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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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und Moos eine Brücke baute, dann wäre es ein wunderschöner Spazierweg zum Meer hinunter. Ein Teil dieses Orts als sein Eigen.
     
    »Wir dachten schon, die Möwen hätten dich weggetragen.« Der Kaffeegeruch, Kinderradau, die Tante in ihrer gebügelten Bluejeans, das Haar in einem Schal hochgebunden, butterte Toast für Sunshine.
    »Dennis war mit seinem Laster da. Er muß mit seinem Schwiegervater zum Holzfällen. Sagte, weil schlechtes Wetter im Anzug ist, solltest du vielleicht die restlichen Schindeln anbringen. Sagt, länger als einen, anderthalb Tage sollte es nicht dauern. Hat dir seinen Zimmermannsgurt dagelassen. War sich nicht sicher, ob du Werkzeug hast. Sagte, es wären noch ein paar Quadratmeter unter der Plastikplane. Er ist sich nicht sicher, wann er wiederkommen kann. Vielleicht Mittwoch. Schau, was er den Mädchen mitgebracht hat.«
    Auf dem Tisch lagen zwei kleine Hämmer mit handgeschnitzten Griffen. Die Griffe waren am Hals bemalt, einer mit roten Streifen, der andere mit blauen.
    Aber Quoyle spürte, wie eine stinkende schwarze Schwinge ihn unter sich begrub. Er war nie auf einem Dach gewesen, hatte nie eine Schindel gesetzt. Er goß sich eine Tasse Kaffee ein, verschüttete etwas auf die Untertasse, lehnte den Toast aus dem Brot von Dennis’ Frau ab.
    Ging zum Fuß der Leiter, sah hinauf. Ein hohes Haus. Wie hoch, wußte er nicht. Steile Dachschräge. In ganz Neufundland waren die Dächer flach, aber die Quoyles mußten eine hohe Schräge haben.
    Er holte Luft und begann hinaufzusteigen.
    Beim Hochklettern federte und sirrte die Aluminiumleiter. Er kletterte langsam, klammerte sich an den Sprossen fest. An der Traufe schaute er hinunter, um zu sehen, wie schlimm es war. Das Katzengold im Felsen glitzerte grausam. Er ließ seinen Blick zum Dach emporschweifen. Festgeklammerte Teer-pappe. Zur Hälfte neue Schindeln. Über den Schindeln war eine Holzstrebe angenagelt. Sich auf die Strebe hocken und die Schindeln festnageln? Am schlimmsten würde sein, zu der Strebe hochzukommmen. Langsam kletterte er wieder auf den Boden hinunter. Er hörte Sunshine in der Küche lachen, das Klopfen des kleinen Hammers. Süße Erde unter seinen Füßen!
    Aber er schlang sich Dennis’ Zimmermannsgurt um, und beim Klettern war die Tasche schwer von Dachnägeln, schlug ihm der Hammer gegen das Bein. Auf halber Höhe fielen ihm die Schindeln ein. Er stieg wieder hinunter und nahm drei.
    Jetzt kletterte er nur mit einer Hand, umklammerte mit der anderen die Schindeln. Am Ende der Leiter kam ein schlimmer Augenblick für ihn. Die Leiter überragte die Traufe um mehrere Sprossen, und er mußte seitwärts auf das Dach steigen und dann, die tiefe Leere unter sich, hochkrabbeln.
    Unbeholfen hockte er sich auf die Strebe, sah, daß Dennis die Schindeln in Reihen aufsetzte, die er bequem erreichen konnte, dann den Balken an eine neue Stelle versetzte. Die Wipfel der Fichten wirkten wie Flecken im Nebel unten. Er konnte das langsame Rollen des Meeres hören. Ein paar Minuten lang tat er gar nichts. So schlimm war es gar nicht.
    Quoyle setzte seine drei Schindeln hinter sich auf der Schräge ab. Nahm eine, legte sie langsam an Dennis’ letzte an, achtete darauf, die zwölf Zentimeter breite Überlappung einzuhalten. Er holte ein paar Nägel aus der Schürze, holte den Hammer behende unter seinem Hintern hervor, zog ihn aus der Lederschlinge. Er nagelte die Schindel an. Als er den dritten Nagel hineintrieb, hörte er etwas rutschen, sah die beiden losen Schindeln, die er hochgetragen hatte, nach unten gleiten. Er hielt sie mit seinem Hammer auf. Legte eine Schindel zurecht, nagelte sie an. Die dritte. Es war nicht schwer, bloß umständlich und atemraubend.
    Jetzt balancierte Quoyle Schindeln für einen halben Quadratmeter auf seiner Schulter, kletterte wieder hoch. So war es leichter, und er kam, ohne krabbeln zu müssen, auf das Dach hinauf, legte seine Schindeln auf den First und machte sich an die Arbeit. Ein- oder zweimal warf er einen Blick aufs Meer, erspähte am Horizont das Profil eines Tankers wie eine gemütlich schwimmende Wasserschlange.
    Er war bei der letzten Reihe angelangt. Es ging jetzt schnell, weil er sich rittlings auf den First setzen konnte. Die Nägel versanken im Holz.
    »Hallo, Daddy.«
    Er hörte Bunnys Stimme, wollte zum Boden hinunterschauen, aber sein Blick blieb in der Höhe hängen. Sie stand auf einer Sprosse oberhalb der Dachkante, mühte sich, ihren Fuß aufs Dach zu setzen. Sie hielt den

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