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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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Tante«, sagte er, »du bist also als Jachtpolsterer tätig.« Schlurfte seinen Tee. »Ich hab’ die ganze Zeit gedacht, es geht um Sofas.«
    »Hast du mein Schild gesehen?« Die Tante schliff einen Schreibtisch ab, rieb mit knirschendem Papier übers Holz; der Fleischwulst unten an ihrem Oberarm zitterte.
    Bunny und Sunshine unter dem Tisch mit Autos und einer Pappkartonstraße, die als Rennstrecke dahinkurvte. Bunny setzte ein Klötzchen auf die Straße. »Das ist der Elch«, sagte sie. »Hier kommt Daddy. Brrmm. Tu-tu-tut. Den Elch stört das gar nicht.« Sie ließ das Auto gegen das Holzklötzchen krachen.
    »Das will ich machen!« sagte Sunshine, griff nach dem Klötzchen und dem Auto.
    »Nimm dir selber eins. Das ist meins.« Gerangel, der Aufprall eines Schädels auf einem Tischbein und Sunshines Geheul.
    »Heulsuse!« Bunny kroch unter dem Tisch hervor und warf Klötzchen und Auto auf Sunshine.
    »Schluß jetzt!« sagte die Tante.
    »Reg dich ab, Bunny.« Quoyle hob Sunshine auf seinen Schoß, untersuchte das rote Mal auf ihrer Stirn, küßte es, schaukelte vor und zurück. Von der anderen Seite des Zimmers her verdammte Bunny alle drei mit tödlichem Blick. Quoyles Lächeln signalisierte sein Desinteresse an wütenden Blicken. Aber ihm schien es, als wären die Laute seiner Kinder nur Schreien und Streiten. Wann würden sie anfangen, sanft zu werden?
    »Die Werkstatt ist im Moment noch wie Kraut und Rüben, aber wenigstens die Nähmaschinen stehen. Erfahrene Gehilfen zu bekommen, das ist das größte Problem, aber ich lerne zwei Frauen an, Mrs. Mavis Bangs und Dawn Budgel. Mavis ist schon älter, Witwe, weißt du, aber Dawn ist erst sechsundzwanzig. War auf der Uni, mit Stipendien und allem Drum und Dran. Absolut keine Stellen auf ihrem Gebiet. Als Notbehelf hat sie in der Fabrik Lumpfisch verarbeitet – wenn Bedarf war – und sich ansonsten mit Arbeitslosengeld durchgeschlagen. Das heißt, Lumpfischkaviar.« Legte persönlich keinen Wert darauf.
    »Nein, die Werkstatt hab’ ich nicht gesehen. Ich hab’ ein Interview mit zwei von deinen Kunden geführt. Ich schreibe über ihr Boot. Die Melvilles. Es war eine Überraschung. Hatte keine Ahnung, daß du Jachtpolsterer bist.«
    »Und ob. Ich hab’ bloß auf meine Ausrüstung gewartet. Hab’ die Werkstatt vor zehn Tagen aufgemacht. Weißt du, mit der Jachtpolsterei habe ich nach dem Tod von Warren angefangen. 1979. Was sie heutzutage ›eine wichtige Bezugsperson‹ nennen. Nach Warren hab’ ich den Hund benannt. War bei der Post. Warren, nicht der Hund.« Sie lachte. Ihr Mienenspiel ausweichend. Sagte Quoyle nicht, daß Warren Irene Warren gewesen war. Die liebste Frau auf der Welt. Wie hätte er das verstehen können? Bestimmt nicht.
    »Ich schwöre, daß ich bis heute nicht wußte, daß es so was gibt. Es hätte mich weniger überrascht, wenn du Atomphysikerin wärst.« Ihm ging auf, daß er über das Leben der Tante fast nichts wußte. Und das Wissen hatte ihm nicht gefehlt.
    »Weißt du, für einen Zeitungsreporter läßt du dich leicht überraschen. Es ist alles ganz einfach und logisch. Ich wuchs am Meer auf, sah mehr Boote als Autos, obwohl natürlich keins davon eine Jacht war. Mein erster Job in den Staaten war in einer Mantelfabrik, hab’ Mäntel genäht. In den Jahren, als ich mit Warren zusammen war, wohnten wir auf einem Hausboot, lagen in verschiedenen Jachthäfen an der Küste von Long Island.
    In Lonelybrook kriegten wir einen Sonderpreis, da lagen wir am längsten. Und wenn wir es satt hatten, immer dieselben Boote zu sehen, konnten wir sonntags zu einem anderen Hafen fahren, uns die Boote dort ansehen, zum Essen gehen. Es war wie ein Hobby, wie Vögelbeobachten. Warren sagte dann immer: ›Was hältst du von ’nem Törn, ’n paar Boote anschauen? ‹ Wir träumten davon, eines Tages eine hübsche, kleine Ketsch zu besitzen, rumzukreuzen, aber soweit kam’s nie. Hatte immer vor, hierher zurückzukommen, zu dem alten Haus, mit Warren, aber wir schoben es immer auf, weißt du. Darum ist die Rückkehr für mich ein bißchen wie zum Andenken an Warren.«
    Mehr als das.
    »Ich habe einen alten Stuhl neu gepolstert, den wir auf dem Hausboot hatten, schöne Form, aber eine Art Senfbraun, und der Schnurbesatz ganz ausgefranst und faserig. Besorgte mir einen guten Polsterstoff, dunkelblau mit einem roten Muster, zog das alte Polster ab und nahm es als Modell. Ließ mir Zeit beim Nähen, Zupassen und Glätten. Das Ergebnis war perfekt. Und die

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