Schiffsmeldungen
Panoptikum von bemalten Holzfiguren, galoppierende Pferde, Hunde auf Rädern, eine Reihe Chromfelgen auf Stökken. Ein Phantasiezoo.
»Das ist vielleicht ein Hof«, sagte Quoyle.
»Dads Sachen«, sagte Wavey Prowse und knallte die Tür zu.
Die überflutete Straße zurück und wieder Richtung Killick-Claw.
»Sie sollten mal den Stuhl sehen, den er aus einem Elchgeweih gemacht hat«, sagte Billy. »Sie setzen sich rein, er ist recht bequem, aber für die anderen sieht es so aus, als wären Ihnen goldene Flügel gewachsen.«
»Sie hat eine sehr gute Haltung«, sagte Quoyle. Versuchte, die dumme Bemerkung zurückzunehmen. »Ich meine, sie hat einen guten Gang. Groß, meine ich. Sie wirkt groß.« MANN KLINGT WIE VOLLIDIOT. Er konnte sich nicht recht erklären, warum sie seine Aufmerksamkeit erregte; weil sie wie aus nassen Steinen entsprossen schien, dem Gestank von Fisch und Gezeiten.
»Vielleicht ist sie die große und stille Frau, Junge.«
»Was soll das heißen?«
»Das hat mein Dad immer gesagt.«
»Da ist sie.« Sie lugten durch die regenüberströmte Windschutzscheibe. Die Botterjacht hob sich von allen anderen Schiffen am Kai ab; sie lag vertäut zwischen einer Segeljacht, deren australische Eigner schon seit zwei Wochen da waren, und dem Kadettenschulschiff. Von oben wirkte das Boot wie eine flache Wanne mit merkwürdigen, riesenhaften Schuh-löffeln an den Seiten. Einer von der Mannschaft in einem schwarzen Regenmantel beugte sich über etwas neben der Kajütentür, ging dann rasch nach achtern und verschwand.
»Was sind die Dinger an der Seite? Sieht aus wie ein großer Käfer mit einem Paar zu klein geratener Flügel.«
»Seitenschwerter. Funktionieren wie ein Kielschwert. Sie wissen schon. Sie heben oder senken bei einem Segelboot das Schwert, um ihm mehr Kiel zu geben. Manche sagen dazu ›den Kiel senken‹. Wenn Sie ein Boot mit wenig Tiefgang haben, mein Junge, und es am Wind segeln muß, dann danken Sie Ihrem Schöpfer für Ihr Kielschwert. Und mit den Seitenschwertern, da verlieren Sie keinen Stauraum. Das Ding hängt an der Seite draußen anstatt unten im Bauch von dem Boot. Ein Schwertkasten nimmt Platz weg.« Billys bis auf die Knochen abgemergelte Gestalt, der unbeholfene Quoyle daneben wie eine rutschende Masse.
In der Kajüte schimmerte ein Licht. Sogar im stürmischen Regen konnten sie erkennen, daß das Boot ein Schatz war.
»Eichenrumpf, schätze ich«, sagte Billy Pretty. »Schauen Sie sie sich bloß an! Schauen Sie sich ihren Mast an! Schauen Sie sich die Kajüte an! Teakholzdecks. Niedrig, flach und breit. So eine Form hab’ ich in meinem ganzen Leben noch bei keinem Boot gesehen – schauen Sie sich den vollen breiten Bug an. Schauen Sie sich an, wie der Steven hochragt wie ein Eskimomesser. Sehen Sie die Schnitzerei?« Ihr Name war auf ein kunstvoll geschnitztes, vergoldetes Mahagoniband gemalt – Tough Baby, Puerta Malacca. Sie hörten gedämpfte Stimmen.
»Ich frag’ mich, wie man ein Boot so nennen kann«, murmelte Billy Pretty, als er die Laufplanke hinaufging und auf das glänzende Deck sprang. »Ahoi, Tough Baby !« brüllte er. »Besuch! Dürfen wir an Bord kommen?«
Ein rotgesichtiger Mann mit weißen Haaren öffnete eine der Flügeltüren mit geschwungener Oberkante. Er trug eine Madrashose mit einem Gürtel aus Glanzleder und dazu passende weiße Schuhe. Quoyle sah sich um. Alles troff. Nasse Taurollen, ein tropfender Ventilator, Ströme von Wasser, die über das Deck liefen. Neben der Kajütentür ein nasser Schweinslederkoffer mit einem selbstgemachten Seilgriff.
»Kenne ich Sie?« Seine Augen waren blutunterlaufen.
»Sind von der Zeitung am Ort, Sir, dem Gammy Bird, dachten, unsere Leser könnten sich für Ihr Boot interessieren, wir versuchen über die ausgefalleneren Boote in Killick-Claw eine kleine Geschichte zu schreiben, so was wie das hier haben wir noch nie gesehen.« Quoyle sagte sein Verslein auf. Auf dem Boot fühlte er sich wie auf flachem Land. Er lächelte gewinnend, aber die Tough Baby war kein gastfreundliches Boot.
»Ach ja. Dieser unglaubliche Hafenmeister, wie heißt er noch, Doodles oder dergleichen, hat etwas von einem Besuch der presse locale genuschelt.« Der Mann seufzte tief. Machte eine Geste, als würde er Obstschalen wegwerfen. »Na schön, mein teures Weib und ich haben gerade einen fürchterlichen Streit, aber den Dressurakt kriegen wir, glaube ich, hin. Ich habe schon allen möglichen Leuten Vorträge über dieses Boot
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