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Schicksalsmord (German Edition)

Schicksalsmord (German Edition)

Titel: Schicksalsmord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Limar
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Gersdorf bezeichnete sie wegen seiner Schüchternheit dem weiblichen Geschlecht gegenüber mitleidslos als „Klemmi“, außerdem sei er in Katrin verliebt, was von seinem schlechten Geschmack zeuge. Am vernichtendsten war jedoch Lydias Urteil über die Reinigungskraft Frau Saalfelder, eine korpulente Frau mit strohblond gefärbtem Haar, das störrisch nach allen Seiten abstand. Sie war schrecklich klatschsüchtig und nach Lydias Ansicht auch hinterhältig. Wegen ihres Hanges zur Verleumdung hatte Lydia sie mit dem hässlichen Spitznamen „Mundgully“ belegt. Sie wäre sie gern losgeworden, was aber daran scheiterte, dass sich keine andere zuverlässige Putzfrau finden ließ, die zu den gleichen Konditionen gearbeitet hätte. Frau Saalfelder war gründlich und belastbar, sie putzte die Kanzleiräume in der Woche schon ab fünf Uhr morgens, um den laufenden Betrieb nicht zu stören. Nur samstags kam sie erst um sechs Uhr, und da hatte sie auch den toten Dietrich gefunden, wie wir jetzt nebenbei erfuhren. Nähere Umstände erwähnte der Kommissar jedoch nicht. Dafür interessierte er sich für die Umstände der Trennung zwischen Lydia und Dietrich und ihr Verhältnis danach zueinander.
    Lydia betonte, dass die Trennung einvernehmlich und freundschaftlich erfolgt sei. „Obwohl“, setzte sie mit nachdenklicher Stimme hinzu, „ein wenig Bitterkeit ist natürlich auch dabei. Schließlich hofft man ja auf eine lebenslange Beziehung und ist enttäuscht, wenn so ein Entwurf dann scheitert.“ Es habe letztendlich vor allem an Dietrichs Exfrau und seiner Tochter gelegen, setzte sie ungefragt hinzu. Von einer Beziehung danach könne zwischen Dietrich und ihr noch nicht so richtig die Rede sein, dafür war die Trennung zu frisch. Es hätte sich aber sicher mit der Zeit alles gefügt, doch nun sei ja leider keine Gelegenheit mehr dazu. Lydia schaute zu Boden und zerdrückte eine Träne im Augenwinkel. Die Beamten wahrten einen Moment lang pietätvolles Schweigen. Dann erst stellten sie die Frage, wer Dietrich beerben würde.
    „Seine Tochter Carola“ antwortete Lydia ohne zu zögern. „Sie ist sein einziges Kind und so war es schon bei unserer Eheschließung vereinbart worden. Ich habe Dietrich Tanner schließlich nicht aus materiellen Erwägungen geheiratet.“ Lydia legte ihren ganzen Stolz in diesen Satz. Es war nicht erkennbar, ob sie damit Eindruck gemacht hatte. In einem abschließenden Tonfall fragte der Kommissar Lydia nun, wo sie gestern Abend zwischen 17 Uhr und 18:30 Uhr gewesen sei.
    „Hier zu Hause“, erwiderte sie ohne zu zögern, „meine Schwester kann das bestätigen.“ Reflexartig nickte ich. Immer wieder habe ich mich später gefragt, warum ich nicht anders reagiert hatte. Weshalb ich nicht sagte: „Nein Lydia, da irrst du dich, du warst doch unterwegs.“ Wollte ich sie unterschwellig schon damals nicht verraten? Oder war es die alte Unterwürfigkeit aus unserer Kindheit, einer Zeit, in der ich Lydia stets bestätigte und deckte und damit nicht schlecht fuhr. Immer wieder hatte ich damals zu Lydias Ausreden auf die strengen Nachfragen unserer Eltern zustimmend genickt, und nun hatte ich es als erwachsene Frau wieder getan. Wie hartnäckig können solche Kindheitsmuster eigentlich sein?
    Schon im Hinausgehen stellte die junge Beamtin fast beiläufig noch eine letzte Frage. Wie Dietrich seinen Kaffee getrunken habe, wollte sie wissen.
    „Türkisch und schwarz“, antwortete Lydia knapp. „Und daran hat sich bestimmt nichts geändert.“
    „Was sollte diese Frage denn nun eigentlich?“, fragte sie mich pikiert, als die Beamten schon zur Tür hinaus waren. Ich war zu erschöpft, um Lydia meinerseits zu fragen, was ihre Lüge denn zu bedeuten hatte. Meine Schwester kam mir plötzlich fremd vor, mir wurde klar, wie wenig ich eigentlich über sie wusste. Mit dem Mord an Dietrich hatte Lydia jedoch mit Sicherheit nichts zu tun, und die Kriminalbeamten würden wir wohl nicht wiedersehen.
    In diesem Punkt irrte ich mich. Als sie zwei Tage später wiederkamen und diesmal ziemlich streng auf das falsche Alibi hinwiesen, zitterte ich wie ein Kind, das bei einer Lüge ertappt worden war.
    Nachdem sie Lydia mitgeteilt hatten, dass sie des Mordes an ihrem Ehemann verdächtig und vorläufig festgenommen sei, machten sie mich auf mein Recht zur Aussageverweigerung aufmerksam.
    Ich wollte trotzdem zu einer Erklärung ansetzen und meinen Irrtum entschuldigen, doch Lydia schnitt mir mit einem wütenden Blick das

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