Schief gewickelt (German Edition)
keine Tischdecke auf dem Küchentisch und Fliesen auf dem Fußboden.
Festplatte:
Zentraler Bestandteil eines Computers. Speichert Daten und spuckt sie auf Befehl wieder aus. Festplatten leisten unglaubliche Dinge, dafür sind sie aber auch sehr empfindlich. Zum Beispiel gehen sie sofort kaputt, wenn man sie mit Flüssigkeit übergießt. Dabei ist es völlig egal, ob es Salzsäure oder Kakao ist.
Backup:
Sammlung von Sicherheitskopien, die man von wichtigen Dateien anlegt, damit man, wenn eine Originaldatei verlorengeht, lachend ein gleichwertiges Duplikat aus dem Ärmel hervorholen kann. Interessant ist, dass Leute, die Backups anlegen, immer hässlich und unkreativ sind und dicke Brillen tragen. Schöne und begehrenswerte Menschen legen dagegen niemals Backups an.
Helene Wendenstein:
Rechte Hand von Dr. Bredenau von Golden Globe Venture Capital. Reagiert auf telefonisch erteilte Auskünfte wie »mein Laptop wurde soeben auf offener Straße von vier bewaffneten Männern mit Anzügen, Sonnenbrillen und amerikanischem Akzent geraubt, mich wollten sie auch kidnappen, aber ich bin ihnen entkommen« ausgesprochen kurzatmig.
Nein, ich möchte nicht mehr dazu sagen.
*
Ich habe meine schlimmen Shorts an. Meine schlimmen Shorts sind dunkelblau und haben viele, viele Taschen. Man könnte sogar sagen, die Hosenbeine bestehen ausschließlich aus Taschen. Große Taschen, mittlere Taschen, kleine Taschen, Taschen mit Reißverschlüssen, Taschen mit Klettverschlüssen, Taschen mit Druckknöpfen, für Handys, für Nagelscheren, für Steckschlüsselsätze. Wenn es nur um den Stauraum ginge, könnten es meine schlimmen Shorts sogar mit meiner Papatasche aufnehmen, aber ihnen fehlt natürlich die lässige Eleganz.
Normalerweise gehe ich nie in Shorts durch die Stadt. Eine Ausnahme mache ich gerade mal, wenn es über dreißig Grad heiß ist und ich sicher bin, dass ich den ganzen Tag niemanden treffen werde, den ich schätze. Und selbst dann entscheide ich mich nie für meine schlimmen Shorts, sondern wähle aus zwei anderen Modellen aus, die man, abgesehen davon, dass es Shorts sind, als halbwegs akzeptable Kleidungsstücke bezeichnen könnte. Meine schlimmen Shorts ziehe ich nur im Strandurlaub an, und auch dann erst ab dem dritten Tag, wenn Salzwasser und Rotwein meine Prinzipien weichgespült haben.
Simone versichert mir zwar Jahr für Jahr, dass meine schlimmen Shorts gar nicht so schlimm sind und dass ich sie von ihr aus ruhig öfter tragen kann, aber ich bin sicher, dass sie dabei irgendwas im Schilde führt, was weiß ich, vielleicht mich heimlich filmen und das Ganze bei irgendeiner Die-lustigsten-Videos-der-Welt-Sendung einschicken. Nein, nicht mit mir. Die schlimmen Shorts bleiben im Schrank. Da bin ich eisern.
Normalerweise.
Nach dem Laptop-Knockout von heute morgen war mir aber alles wurscht. So wurscht, dass ich einfach mal meine schlimmen Shorts angezogen habe. Es ist elend heiß, ich trotte ziellos mit dem Kinderwagen durch den Prenzlauer Berg und bin müde und deprimiert. Die Papatasche ist zu Hause geblieben. Ich habe die wichtigsten Sachen herausgenommen und in den schlimmen Shorts verstaut, die mit ausgebeulten Taschen wahrscheinlich noch einen Tick dämlicher aussehen, als sie es ohnehin tun.
Keine Ahnung. Vielleicht will ich mich bestrafen. Und weil ich gerade keine von diesen praktischen Eselsmützen zur Hand hatte, die Tick, Trick und Track immer in der Schule tragen mussten, habe ich eben die schlimmen Shorts genommen. Vielleicht will ich so auch meiner Umwelt signalisieren, dass ich unglücklich bin und Trost brauche. Ich weiß es nicht.
Fakt ist, dass ein halber Becher Kakao ausgereicht hat, um feelgoood.com sterben zu lassen. Die Menschen werden weiter ihren unkontrollierten Emotionen ausgeliefert sein, und unser Lamborghini Miura ist innerhalb einer halben Sekunde von Greifnähe in interstellare Entfernungen katapultiert worden.
Ich kann Daniel nicht böse sein, weil er schon wieder das Lied vom kleinen Has singt. Aber selbst wenn, was hätte ich tun sollen? Ihm meine schlimmen Shorts anziehen?
Apropos, eins muss ich ja sagen. Ich habe schon fast vergessen, wie angenehm es sich ohne Umhängetasche läuft. Vielleicht sollte ich doch öfter meine schlimmen Shorts anziehen? Ich habe keine Band mehr und werde auch keine börsennotierte Internetfirma führen. Ich bin einfach nur ein Papa mit Kinderwagen. Ich meine, hey, mal ganz ehrlich, wie viele Leute auf der Oderberger Straße interessiert es,
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