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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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spürte es, fühlte die Bedrohung sogar körperlich, weil sich ihre Nackenhaare aufstellten.
    Sie versuchte ruhig zu bleiben und zu überlegen. So lange sie sich in der Menge verstecken konnte, war sie sicher.
    Vor Zeugen würde er ihr nichts tun. Aber was hatte er überhaupt gegen sie?
    Sicher hielt er Victoria für Vivien, und es gab nur zwei Motive für den Versuch, sie zu ermorden: Hass oder Geld.
    Natürlich konnte er ein brüskierter Liebhaber ihrer Schwester sein, aber wahrscheinlicher schien ihr, dass er für den Mord von jemandem bezahlt wurde. Wenn er inzwischen wusste, dass sie aus dem Haus geflohen war, würde er auch ahnen, dass sie unbedingt versuchen würde, Sir Ross in der Bow Street zu erreichen. Das musste er unter allen Umständen verhindern.
    Plötzlich wurde Victoria bewusst wie ungerecht ihre Lage war. Ohne eigene Schuld schwebte sie in Lebensgefahr.
    Dabei hatte sie nur ihrer Schwester helfen wollen, als sie nach London kam. Und nun steckte sie in diesen Schwierigkeiten. Der Gedanke machte sie wütend.
    Wie als Bestätigung ihrer düsteren Gedanken öffnete in diesem Augenblick der Himmel seine Schleusen und heftiger Regen begann herab zu prasseln. Die Rufe der Demonstranten gingen im Wasserrauschen unter, verstummten schließlich, als die Menge sich zerstreute, um sich irgendwo unterzustellen.
    Mit einem Mal stand Victoria ohne Deckung und sie konnte den ganzen Platz vor der Oper überblicken. Da! Da war er. Der Mann mit dem grauen Hut es war tatsächlich Keyes, stand vielleicht fünfzig Meter entfernt und fragte einen jungen Mann aus. Sein Gesicht und sein ganzer Körper drückten äußerste Anspannung aus.
    »O Gott!«, entfuhr es Victoria.
    Als hätte er sie gehört wandte Keyes plötzlich seinen Kopf und blickte sie direkt an. Sein Gesicht verzog sich zu einer bösen Fratze, als er den Mann rüde beiseiteschob und mit entschlossenen Schritten. auf Victoria zukam. Die Mordlust sprühte geradezu aus seinen Augen.
    Victoria zögerte keine Sekunde und rannte los an der Fassade der Oper vorbei in Richtung Russell Street. Sie glitt auf dem nassen Kopfsteinpflaster aus, schlug hin, hörte schwere Schritte näher kommen, rappelte sich wieder auf, rannte weiter. Nein! dachte sie kalt entschlossen, du wirst mich nicht aufhalten, Keyes! Jetzt nicht mehr. Ich bin zu weit gekommen, um mich einfach von dir abschlachten zu lassen. Ich werde die Bow Street erreichen, verdammt noch mal.
    Als Grant mit finsterer Miene durch die Tür gestürmt kam, prallte er in der Eingangshalle auf eine aufgeregte Versammlung fast all seiner Bediensteten. Hausmädchen, Lakaien, Köchin und Gärtner standen erregt um Mrs. Buttons herum.
    Kaum hatte Grant die Tür hinter sich zugeschlagen, drehten sich alle nach ihm um. Mrs. Buttons stürmte auf ihn zu. Ihre übliche. vornehme Zurückhaltung war wie weggeblasen.
    »Mr. Morgan!«, rief sie schrill. Eine graue Strähne hatte sich aus ihrem sonst so ordentlich frisierten Haar gelöst.
    Ihr Gesicht war gerötet und sie schien überhaupt in einem aufgelösten Zustand zu sein. Grant hatte sie nie zuvor so gesehen.
    »Wo ist sie?«, fragte, er ohne Umschweife, obwohl er innerlich die Antwort schon kannte und verzweifelt aufschreien wollte.
    »Dem Himmel sei Dank, dass Sie wieder da sind«, stammelte Mrs. Buttons. »Ich wollte gerade eine Nachricht an das Revier schicken, dass man Sie sucht. Und ich dachte, man sollte auch Sir Ross …«
    »Wovon zum Teufel sprechen Sie?« Ungeduldig überblickte er die erschreckten Gesichter vor ihm. »Also, wo ist Victoria, schnell!«, verlangte er erneut zu wissen.
    Zu dem Schrecken in den Gesichtern gesellte sich Verwirrung. Für Sekunden herrschte unerträgliches Schweigen, dann wagte Mrs. Buttons schließlich die Frage: »Wer ist Victoria?«
    Grant legte die Hand an die Stirn und atmete einmal tief durch. »Vivien. Miss Duvall. Die Frau, die hier seit ein paar Wochen wohnt verdammt! Wo ist sie? Und wo ist Keyes?«
    Als immer noch niemand etwas sagte und alle sich nur vielsagende Blicke zuwarfen, explodierte Grant. »Steht nicht stumm rum wie die verdammten Ölgötzen! Macht den Mund auf und sagt mir endlich, was hier passiert ist!«
    Mit hängenden Schultern und gesenktem Blick trat Mary vor. Sie sah aus, als hätte sie Angst geschlagen zu werden und als wüsste sie, dass sie es verdient hätte. »Es war mein Fehler, Sir«, sagte sie mit dünner Stimme. »Ich bin Miss Duvall auf der Hintertreppe begegnet als sie gerade das Haus verlassen

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