Schicksalsfäden
schon von Grant Morgan gehört. Wenn Sie mir helfen, wird er sich bestimmt erkenntlich zeigen.« , Das Grinsen verschwand aus dem Gesicht des Dummkopfs und die Anzüglichkeit machte der Neugierde Platz. »ja, ich hab von Grant Morgan gehört. Aber was haben Sie mit ihm zu tun?«
Victoria wurde von einem Gefühl der Erleichterung überschwemmt. Grants Name wirkte offenbar Wunder. Wenn sie diesen Kerl dazu bringen könnte, sie zur Bow Street zu begleiten, wäre sie in Sicherheit. Gespielt flehentlich krallte sie sich in den Ärmel des Dummkopfs und wollte gerade die Rolle der hilflosen Frau weiterspielen, als die Tür zum Wettbüro aufflog.
Mit einem Blick sah Victoria den grauen Hut und sie stöhnte auf vor Angst. »Das da, das ist der Mann, der mich belästigt hat!«, rief sie.
»Der da?«, fragte ihr selbsternannter neuer Beschützer und zeigte mit dem Finger auf Keyes, der jetzt zu ihnen herübersah.
Victoria nickte heftig. Der mörderische Triumph, den sie in Keyes’ Augen sah, schnürte ihr vor Angst die Kehle zu.
Schwer atmend und mit hochrotem Gesicht stürzte Keyes auf sie zu. »Ich bin Bow-Street-Runner und verfolge eine Verdächtige!«, verkündete er mit klarer, kalter Stimme. »Ich fordere Sie auf, mir die Frau da auszuliefern.«
Die überraschende Anwesenheit eines Bow-Street-Runner löste unter den Anwesenden Herren einige Unruhe aus.
Der Buchmacher und Chef des Ladens kam wild gestikulierend hinter seinem Tresen hervor. »Hören Sie, was soll das, Mann? Mein Laden ist sauber, das weiß jeder. Was muss ich denn noch tun, um mir euch Schweine vom Hals zu halten?« Es war allgemein bekannt dass Buchmacher und Runner sich nicht leiden konnten, weil Wettbüros häufig Schlupfwinkel von gesuchten Verbrechern waren. Die Buchmacher fühlten sich in einen Topf mit den ungeliebten Kunden geworfen und für die Runner standen die Buchmacher nur eine halbe Stufe über dem gesetzlosen Pack und behandelten sie auch so.
»Ich arbeite im Auftrag der Krone«, verkündete Keyes jetzt großspurig, »und im Namen der Krone danke ich Ihnen auch für die Festsetzung dieser Hure, die unter dringendem Verdacht gesucht wird.«
»Er lügt! Ich habe nichts verbrochen!«, schrie Victoria und drückte sich schutzsuchend gegen den Dummkopf, der das durchaus schmeichelhaft fand.
»Weswegen wird sie gesucht?«, fragte er mit hoch erhobenem Kopf und zog Victoria näher an sich.
»Ich habe keine Zeit um hier eine Anklage zu verlesen, verstanden?«, schnauzte Keyes ihn an. »überlassen Sie mir die Frau und kümmern Sie sich wieder um Ihren eigenen Kram.« Er streckte fordernd die Hand aus.
»Nu mach schon! Gib sie ihm«, sagte der Buchmacher. »Ich will hier keinen Bow-Street-Runner und keinen Ärger haben. Gib ihm das Schätzchen und dann raus hier!«
So stark war der Beschützerinstinkt des Dummkopfs offenbar nicht denn er löste sich jetzt von Victoria, sah sie bedauernd an und sagte: »Na ja, Täubchen, du wolltest doch eh zur Bow Street stimmt’s? jetzt hast du einen Begleiter.«
»Aber er bringt mich nicht aufs Revier, sondern er wird mich umbringen!«, schrie Victoria. »So glaubt mir doch: Er will mich umbringen! Bitte, lassen Sie mich nicht gehen!«
»Umbringen?«, rief der Dummkopf belustigt. »Na, so schlimm wird’s doch wohl nicht werden, Täubchen, was immer du auf dem Kerbholz hast. Wenn du vor Gericht stehst, musst du nur dem Richter dein schönstes Lächeln schenken, dann lässt er dich sowieso gehen.« Er blinzelte ihr aufmunternd zu.
»Ich flehe Sie an, Sir. Helfen Sie mir, Sir Ross Cannon vom Bow-Street-Revier zu erreichen. Oder Grant Morgan … Es geht um mein Leben«, sagte sie mit wachsender Verzweiflung.
Ihre Worte waren scheinbar nicht ohne Wirkung. Im Dummkopf arbeitete es sichtlich. Er sah sie an und irgendetwas, was er sah, schien ihn zu überzeugen. Er straffte die Schultern, nahm wieder ihren Arm und sagte:
»Ach, was soll’s. Steht einem Gentleman schließlich nicht schlecht an, wenn er sich bei so miesem Wetter einer Dame in Not annimmt.« Er warf Keyes einen herablassenden Blick zu. »Oder haben Sie etwa was dagegen, wenn ich das arme Mädchen hier zur Bow Street begleite? Da wollen Sie doch sowieso hin, wenn ich’s recht verstehe.«
Jede Faser von Victorias Körper war angespannt als sich Keyes ihnen näherte. Sein Gesicht war so unbewegt wie eine Maske, aber in seinen dunklen Augen glomm tödliche Wut. Er blieb stehen und sah den Dummkopf an. »Was ich dagegen habe, fragen Sie?
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