleichgültig.«
    Er wirkte so hilflos, dass er ihr schon fast wieder leid tat. »Nein«, versuchte er zu erklären, »es war nur von Anfang an alles ganz anders, als ich gedacht hatte. Du hast dich überhaupt nicht wie die berechnende Frau verhalten, an der ich mich schließlich rächen wollte.«
    Aber Vivien hörte gar nicht mehr richtig zu, zu überwältigend war das Gefühl, schändlich verraten worden zu sein.
    »Du warst doch der Einzige, dem ich in der Welt vertrauen konnte! Verstehst du das nicht? Ich musste mich auf dich verlassen und dann hast du mich verlassen! Von Anfang an hast du mich belogen!«
    »Aber doch nur, weil ich dachte, wir hätten schon einmal eine Affäre gehabt.«
    »Nur?«, entgegnete sie sarkastisch. »Also gut. Angenommen, ich wäre wirklich die berechnende, männerfressende Vivien Duvall gewesen. Die Frau, die dich vor der so genannten feinen Gesellschaft lächerlich gemacht hätte – würde das dein Verhalten etwa rechtfertigen?. Glaubst du das?«
    »Wenn ich geahnt hätte, wer du wirklich bist … dass du jemand anders bist, hätte ich dir nie wehtun wollen.«
    »Aber das hast du getan«, sagte Vivien hart.
    »Ja. Ich kann nichts ungeschehen machen«, sagte Grant niedergeschlagen. Aber er hatte seine Gefühle offensichtlich wieder unter Kontrolle. »Ich kann dich nur um Vergebung bitten und versuchen, meinen Fehler wieder gutzumachen.«
    »Nicht ich muss dir vergeben, Grant. Vivien Duvall.«
    Grant starrte sie an, als hätte sie den Verstand verloren. »Niemals! Niemals werde ich vor dieser Frau zu Kreuze kriechen.«
    »Du willst die Sache wieder gutmachen? Also gut das ist die einzige Wiedergutmachung, die ich akzeptiere.« Sie war nun ganz ruhig und sicher. »Du wirst die echte Vivien Duvall finden und sie um Verzeihung dafür bitten, dass du dich aus verletzter Eitelkeit an ihr so rächen wolltest. Wenn sie dir vergeben kann, kann ich es auch. Erst dann.«
    »Ich soll Vivien Duvall um Vergebung bitten?«, fragte er ungläubig. Sein Gesicht war vor Wut gerötet. »Aber ich habe nicht mit ihr geschlafen, sondern mit dir! Schon vergessen?«
    »Aber du hättest auch mit ihr geschlafen. Du dachtest sogar, du hättest mit ihr geschlafen. Wenn ich doch sie gewesen wäre, täte es dir dann etwa Leid?«
    »Niemals!«
    »Dann schreckst du also nicht davor zurück, anderen Menschen weh zutun, wenn sie es in deinen Augen verdienen?« Tiefe Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben, und als sie keine Antwort erhielt fuhr sie leise fort: »Ich hätte nie für möglich gehalten, dass du so ein selbstgerechter, engstirniger Mensch bist.«
    »Aber ich habe doch gesagt dass es mit Leid tut! Was soll ich denn noch sagen?«
    »Aber es tut dir ja nicht Leid«, antwortete sie ganz ruhig. »Dir tut nicht Leid, dass du dir diesen scheußlichen Plan ausgedacht hast. Dir tut nur Leid, dass du damit nicht die Person getroffen hast die du treffen wolltest. Und ich könnte niemals einen Mann lieben, der so kaltschnäuzig und berechnend ist.«
    Grant schien kurz davor zu explodieren.

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