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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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mit Roddy zanke, wer Selwyns alte Pferde, Bentley und Whiston, reiten dürfe. Wie Selwyn dann aus der Scheune komme, sie verscheuche und ihnen sage, die Pferde seien pensioniert und niemand dürfe sie jetzt reiten.
    Sie plapperte munter weiter, und May nahm alles erfreut auf. Sie ist noch meine Ella, dachte sie, und ich bin noch ihre Mutter.
    Doch dann folgten erschütternde Neuigkeiten. »In unseren Zimmern wohnt jetzt jemand anders. Ich musste alles zusammenpacken. Es ist jetzt hier im Obergeschoss. Wo werden wir unterkommen?«
    Hatte Celeste sie auf diesen Umzug vorbereitet? Sie musste ihr etwas gesagt haben, aber ihr Gedächtnis war wie ein Sieb. Panik überkam sie, als sie wieder zurückgingen, um Tee zu trinken.
    Das Essen war nicht leicht. May schmeckte nicht viel, gab sich aber die größte Mühe, Dankbarkeit zu zeigen. Ella saß am Tisch und redete unentwegt, während sie Kuchenstücke auf ihren Teller schob. Selwyn hielt sich von ihnen fern. May beobachtete die Zeiger der Uhr, die sich auf die Zeit zu bewegten, an der sie wieder gehen musste, doch zu ihrer Überraschung machte sie sich nur widerwillig auf den Weg zu Mantel und Hut.
    »Was hältst du vom Garten?«, fragte Celeste. »Ich war nie sehr gut mit dem ganzen Grünzeug. Ich piesacke Selwyn schon die ganze Zeit, aber der ist noch schlimmer als ich.«
    »Dann musst du eine Stellenanzeige für einen Gärtner aufgeben«, schlug May vor. »Das Grundstück ist groß.«
    »Ich dachte, wenn du mir zur Hand gehst und mir zeigst, wie man was macht …«
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Ich werde mir selbst Arbeit suchen müssen, wenn ich wieder …« Sie verstummte.
    »Das meinte ich doch, May. Hier ist genug Platz für uns alle. Ella hat sich eingelebt. Könntest du dir vorstellen, hier einzuziehen und mir in Haus und Garten zu helfen?«
    May überlief ein Prickeln. »Du hast genug getan und du kannst nicht wollen, dass ich dir wie der Albatross in dem Coleridge-Gedicht um den Hals hänge. Das ist nett gemeint, aber ich glaube, ich sollte auf eigenen Füßen stehen.«
    »Warum? Was ist denn falsch daran, hier zu wohnen und deine Füße auf Pfade zu setzen, die du schon kennst? Wir halten das für eine gute Idee, nicht wahr, Ella?«
    »Also habt ihr das hinter meinem Rücken ausgeheckt? Darf ich denn nicht mitreden, wenn es darum geht, wie ich meine Tochter großziehe? Wie ich sehe, hat sie sich häuslich niedergelassen.« May stand auf, um zu gehen. »Wird Zeit, dass ich aufbreche.«
    »May, ich wollte dich nicht kränken. Ich dachte nur, es wäre gut für uns alle, wenn wir ein wenig Zeit miteinander verbringen und die Kinder Gesellschaft haben. Bitte, reg dich nicht auf.«
    May sah Celeste an, dass ihre barschen Worte sie erschüttert hatten. Sie schob Ella in die Diele hinaus und schloss die Tür hinter ihr.
    »Nur weil ich im Irrenhaus war, heißt das noch lange nicht, dass ich keinen Stolz habe.«
    »Nur weil du krank warst, heißt das noch lange nicht, dass du mein Angebot in den Wind schlagen kannst, ohne es dir gründlich überlegt zu haben.« Celeste fasste nach Mays Hand. »Du bist meine Freundin, verstehst du? Du hast mir einmal gesagt, du seist eine Einzelgängerin. Ich weiß, wie du mit Florrie und den anderen am Kolleg gekämpft hast. Wir beide wissen viel voneinander. Mir ist klargeworden, Ella weiß nicht, dass sie auf der
Titanic
war. Ob man daraus allerdings so ein Geheimnis machen muss, ist deine Sache.«
    May seufzte leise. »Nein, Celeste, du weißt alles über mich, aber ich nichts über dich, nur dass du deinem Mann weggelaufen bist. Sich Freunden mitzuteilen, muss auf Gegenseitigkeit beruhen.«
    »Dann ist es vielleicht an der Zeit, dass ich dir sage, was ich Selwyn erzählt habe.« Celeste holte tief Luft und schwieg einen Moment, bis sie mit leiser Stimme sagte: »Ich bin fortgerannt, weil mein Ehemann ein Tyrann war. An dem Abend, als ich von New York nach Hause kam, fünf Tage nach dem Untergang der
Titanic
, hat er mich grün und blau geschlagen, und noch mehr. Wir alle haben unsere Probleme, May. Nicht alle führen eine glückliche Ehe, so wie du mit Joe, so kurz sie auch war. Du bist nicht die Einzige, die Geheimnisse hütet.«
    Sie starrten sich an und stellten dann fest, dass sie beide weinten und sich aneinander festhielten, als ginge es um Leben und Tod. »Du hast mir geholfen, zu fliehen, May. Ich werde dir mein Leben lang verpflichtet sein. Also steig von deinem hohen Ross und komm mir halbwegs entgegen. Komm schon,

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