Schiffsmeldungen
Quoyle erschauerte beim Lesen.
Sie wissen nicht, wo Sie schnell was futtern können? Es gibt Schlimmeres als Grudge’s Cod Hop. Die Inneneinrichtung besteht aus Buchten mit einem großen Fenster nach vorne raus. Da kann man die Lkws auf der Autobahn beobachten! Was wir auch taten. Wir bestellten den Fischstreifenteller, zu dem drei gebackene Fischstreifen, Krautsalat und eine großzügige Portion Pommes frites gehörten. Das zum Preis von $ 5,70. Getränke gingen extra. Zu dem Fischteller sollten auch Brötchen gehören, wir bekamen aber statt dessen Brotscheiben. Die Fischstreifen waren sehr knusprig und gut. Sie haben die Wahl zwischen einem Tütchen mit Zitronensaft oder Tatarsauce. Wir nahmen beide Tatarsauce. Es wird auch über die Theke verkauft.
Billy Prettys Arbeit, die »Heim und Herd«-Seite, ein Mischmasch aus Gedichten, Babyfotos, Mustern für selbstgeknüpfte Teppiche zum Bestellen. Immer ein Beitrag in einem Kasten wie man Vogelhäuschen aus Blechbüchsen macht, Axtblätter aus Pappe, Bratenheber aus alten Küchengabeln. Rezepte für selbstgebackene Brotfladen, gebratene Sturmtaucher, Hundsbeerwein und Erbsen mit Milz.
Aber was man unbedingt zuerst lesen mußte, dachte Quoyle, das war »Geschnetzeltes«, ein Sturzbach aus beinahe verleumderischem Klatsch. Der Verfasser verstrickte Polizei- und Gerichtsmeldungen, Auszüge aus Briefen ferner Verwandter, ungehobelte Hinweise auf grobe Kerle, die »Urlaub hinter schwedischen Gardinen« machten. Die Rubrik übertraf jede Klatschspalte, die Quoyle jemals gelesen hatte. Gezeichnet war sie mit Junior Sugg.
Der Postbote ist also für 45 Tage ins Gefängnis gewandert, weil er die Post ins Hafenbecken von Killick-Claw warf. Er habe zuviel Post auszutragen, meinte er, und wenn die Leute sie haben wollten, könnten sie sie sich ja selber holen. Schwimmer sind dabei vermutlich im Vorteil. Letzten Dienstag wurde die arme Mrs. Tudge von einem Touristen mit einer Luxuskarosse angefahren. Sie liegt im Krankenhaus, und es geht ihr nicht besonders gut. Dem Wagen des Touristen soll es auch nicht besonders gut gehen. Und die Distriktpolizei untersucht einen Brandfall, bei dem früh-morgens auf Shebeen Island die Fischfabrik Pinhole Seafood niederbrannte; sie könnte ja vielleicht einmal bei einem bestimmten Kerl in einer bestimmten Bucht der Insel nachfragen. Ein Unglücksfall mit einem Motorschlitten kostete den 78jährigen Rick Puff das Leben. Mr. Puff war gerade auf dem Heimweg von einem – wie Mrs. Puff es nannte – »Gröl- und Zechgelage«, als sein Gefährt durchs Eis krachte. Mr. Puff war ein bekannter Akkordeonspieler, der sogar einmal von einem Universitätsteam gefilmt wurde. In den siebziger Jahren saß er vier Jahre wegen sexueller Belästigung seiner Töchter. Die weinen ihm bestimmt keine Träne nach. Gute Nachrichten! Der Hund von Kevin Mercy mit dem Spitznamen »Beißer« wurde letzte Woche bei einer Lawine am Chinese-Hill verschüttet. Und was lesen wir da in den Zeitungen aus Übersee? Entführer sollen der Familie eines sizilianischen Geschäftsmanns, den sie als
Geisel festhalten, dessen linkes Ohr mit der Post geschickt haben. Also, wie die Leute im Ausland leben, da muß man sich schon wundern!
Die Meinungsseite troff nur so von Schmähartikeln auf die Provinzpolitik. Mit deftigen Beiwörtern gespickte Ergüsse. Der Gammy Bird war ein harter Brocken. Sah dem Leben geradewegs ins verschlagene, blutunterlaufene Auge. Eine nicht unterzukriegende kleine Zeitung. So daß Quoyle ein mulmiges Gefühl bekam, als würde er auf einem Spielplatz stehen und anderen beim Spielen zusehen, deren Regeln er nicht kannte. In nichts zu vergleichen mit dem Record. Solches Zeug konnte er nicht schreiben.
An seinem zweiten Montagmorgen stand die Tür zu Jack Buggits Büro weit offen. Drinnen saß Buggit höchstpersönlich, eine Zigarette hinter dem Ohr, auf seinem Holzstuhl zurück-gelehnt, und machte am Telefon »Hmm«. Mit zwei Kreisbewegungen der rechten Hand winkte er Quoyle zu sich herein.
Quoyle auf einem Stuhl, dessen Sitz vorne zersplittert war und ihm in die Oberschenkel schnitt. Die Hand am Kinn. Hinter der Trennwand konnte er das Gebrabbel von Nutbeems Radio hören, das Klicken der Computertasten, den alten Billy Pretty, wie er sich mit einem kratzenden Federhalter, den er in ein Fäßchen tauchte, Notizen machte.
Jack Buggit sah gar nicht nach einem Zeitungsbesitzer aus. Ein kleiner Mann mit roter Stirn, irgendwo, dachte Quoyle,
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