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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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überschnappender Stimme.
    »Ich hab’ Ihnen doch gerade gesagt, das macht Billy. Dann haben wir Nutbeem. Der schreibt die Auslands- und die Inlandsnachrichten, die nationalen und die aus der Provinz, holt sich seine Meldungen aus dem Radio und schreibt sie um. Berichtet auch über sexuellen Mißbrauch. Damit kann er kaum Schritt halten. Wir bringen jede Woche zwei oder drei Geschichten darüber, eine große auf der Titelseite, die anderen weiter hinten. Er ist auch für Sport zuständig und für Füller, manchmal ein Feature, aber darin sind wir nicht so groß. Er ist erst seit sechs, sieben Monaten bei der Zeitung. Und ich behaupte nich’, daß er vollkommen ist. Er ist sowieso nur vorübergehend da. Hast du das gehört, Nutbeem. «
    »Allerdings«, kam es aus dem Büro draußen.
    »Tert Card vertritt mich, wenn ich nicht da bin, er ist der Chefredakteur und vieles andere auch. Verteilt die Aufgaben, setzt, macht das Rohlayout, bringt die Montage zum Drucker in Misky Bay, macht die Aufkleber und den Postversand, den Vertrieb, schiebt den einen oder anderen Lokalbericht ein, wenn er Zeit hat. Ist schon ’ne ganze Weile dabei. Ich hab’ schon viele Klagen über Tert Card und Druckfehler gehört, aber Druckfehler gehören zum Gammy Bird. Kümmert sich um die Anzeigen. Und Fischergeschichten, davon will ich zuerst was wissen. Ich kenne die Probleme, bin ja immer noch im Fischfang.
    Also, was Sie machen sollen. Sie sollen über Autounfälle in der Gegend berichten, die Geschichte schreiben, Fotos machen. Wir bringen jede Woche auf der Titelseite ein Foto von einem Autounfall, ob es einen gegeben hat oder nicht. Das ist unsere goldene Regel. Ohne Ausnahme. Tert hat ’nen dicken Aktenordner mit Unfallfotos. Wenn wir kein frisches haben, schauen wir im Ordner nach. Aber normalerweise haben wir ein paar gute. Die Horncup-Leute sorgen dafür. Tert zeigt Ihnen, wo die Kamera ist. Den Film geben Sie ihm. Er entwickelt ihn zu Hause.
    Und die ›Schiffsmeldungen‹. Sie besorgen sich die Liste vom Hafenmeister. Welche Schiffe in Killick-Claw einlaufen, welche auslaufen. Es werden jedes Jahr mehr. Ich hab’ da so ’ne Ahnung. Wir werden improvisieren. Sehen Sie, was sich machen läßt.«
    »Wie ich schon am Telefon sagte«, meinte Quoyle, »ich hab’ keine große Erfahrung mit Schiffen.« Autounfälle! Entgeistert angesichts der Wahrscheinlichkeit von Blut und sterbenden Menschen.
    »Na, entweder sagen Sie das Ihren Lesern, oder Sie schuften sich einen ab, um was zu lernen. Boote liegen Ihrer Familie im Blut. Sie machen die Sache. Und springen ein, wo Tert Card es Ihnen sagt.«
    Quoyle lächelte steif, stand auf. Seine Hand lag schon am Türknauf, als Jack Buggit noch etwas sagte.
    »Noch eins. Ich hab’ durchaus Humor, Quoyle, aber ich will nie einen Witz über Neufundland oder Neufundländer hören. Merken Sie sich das. Ich hasse Neufundi-Witze.«
     
    Quoyle kam aus dem Büro. Autounfälle. Starrte die zerfledderten Telefonbücher an.
    »Quoyle!« flüsterte Nutbeem. »Ahoi, Quoyle, Sie werden uns doch nicht losflennen, oder? Sie werden doch nicht in die Staaten zurücklaufen, oder? Wir rechnen mit Ihnen, Quoyle. Wir bauen um Sie herum einen Kult auf, Quoyle.«
    Jack Buggit steckte den Kopf zur Glastür heraus.
    »Billy! Hat Elvis schon seine Welpen?«
    »Ja, hat er. Seit letzter Woche. Drei Stück. Jeder is’ schwarz mit weißen Pfoten.«
    »Gut, ich will einen davon.« Die Tür ging wieder zu.

8
    Ein Slippender Stek
    »An Bord wird der Knoten selten verlangt, aber auf kleinen Booten, speziell offenen Booten, die leicht kentern, benötigt man ihn häufig, um sofort loswerfen zu können. Hier findet man, daß der Slippende Stek unentbehrlich ist.«
     
    DAS ASHLEY-BUCH DER KNOTEN

    »Ich glaube, den Job pack’ ich nicht«, sagte Quoyle. Der im Sea Anchor von Killick-Claw zwei Bier gekippt, eine Tüte ranziges Popcorn verschlungen und sich gefragt hatte, ob er einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war, wie ein Passagier in einem Flugzeug, das kurz aufsteigt, und dann auf die Landebahn kracht.
    Die Tante schaute auf. Sie saß auf dem runden Bett, strickte eine Wolke aus Angora so schnell wie eine Maschine; ihr zu Füßen fläzte Warren, bewegte nur die rot umränderten Augen. Bunny tränenüberströmt auf einem Stuhl mit zerrissenem Polster. Der Stuhl schaute in eine Zimmerecke. Sunshine rannte brüllend zu Quoyle.
    »Daddy, sie hat mich gebissen. Bunny hat mich ins Bein gebissen. « Sie zeigte Quoyle zwei

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