Schicksalspfade
standen.
Sie musterte ihn argwöhnisch. »Radiogene Isotope? Wozu benötigst du eine so gefährliche Substanz?«
»Für nukleare Chemie. Ich konstruiere ein Analysegerät für geladene Teilchen.«
»Wenn es für die Schule ist – warum stellt der Lehrer dann nicht alle benötigten Dinge zur Verfügung?«
Auf diese Frage war Neelix vorbereitet. »Es gehört zum Projekt, alle erforderlichen Komponenten selbst zu beschaffen.
Es dient der Entwicklung unserer Selbständigkeit.«
Es war eine durchaus vernünftige und einleuchtende
Erklärung. Sie bezog sich auf das talaxianische
Bildungssystem, das selbständiges Denken und Autarkie förderte. Alixia schien sich damit zu begnügen. »Ich nehme an einem Laborkurs in bionuklearer Medizin teil. Vielleicht gibt es dort Isotope. Ich schaue nach.«
Neelix freute sich – auf seine Schwester war Verlass. Und tatsächlich: Einige Tage später gab sie ihrem Bruder eine kleine Phiole, in einen Schutzmantel gehüllt. »Sei vorsichtig«, warnte sie ihn. »Die Substanz ist sehr flüchtig.«
Das wusste Neelix und es erfüllte ihn mit Stolz, dass Alixia ihm die Isotope anvertraute, obgleich sie sehr gefährlich sein konnten und er erst zwölf Jahre alt war. Fast sofort machte er sich auf den Weg zu seiner Hütte im Wald.
Als er die Ladekammer der Energiewaffe mit den Isotopen füllte, kam es zu einer erstaunlichen Veränderung. Bis jetzt hatte er ein inaktives und nutzloses Stück Technik in der Hand gehalten. Nun besaß er eine mächtige Waffe, in der Energie summte. Neelix zitterte vor Aufregung, als er seine Hütte verließ und die Lichtung betrat.
Er hatte den Test sorgfältig vorbereitet, drei Ziele aufgestellt und sie so gestaltet, dass sie böse grinsenden Krebe-Kriegern ähnelten. Die Krebe waren für ihre Heimtücke und
Hinterhältigkeit bekannt und bedrohten jetzt Neelix’ Domäne.
Sie mussten unbedingt besiegt werden.
Er hielt die summende Waffe lässig in der rechten Hand und schritt mit gespielter Gleichgültigkeit in Richtung des ersten Ziels. Neelix war jetzt nicht mehr Neelix, sondern der Meisterspion Xebot, der hinter den feindlichen Linien agierte, im Herzen des Krebe-Territoriums. Bisher hatte man ihn nicht entdeckt. Aber er wusste, dass einige Krebe misstrauisch geworden waren und ihn exekutieren wollten. Es galt, sofort zu handeln.
Als die Entfernung auf etwa sieben Meter schrumpfte, hob er die Waffe, wirbelte zum Krebe herum und schoss.
Das Ziel erschimmerte kurz, als es die Energie der Entladung aufnahm, und dann löste es sich in einer Plasmaflamme auf.
Neelix schlenderte so weiter, als wäre überhaupt nichts geschehen, und näherte sich dem zweiten Ziel. Er erweckte den Anschein, daran vorbeizugehen, doch im letzten
Augenblick drehte er sich um und feuerte auf den dritten Krebe, der etwa zwanzig Meter entfernt war, ihn bemerkt hatte und schießen wollte.
Neelix erwies sich als schneller. Der Strahlblitz traf den Krebe in die Brust und wie der erste Gegner verschwand er in einer Plasmaflamme.
Rasch wandte sich Neelix dem zweiten Angreifer zu, der mit gezückter Waffe auf ihn zulief, und zum dritten Mal betätigte er den Auslöser.
Der Strahler explodierte in seiner Hand.
Neelix schrie. Teile der Waffe flogen durch die Luft und blieben zischend auf dem Boden liegen. Die Hand des Jungen verwandelte sich in eine blutige Masse und in ihr brannte ein Schmerz, der weit über alles hinausging, das er bisher kennen gelernt hatte. Er starrte darauf hinab und Panik erfasste ihn.
Drohte ihm der Tod? Er brauchte ärztliche Hilfe. Aber wie sollte er den Wald durchqueren, wenn solche Pein in ihm wütete? Wahrscheinlich musste die Hand amputiert werden.
Übelkeit stieg in ihm empor und ihm wurde schwindelig.
Vage war er sich der beiden zerstörten Ziele bewusst, während der dritte Krebe noch immer triumphierend am Rand der Lichtung stand und ihn verspottete. Wenn die Gegner echt gewesen wären, hätten sie ihn inzwischen umgebracht. Kälte wogte ihm entgegen, ließ ihn frösteln. Die Welt seiner Phantasie, die bisher ein herrlicher Spielplatz für ihn gewesen war, erschien ihm plötzlich als ein finsterer, feindseliger Ort.
Er versuchte Benommenheit und Schmerz abzustreifen, sehnte sich nach der warmen Umarmung seiner Mutter.
Er musste sich für einige Minuten hinsetzen. Immerhin war er nur ein kleiner Junge und wusste nicht, wie man mit solchen Problemen fertig wurde. Was sollte er jetzt machen? Er zitterte am ganzen Leib und beobachtete, wie aus
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