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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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glaubst, dass du mir entkommen kannst hast du dich geschnitten.«
    Fast etwas erschrocken über seine Entschlossenheit sie zu gewinnen, entfuhr Vivien ein kurzes Lachen.
    Sie bot ihm ihren Arm und ließ sich von ihm zum Badezimmer geleiten. Dort angekommen bot Grant ihr seine Hilfe bei der Morgentoilette an, was sie dankend ablehnte. Grant sagte, er würde im Nebenzimmer warten, empfahl sich formvollendet und verneigte sich. Die ganze Zeit mussten sie sich Mühe geben, ernst zu bleiben.
    Im Bad hatte eines der Hausmädchen bereits Tücher gewärmt und den Badezuber mit heißem Wasser gefüllt. Als sie sich langsam und genießerisch hinein gleiten ließ, hoffte sie einen Augenblick, ihre Sorgen und Ängste vergessen zu können. Doch sie wusste, dass sie sich ihnen stellen musste. Flucht war unmöglich. Noch immer wusste sie nicht wer sie war und was sie war. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie nicht zum Adel gehörte. Aber eine Prostituierte war sie eben auch nicht. Was, wenn sie ihre eigene Geschichte niemals erfahren würde? Wenn sie für immer ohne Name, Familie und Erinnerung leben müsste? Der Gedanke war ihr unerträglich. Und gab es wirklich niemanden der sie vermisste? Freunde – einen Geliebten gar? Sie dachte an Grant. Vielleicht würde sie sich ein ganz neues Leben aufbauen müssen.
    Wenige Minuten später kam das Hausmädchen mit einem grünen Kaschmirkleid. Sie half Vivien beim Abtrocknen und Ankleiden. Das Kleid lag eng und weich an ihrem Körper an, betonte jede Rundung ihres Körpers und wirkte doch schlicht und elegant. Dann musste sie sich auf einen Hocker setzen, damit das Hausmädchen Vivien frisieren konnte. Sie steckte das Haar zu einer rot lodernden Krone zusammen, die von einer schweren, goldenen Spange gehalten wurde.
    Nachdem Vivien sich im Spiegel betrachtet und dem Mädchen gedankt hatte, wollte sie zu Grant ins Schlafzimmer hinübergehen. Aber an der Tür angekommen, zögerte sie. Eine Frage beschäftigte sie zutiefst und sie wusste nicht, ob sie den Mut aufbringen würde, sie ihm zu stellen. Sie riss sich zusammen. Schließlich konnte sie sich in ihrer Lage Feigheit nicht leisten. Sie musste sich der Wahrheit stellen. Also straffte sie die Schultern, warf stolz den Kopf zurück und öffnete die Tür.
    Grant hatte auf einem Stuhl am Fenster gesessen, doch als sie eintrat sprang er geradezu auf. »Wie fühlst du dich?«, fragte er mit einer Sorgenfalte auf der Stirn.
    Mehr als die Andeutung eines Lächelns brachte sie nicht zustande. »Nun, es geht mir ganz gut. Aber da gibt es noch etwas, das ich wirklich gern wüsste.« Sein Gesicht war jetzt ausdruckslos. »Und das wäre?« »Wie war das eigentlich mit dir und der echten Vivien Duvall?«

Kapitel 12
    Vivien und Grant saßen sich gegenüber. Sie in einem mit Damast bezogenen Sessel, Grant in einem einfachen Stuhl. Er hatte sich nach vorn gebeugt und schien intensiv über die glühenden Kohlen im Kamin nachzudenken.
    Dann begann er zu erzählen. Dabei schien es Vivien, dass er seine Worte so sorgfältig wählte, als würde er sie auf eine schlimme Nachricht vorbereiten. Dieser Ton gefiel ihr nicht.
    »Natürlich hast du das Recht zu erfahren, was zwischen mir und Vivien Duvall war«, sagte er mit einem Seitenblick zu ihr. »Aber zuerst solltest du wissen …« Er suchte nach Worten und fand keine. »Verdammt! Also ich habe in meinem Leben schon viele Dinge getan, die falsch waren. Mein Sündenregister ist ellenlang. Manches hab ich einfach getan, um zu überleben, anderes aus Selbstsucht und Gier. Ich bereue diese Taten, jedenfalls die meisten, aber nichts bereue ich so sehr, wie dich angelogen zu haben. Denn ich habe dich angelogen, Vivien. Aber ich schwöre beim Grab meines Bruders, dass ich dich nie wieder belügen werde.«
    Vivien hatte plötzlich ein eiskaltes Gefühl in der Magengegend. Leise fragte sie: »Womit hast du mich angelogen, Grant?«
    Sein Blick war wieder starr ins Kaminfeuer gerichtet. Er sagte nichts.
    Sie betrachtete ihn eingehend, wartete darauf, dass er sprach. Sie sah sein hartes Profil, die Unbeugsamkeit in seinen strengen Zügen, und da kam ihr ein Verdacht.
    »Es geht also um die echte Vivien Duvall«, riet sie. »Sie war nie deine Geliebte. Ist es das? Du hast nie etwas mit ihr gehabt stimmt’s? Du hast gar nicht mit ihr geschlafen. Aber warum solltest du mich in dieser Sache belügen?«
    Es war für Grant nicht leicht ihrem forschenden, klaren Blick standzuhalten. Eigentlich hatte er nie Schwierigkeiten

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