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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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der Regierung auf. Also geh’ ich zur kanadischen Arbeitsvermittlung in Killick-Claw und sag’: ›Da bin ich. Brauch’ Arbeit. Was haben Sie für mich?‹
    Und die sagen: ›Was können Sie?‹
    ›Tja‹, sag’ ich, ›ich kann fischen. Im Winter hab’ ich im Wald gearbeitet.‹
    ›Nein, nein, nein. Wir wollen keine Fischer. Wir geben Ihnen eine brauchbare Ausbildung.‹ Verstehen Sie, die bringen Industrie hierher. Arbeit für alle. Das erste, wo sie mich reingesteckt haben, war ’ne verdammte Gerberei unten in Go Slow Harbor. Da haben bloß zehn oder fuffzehn Mann gearbeitet, weil die Produktion nich’ auf vollen Touren lief. Und in was sie mich ausgebildet haben, war, so stinkige Häute aus, na woher noch mal, Argentinien oder so, in Tröge zu schmeißen. Das hab’ ich vier Tage lang den ganzen Tag gemacht, dann sind ihnen die Häute ausgegangen und keine neuen mehr gekommen, also haben wir bloß rumgestanden oder den Boden gefegt. Ein paar Monate später ist die Gerberei hops gegangen. Also fahr’ ich wieder heim und fische, solang ich kann. Dann wieder zur kanadischen Arbeitsvermittlung.
    ›Geben Sie mir was‹, sag’ ich. ›Ich brauch ’nen neuen Job.‹
    ›Was können Sie?‹ sagen die.
    ›Ich kann fischen, ich kann Holz fällen, ich kann den ganzen Tag Häute in einen Trog schmeißen, ich kann fegen.‹
    ›Nein, nein, nein. Wir bilden Sie aus. Die Industrialisierung von Neufundland.‹ Sie schickten mich runter nach St. John’s, wo ’ne große neue Fabrik steht, die Industriemaschinen fertigen soll, alle möglichen Maschinen, Futtermühlen, Zerkleinerungsmaschinen für Steine und Erdnüsse, Diamantbohrer, Schleifmaschinen. Das war vielleicht ’n Ding. Groß. Ich hab’ nie was Vergleichbares gesehen. ’ne Fünf-Millionen-Dollar-Fabrik. Aber keiner drin. Ich fahr’ also da runter, besorg’ mir ein Zimmer, teil’s mir mit irgend ’nem alten Stinker, warte. Ich war da unten, halb am Verhungern, hab’ genommen, was ich für ’nen Viertel Dollar pro Tag gekriegt hab’, und drauf gewartet, daß die verfluchte Fabrik aufmacht. Hat das Miststück aber nie. Hat nich’ ein Ding produziert. Also fahr’ ich wieder nach Hause und fische die Saison über. Kommt der Herbst, ich wieder zum Arbeitsamt und sag’: ›’s wird eng. Ich brauch’ einen Job.‹ Zur der Zeit hab’ ich noch dran geglaubt, daß sie was für mich finden, mit der ganzen Industrialisierung und so. ›Tja‹, sagt der Kerl von der Arbeitsvermittlung, ein ganz Aufgeweckter, ›bei jedem Gewerbe gibt’s mal Kummer, Jack. Aber wir schauen uns für Sie um. Wir stecken Sie in die Third Mill drüben in Hyphenville. Da machen Sie Pappdeckeleinbände.‹ In dem Irrenhaus hab’ ich drei Monate lang gearbeitet. Dann wurde es dichtgemacht. Dann haben sie mir erzählt, daß ich mit meiner Erfahrung einen guten Job bei der neuen Ölraffinerie in Bird Wing kriegen könnte oder bei der Kraftwerksanlage in Eden Falls. Die Raffinerie wär’ noch nich’ in Betrieb, sagten sie, also halfen sie mir, den Bewerbungsbogen auszufüllen, der vielleicht drei Kilometer lang war, sagten mir, ich sollte nach Hause gehen und auf den Brief aus Eden Falls warten. Ich warte immer noch. Ja, sie haben sie in Betrieb genommen, aber es gibt bloß ein paar Stellen dort. Also blieb ich zu Hause und fischte, was ich konnte. Magere Zeiten. Meine Frau war krank, wir waren wirklich am hinterletzten Ende. Es war die schlimmste Zeit. Wir hatten unseren Ältesten verloren, wissen Sie. Also geh’ ich wieder hin.
    ›Paßt auf, Jungs, die Zeiten sind hart. Ich brauch’ einen Job.‹ Sie sagten, daß sie genau das Richtige für mich hätten. Hätten es die ganzen Versuchsjahre für mich aufgespart. Und es war’ auch noch gleich auf der anderen Seite der Omaloor Bay, eine Handschuhfabrik! Genau da draußen, Quoyle, genau da draußen bei Ihrem Haus auf der Landspitze. Dort wollten sie Handschuhe fertigen, Lederhandschuhe. Klang, als ob die Regierung das Ding speziell für mich gebaut hätte. Sie sagten, es wär’ ganz klar der Job für mich mit meiner Erfahrung in der Gerberei. Ich wär’ praktisch ein Meister im Lederhandwerk! Ich könnt’ vermutlich ’nen Job als Vorarbeiter kriegen!
    Was war ich nicht froh! Sie haben die Fähre in Betrieb genommen. Am ersten Tag kamen ’ne Menge Leute, um zur Arbeit zu fahren. Also, glauben Sie’s mir, wir fuhren rüber, gingen rein, da standen ’ne Reihe Leute rum, ’ne hübsche Cafeteria, große Tröge aus rostfreiem

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