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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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verwässerten Schrott. Besser, sie zahlten und machten mit, bevor ein Laden um die Ecke ihren Anteil bekam. Erkannten die Leute, die das Land führten, denn nicht, dass sie mit der Verabschiedung dieser dummen Gesetze geschmuggelten Alkohol in flüssiges Gold für die Banden von New York verwandelten?
    Die Razzia kam eines Abends, als sie den Laden schlossen und gerade zu ein paar Lieferungen aufbrechen wollten. Der Laden wimmelte von blauen Uniformen, die nach Flaschen suchten, während Salvi seine Melonen vorsichtig in Stroh bettete. »Bitte, schauen Sie sich nur um, aber stoßen Sie nicht an meine Früchte hier.« Er zwinkerte.
    Zwei Polizisten durchwühlten den Keller, übergingen die Schläuche, die zusammen mit Müll in Säcken verborgen waren und wie unschuldiger Abfall aussahen, der auf die Müllabfuhr wartete.
    »Was ist in den Fässern?«, fragte ein Cop grinsend, denn er wusste, dass er auf Gold gestoßen war.
    »Bloß Obstessig«, erwiderte Angelo, der spürte, dass das Spiel verloren war. »Wir brauen ihn für Salatsoße.«
    »Das riecht aber nicht wie Essig«, sagte der Cop. »Machen Sie es auf.«
    Angelo fiel das Herz in die Hose. Sie waren auf frischer Tat ertappt worden, daher reichte er dem Mann einen Zinnbecher und drehte den Zapfhahn auf. Seine ganze Arbeit würde durch den Abfluss gespült werden.
    Der Polizist nippte an dem Getränk und spuckte es aus. »Höllenfeuer, ist das Zeug stark. Sie haben mich nicht auf den Arm genommen. Wie ihr so etwas auf euren Tomaten verdauen könnt, ist mir ein Rätsel. Das ist nichts für Menschen, aber jedem das Seine.« Er warf den Becher hin, ging die Treppe hinauf und ließ Angelo stehen, der auf sein Missgeschick starrte. Der ganze Wein zu Essig geworden, reif für den Ausguss. Auf einmal musste er lachen: Sein ausgeklügelter, schöner Plan war einfach Essig!

65
    May hatte das Gefühl, ganz unten angekommen zu sein, und langsam, nachdem sie Ella zum ersten Mal durch das Fenster gesehen hatte, wieder aus ihrer tiefen Depression emporzuklettern. Jeden Morgen suchte sie den Arbeitsraum auf, in dem sie einfache Fadenarbeit lernte. Noch immer tauchte der Rollwagen mit Medikamenten auf, und sie öffnete den Mund wie ein Kind, das eine Dosis Lebertran und Sirup verabreicht bekommt. Wenn sie die Tabletten schluckte, würde ihre Entlassung vielleicht vorangetrieben. Manchmal, wenn sie an den Klöppeln herumspielte und sich auf die verdrehten, verschlungenen Linien auf dem Musterbrief und die Stecknadeln konzentrierte, stellte sie fest, dass es ihr Freude bereitete, wenn ihre schlichte Spitze wuchs. Wenn sie durch die Gärten ging, waren ihre Füße zuweilen nicht so schwer, und die frische Luft prickelte auf ihren Wangen. Sie begann wieder zu fühlen, und mit den kleinen Freuden kam der Schmerz über ihre Verluste, das Leid in ihrem Herzen, das nie aufhören würde. Joe und Ellen waren tot, doch die Sorge um das Kind im Fenster, das ihr Bilder geschenkt hatte, das auf eigene Faust gekommen war, um sie zu sehen, beschleunigte ihre Forschritte. Eines Nachts wurde ihr klar, dass sie etwas richtig gemacht haben musste, um solche Liebe zu verdienen, auch wenn sie eine falsche Mutter war.
    Farben nahm sie wieder wahr, das frische Grün der Blätter, Blüten, die roten Backsteine, die in der Sonne leuchteten. Die Wolke aus Verwirrung und Müdigkeit lastete nicht mehr auf ihrer Stirn, und sie wusste, es gab Hoffnung, aber sie musste ihre Zunge im Zaum halten, wenn sie jemals wieder den Weg nach Hause finden sollte.
    »Warum bleiben Sie bei ihrer Behauptung, Ella sei nicht Ihr Kind?«, fragte Dr. Spence und suchte in ihrem Gesicht nach einer Erklärung. Die Wahrheit zurückzuhalten, fiel ihr schwer, aber sie wusste sehr wohl, dass das, was sie auf dem Rettungsboot getan hatte, kriminell war, und das würde Gefängnis bedeuten. Was mit ihr geschah, spielte keine Rolle, aber Ella durfte jetzt nicht darunter leiden. Besser, sie schluckte ihre Worte hinunter, hielt die Wahrheit zurück, ganz gleich, welchen Preis sie selbst dafür zahlen musste.
    »Ich schaue sie an und erkenne mich selbst nicht in ihr«, antwortete sie vorsichtig. »Ich wusste nicht, was ich sagte.«
    »Können Sie mehr sagen?«, hakte Dr. Spence nach und beugte sich vor.
    »Wenn ich sie vor mir habe, sehe ich ihren Vater, wie er ertrank. Ich sehe ihn. Ich konnte nicht nah genug bei ihm bleiben. Es war so kalt, das Wasser, Eis, Trümmerstücke … Wir waren auf dem Schiff unterwegs in ein neues Leben, wir

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