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Schief gewickelt (German Edition)

Schief gewickelt (German Edition)

Titel: Schief gewickelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Fischstäbchen. Ich bin gerettet. Wenige Minuten später sitzen wir an seinem Küchentisch, und ich schiebe Daniel einen Fischstäbchenhaps nach dem anderen in den Mund.
    »Gesunden Appetit hat der Kleine, was?«
    »Sein bisheriger Rekord liegt bei fünf.«
    »Das geht ja richtig ins Geld. Sag mal, warum wollte er denn vorhin unbedingt die Mau…?«
    »Könntest du dies Wort bitte nicht mehr benutzen, solange wir hier sind? Sag einfach Jägerzaun stattdessen.«
    »Mannomann, ich werde mir das wirklich noch mal gut überlegen, ob ich eines Tages auch so einen Kleinen will. Hat der eigentlich auch irgendwelche Vorteile?«
    »Aber ja. Du wirst es nicht glauben, aber seit gestern kann er Bescheid sagen, wenn er aufs Klo muss.«
    »Aha.«
    »Verstehst du nicht? Er braucht keine Windel mehr.«
    »Verstehe. Ist ja fantastisch.«
    Jede Spielplatzmama versteht mich besser als mein alter Fußballkumpel. Traurig ist das.
    Nachdem Daniel fertig ist, sage ich Andi tschüss. Daniel schläft schon ein, während ich noch dabei bin, ihn in den Kinderwagen zu setzen. Schön. Dann werde ich mich jetzt in eins der vielen netten Cafés setzen und die Beine von mir strecken. Ich habs mir redlich verdient.
    Erst mal die Veteranenstraße hoch. Wow. Die Leute in den Cafés drehen sich nach mir um. Na ja, ich war ja auch immerhin der Zweitschnellste gestern. Und vor allem: schneller als Becker. Aber ich will hier nicht sitzen. Diese plötzliche Prominenz. Da kann ich noch nicht so richtig mit umgehn. Lieber irgendwo am Zionskirchplatz …
    Arrgh. Da sitzt Becker. Ganz allein. Und er hat mich gesehen. Nichts zu machen. Muss der nicht arbeiten? Mal gucken, vielleicht komm ich mit Hallosagen davon. Aber wie sieht er denn aus? Und die Flasche Riesling auf seinem Tisch? Hat der die etwa alleine fast leer getrunken?
    »Markus, setz dich zu mir.«
    »Alles klar bei dir?«
    »Ha! Nichts ist klar. Hier, nimm dir ’n Glas.«
    Es ist elend heiß, und die Weißweinflasche ist so gut gekühlt, dass sie außen beschlägt. Zu diesem Angebot kann man schwer nein sagen.
    Die meisten meiner Freunde fallen ja in die Alkohollöst-die-Zunge-Kategorie. Aber Becker ist die große Ausnahme. Je mehr Oktan er im Kanister hat, umso mehr schweigt er. Eigentlich sehr angenehm. Nur wüsste ich jetzt zu gerne, was er da eben gemeint hat, von wegen nichts ist klar. Ich muss mich sehr überwinden, aber nachdem die ersten Rieslingatome in meinem Hirn angekommen sind, frage ich ihn.
    »Und nichts ist klar, oder was?«
    »Gar nichts.«
    »Lass mich raten, Fritz-Bertram …«
    Mir bleiben die Worte im Hals stecken. Becker sieht mich so an, wie er mich noch nie angesehen hat. Wie ein Abenteurer, der nach vielen Jahren Reisen nach Hause kommt und hört, dass seine Mutter inzwischen gestorben ist. Es ist wahrscheinlich das erste Mal, dass ich sein Gesicht ganz nah vor mir habe und nicht am liebsten sofort reinschlagen würde. Er spricht leise und ernst, obwohl man seine Fahne wahrscheinlich noch unten in Taebs Bistro riechen kann.
    »Also: Fritz-Bertram schläft nicht durch. Ich wollte dich damit bloß ärgern.«
    Oho.
    »Genau gesagt, Fritz-Bertram schläft nachts eigentlich gar nicht nennenswert.«
    Dafür hat Becker sich bis jetzt aber gut gehalten.
    »Mal ganz ehrlich, Markus, ist das nicht eine Scheißwelt, in der wir leben?«
    Och nee, Becker. Fang nicht an zu langweilen. Erzähl doch lieber weiter. Dein Riesling ist übrigens großartig. Ich weiß zwar, dass man seinen Sommerdurst nicht ausschließlich mit Wein löschen soll und ganz besonders nicht in der Mittagshitze, aber wenn es jemals in meinem Leben einen Zeitpunkt gegeben hat, sich zu betrinken, dann jetzt.
    Becker schweigt beharrlich. Wartet drauf, dass ich ihn frage, warum das eine Scheißwelt ist. Mach ich aber nicht. Nach und nach rückt er dann doch von selbst raus mit der Sprache: Seine Freundin Pamela hat einen neuen Job und verlangt von ihm, dass sie sich jetzt die Nachtarbeit mit Fritz-Bertram teilen, die sie vorher alleine gemacht hat.
    Eigentlich brauchte er nur fünf Sätze, um mir das zu sagen, aber bis er die ausgesprochen hat, sind wir schon bei der zweiten Flasche Riesling. Obwohl ich schon ziemlich im Egal-Nebel schwimme, frage ich mich, warum er sich deswegen so gehenlässt.
    Dann kommt der zweite Teil der Geschichte. Becker hat bei den Sieben Zwergen gesagt, dass er das nächste halbe Jahr aus familiären Gründen weniger arbeiten will, dann haben sie ihn wochenlang gemobbt, und heute hat er

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