Schicksalspfade
Bemühungen aus einem alten Transtator. Sie bekamen ihre tägliche Ration – feuchte, weiche Wurzeln, die sich als erstaunlich schmackhaft erwiesen – und hofften, dass der nächste Tag erfolgreicher sein würde. Sie zündeten ein Feuer an und nahmen Platz.
Tom hielt Chakotays Idee für gut, abends einzelne Personen von ihrem Leben berichten zu lassen. Es lenkte sie von den Umständen ab und außerdem waren die Geschichten sehr
interessant. Am vergangenen Abend hatte Paris mehr über B’Elanna erfahren als während der letzten drei Jahre.
Er wandte sich an Seven, deren Leben für sie alle noch immer sehr rätselhaft war. »Was ist mit Ihnen, Seven?«, fragte er. »Möchten Sie uns von Ihrer Vergangenheit berichten?«
Seven richtete einen kühlen Blick auf ihn. Ein großer Teil der Arroganz, die sie als Borg gezeigt hatte, war inzwischen verschwunden, aber ihr haftete noch immer eine
verunsichernde Distanziertheit an. Sie musste erst noch ganz zu ihrem menschlichen Wesen zurückfinden.
Im Schein des Feuers gewann ihr schönes Gesicht, das nach wie vor zwei Borg-Implantate aufwies, einen nachdenklichen Ausdruck. Das Licht der züngelnden Flammen spiegelte sich in blauen Augen und auf blondem Haar wider. »Es gibt nur wenige Dinge, an die ich mich erinnere«, sagte Seven auf ihre direkte Art
und Weise. »Ich befand mich an Bord des Raumschiffs
meiner Eltern. Meine Mutter unterrichtete mich… Ich las sehr viel. Aber das war vor langer Zeit. Ich feierte meinen sechsten Geburtstag an Bord. Meine Eltern sangen ›Happy Birthday, Annika‹. Und dann kamen die Borg.«
Sie senkte den Blick, und einige Sekunden lang herrschte Stille. Seven hatte das Trauma ihrer Assimilierung noch immer nicht vollständig überwunden und weder Tom noch die
anderen wollten schmerzhafte Erinnerungen in ihr wachrufen.
Schließlich sah sie wieder auf und diesmal zeigte ihr Gesicht ein sonderbares Muster aus Licht und Schatten. »Ich habe keine detaillierten Erinnerungen an meine Zeit bei den Borg.
Es ist alles ein Durcheinander aus verschiedenen Eindrücken und Wahrnehmungen…«
Tom begriff plötzlich, dass entsprechende Reminiszenzen die Assimilierung anderer Spezies betrafen, und es wirkte bestimmt nicht entspannend, sich solche Geschichten
anzuhören. Er bedauerte es plötzlich, Seven gebeten zu haben, von ihrer Vergangenheit zu berichten. Hoffentlich hatte er ihr dadurch keinen Kummer bereitet.
Die schöne Borg sah ihn an. »Ich schlage vor, Sie erzählen uns von sich«, sagte sie geradeheraus und ihre Worte
überraschten Tom. Die anderen nickten.
»Gute Idee«, meinte B’Elanna. Seit dem Beginn ihrer
Beziehung hatte sie Tom immer wieder nach seinem früheren Leben gefragt und nur vage Auskünfte von ihm bekommen.
Normalerweise hätte er auch jetzt Zurückhaltung geübt, aber Chakotay, Harry und vor allem B’Elanna waren sehr offen gewesen. Wenn er sich kein Beispiel an ihnen nahm, musste er sich vielleicht den Vorwurf von Feigheit gefallen lassen.
Die Vorstellung, einige seiner verdrängten Empfindungen ans Tageslicht zu bringen, erschien Paris plötzlich reizvoll. Wie auch die anderen musste er mit der Möglichkeit rechnen, dass sie dem Tod in diesem Gefangenenlager kein Schnippchen schlagen konnten, und für diesen Fall wollte Tom sein Herz ausschütten. Zum ersten Mal in seinem Leben war ihm zum Beichten zumute.
»Na schön«, wandte er sich an seine Zuhörer. »Ich weiß nicht, wie es sich anhören wird, aber los geht’s…«
8
»Tom! Warte, Tom!« Die Stimme hallte durch die kühle Morgenluft des Buchanan Quadrangle und Kadett Tom Paris drehte sich um. Sein Freund Charlie Day lief auf ihn zu. Sie waren zusammen in Portola Valley aufgewachsen, hatten während der Schulzeit auf freundschaftliche Weise
miteinander gewetteifert und schließlich beide einen der begehrten Plätze an der Starfleet-Akademie bekommen. Seit einem Monat waren sie nun hier und gewöhnten sich
allmählich an die anstrengende Akademie-Routine.
Charlie schloss zu ihm auf und sein rundliches Gesicht zeigte ein fröhliches Lächeln. Trotz des vorschriftsmäßigen
Haarschnitts gelang es seinem braunen Haar, zottelig zu wirken. Die großen, ebenfalls braunen Augen brachten Wärme zum Ausdruck. Beim Anblick von Charlies Gesicht fühlte sich Tom immer gut, ganz gleich, wie niedergeschlagen er zuvor gewesen war.
Charlie sah nach rechts und links, schien sich auf diese Weise vergewissern zu wollen, dass sie niemand belauschte. »Ich kann es
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