Schiffsdiebe
unsere Miss Nita aufgespürt haben.«
Nailer wusste nicht, ob Candless ihn nur vertröstete oder ob er auf höfliche Weise nein sagte. Er hätte gerne nachgehakt, hatte aber keine Ahnung, wie er das anstellen sollte, ohne den Kapitän zu verärgern. » Glauben Sie wirklich, dass wir Nita finden und sie retten können?«, fragte er stattdessen.
» Ich hab da noch ein paar Tricks auf Lager, erwiderte Candless. » Falls Mr. Marn noch immer Kapitän der Ray ist, haben wir leichtes Spiel.« Er lächelte, wurde aber gleich wieder ernst. » Aber wenn wir es mit Ms. Chavez zu tun bekommen, dann wird es hart. Sie versteht ihr Handwerk, und ihre Leute sind nicht zimperlich. Da steht uns dann ein Gemetzel bevor.«
» Auf jeden Fall wird es nicht die Pole Star sein«, beharrte Reynolds.
» Haben beide Schiffe Halbmenschen an Bord?«, wollte Nailer wissen.
» Ein paar«, antwortete der Kapitän. » Aber auf der Pole Star besteht fast die halbe Mannschaft aus Konstrukten.«
» Konstrukte?«
» Das, was du Halbmenschen nennst. Konstruierte Wesen.«
» So wie Tool.«
» Der ist eine komische Kreatur. Ich habe noch nie von einer Bergungsfirma gehört, die sich solche Kampfmaschinen zulegt.«
» Er hat nicht für Lawson & Carlson gearbeitet. Er hat sich alleine durchgeschlagen.«
Der Kapitän schüttelte den Kopf. » Unmöglich. Konstrukte sind nicht wie wir. Sie dienen einem einzigen Herrn. Und wenn sie ihn verlieren, sterben sie.«
» Werden sie dann getötet?«
» Gütiger Himmel, nein!« Er lachte. » Sie siechen dahin. Ohne ihren Herrn können sie nicht leben. Das haben die irgendwie mit Hilfe von Hundegenen so hingekriegt.«
» Tool hatte keinen Herrn.«
Der Kapitän nickte, aber Nailer sah ihm an, dass er ihm nicht glaubte. Also ließ er das Thema fallen. Er wollte nicht, dass der Kapitän ihn für verrückt hielt.
Aber er machte sich schon seine Gedanken über Tool. Jeder, der mit den Halbmenschen und ihren Erbanlagen vertraut war, erklärte, dass es ihn eigentlich gar nicht geben durfte. Unabhängige Halbmenschen seien eine Unmöglichkeit. Und doch hatte Tool keinen Herrn. Er hatte für Lucky Strike gearbeitet, für Richard Lopez und Pimas Mutter, er hatte ihm und Nita geholfen, und trotzdem war er seiner Wege gegangen, wie es ihm passte. Nailer fragte sich, was Tool wohl im Moment machte.
Nailer wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Kapitän Candless eine Pistole zog. » Das hätte ich fast vergessen«, sagte er und reichte sie Nailer. » Das hatte ich dir doch versprochen. Die brauchst du, wenn wir unser Schiff finden. Du wirst damit üben müssen. Cat drillt die Mannschaft, und du wirst dich ihnen anschließen. Enterkommandos und dergleichen.«
Nailer wog die leichte Pistole in der Hand. Sie unterschied sich grundlegend von den Waffen, die er kannte. » Die wiegt ja fast gar nichts.«
Der Kapitän lachte. » Damit kannst du sogar schwimmen. Sie zieht dich nicht nach unten. Sie ist mit Rotationsprojektilen geladen. Die durchbohren einen Menschen nicht so sehr aufgrund ihres Gewichts, sondern wegen dem ultraschnellen Drall aus dem Pistolenlauf. Du hast dreißig Schuss.« Er reichte Nailer ein Kampfmesser. » Kannst du damit umgehen?« Er deutete auf die verletzlichen Bereiche des Körpers. » Versuch nicht, gleich einen tödlichen Treffer zu landen. Halte dich geduckt und versuch den Bauch zu erwischen, die Knie, die Kniekehlen. Und wenn dein Gegner am Boden liegt …«
» Schneide ich ihm die Kehle durch.«
» Braver Junge! Bist ja nicht zimperlich, was?«
Nailer zuckte mit den Achseln – er musste daran denken, wie ihm das Blut von Blue Eyes über die Hände geflossen war. » Mein Vater kann ziemlich gut mit einem Messer umgehen«, sagte er und versuchte, die Erinnerung zu verdrängen. » Wann, meinen Sie, ist es so weit?«
» Wir werden uns hier im Golf halten. Uns entgeht nichts, was sich uns auf fünfzehn Meilen nährt. Wir schauen uns jedes Schiff genau an und überlegen uns, ob wir freundlich bleiben oder die Jagd aufnehmen.« Er zuckte mit den Achseln. » Wir wissen nicht, was sie vorhaben. Vielleicht halten sie sich eine Weile im Süden versteckt, um abzuwarten, ob die Auseinandersetzungen in der Vorstandsetage etwas ergeben. Aber eigentlich würde mich das wundern. Ich glaube eher, dass sie möglichst bald in den Norden hinauf wollen, um mit Pyce Kontakt aufzunehmen.«
Der Kapitän wandte sich um und schritt zur Kommandobrücke hinüber. Im Gehen sagte er zu Nailer: » Übe damit, mein
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