Schief gewickelt (German Edition)
Einkaufskorb.
Klingeling, klingeling! Oh, Simones Vater.
»Ja, hallo?«
»Hallo Markus, hier ist Heiner. Ich wollte Simone nicht noch mal während der Arbeit stören. Pass auf, Malina und ich, wir sind doch gerade auf dem Weg zu euch. Und jetzt dachten wir uns gerade, damit ihr beiden nicht noch zusätzlich Mühe habt, laden wir euch einfach wieder in das schöne schweizerische Restaurant ein, wo wir letztes Mal waren.«
»Ins Nola? Oh, aber das ist doch nicht nötig.«
»Doch, doch. Oder seid ihr enttäuscht, wenn wir nicht zu euch kommen?«
»Och, na ja, ist schon okay. Ich glaube, du hast mich überredet. Und Simone ist sicher auch begeistert.«
»Dann treffen wir uns um sieben einfach da? Dann wirds auch nicht so spät für Daniel.«
»Abgemacht. Bis dann, und gute Fahrt noch.«
»Bis dann.«
Bingo. Ich brauche kein Schmeckerchen mehr. Jetzt muss ich nur noch den ultimativen Helm für das Rennen morgen finden und der Tag war ein guter.
Wichtig ist ja, dass man bei solchen Sachen nicht verkrampft. Einfach an alles Mögliche denken, nur nicht an Helme. Und plötzlich kommt der ideale Helm angeschwebt. Ich glaube an so was.
Ah, hier, die Zeitschriften. Neue Woche, neue Scarlett-Johansson-Cover. Schon bin ich weg von den Helmen. Heute ist sie sogar in der lokalen Boulevardpresse auf Seite eins. Was steckt da dahinter? Neuer Liebhaber? Mal lesen.
Nein.
Sie kommt nach Berlin. Übermorgen.
Ich glaube, ich sollte das besser gar nicht wissen. Jetzt habe ich schon zwei Sachen, an die ich nicht denken will. Helm und Scarlett. Irgendwie ist es wirklich verdammt schwer, gleichzeitig an zwei Sachen nicht zu denken. Während ich den Wagen zur Kasse schiebe, muss ich miterleben, wie sich mein Bewusstseinsstrom verselbständigt und beginnt, wild zwischen den verbotenen Ufern hin und her zu schwappen.
Scarlett Johansson kommt nach Berlin.
Ich brauch dringend einen originellen Helm.
Scarlett Johansson kommt nach Berlin.
Ich brauch dringend einen originellen Helm.
Scarlett Johansson kommt nach Berlin.
Ich brauch dringend einen originellen Helm.
Als letzte Rettung wecke ich Daniel auf. Durst, Windel voll, Fuß eingeschlafen und überhaupt erst mal großes allgemeines Aufwachjammern. Bestens. Auf ihn ist wirklich Verlass. Über den hereinbrechenden Betüdelungsaufgaben verschwinden die verbotenen Gedankenufer in weiter Ferne, und ich strecke ihnen noch einmal kräftig die Zunge heraus. Ab nach Hause.
*
»Oh, so viele Überraschungseier?«
»Ja, äh, weil heute dein Glückstag ist.«
»Ich will mal überraschen, was da drin ist.«
»Nur zu.«
Fünf Minuten später geht es uns nicht mehr so gut. Daniel hat Bauchweh, und ich schaue wütend auf die Ausbeute. Sechs Eier und nur ein Waldwatz dabei. Und ausgerechnet Blätterbeppo. Den haben wir schon. Ich reibe Daniel den Bauch. Schon Wahnsinn, was eine Familie alles auf sich nehmen muss, um so ein Studium zu finanzieren.
»Das wird schon wieder, Daniel. Was willst du denn jetzt am liebsten machen?«
»Ballett gucken.«
» Schwanensee , Nussknacker oder Dorn …«
»Ich will wieder den modernen Ballett gucken.«
War ja klar. Aber gut. Wenns gegen die Bauchschmerzen hilft.
»Ich mach dann solange die Küche sauber, okay?«
»Okeh.«
Ich setze das Video in Gang. Bevor ich in die Küche gehe, rufe ich noch Simone an und gebe Bescheid, dass wir uns mit den Eltern im Nola treffen. Dann schnell die Ärmel hochgekrempelt. Ich habe Routine. Nach einer Viertelstunde glänzt alles, als wäre hier nie ein Kleinkind gewesen. Nur noch den Müll runterbringen. Manno. Spärliche drei Mal am Tag benutze ich das Treppenhaus, und trotzdem treffe ich dauernd Herrn Baumer. Diesmal allerdings mit einer mir bis dato unbekannten Baumer-Kleidungsvariante: eine von frischen Betonspritzern besprenkelte Bauarbeiterlatzhose.
»Hallo, L…udger. Heute mal in Arbeitsmontur?«
»Hallo, Markus. Tja, hm, musste hier und da ’n bisschen was ausbessern, aber tschuldigung, muss jetzt ganz schnell weiter, Arbeit ruft.«
Ich würde ja viel drum geben, wenn jedes Baumergespräch so zackig verlaufen würde, aber das riesige Fragezeichen über meinem Kopf stört mich jetzt schon irgendwie. Was, bitte schön, muss Herr Baumer mit Beton ausbessern? Eine Delle im Auto wohl kaum. Aber was kann es sonst gewesen sein? Egal. Ich hab andere Sorgen, denke ich mir, während ich unsere Wohnungstür aufmache.
Helm, Helm, Helm. Irgendwie kommt da nichts mehr. Ich muss was tun.
»Papaaaa, Papaaaa, die
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