Schiffstagebuch
australischen Luftwaffe, war im Begriff zu starten gewesen, stand aber noch auf der Piste, da der Pilot die Navigationskarten und Codes vergessen hatte. Er rannte los, um beides zu holen, doch in diesem Moment sahen die drei Männer, wie Kudos Zero die Liberator verfolgte, und sie wußten, ein Start hatte keinen Sinn mehr, sie würden keine Sekunde überleben. Im Zickzack rannten sie davon und sahen aus der Ferne, wie sich ihre Maschine in ein Flammenmeer verwandelte. Den anderen Flugzeugen erging es nicht besser, fünfzehn Maschinen wurden auf dem Rollfeld und in der Bucht zerstört, von den an Bord Befindlichen überlebte kaum einer. Auf dem Soldatenfriedhof Karrakatta in Perth liegen die Gräber mit ihren Namen. Sie waren den japanischen Lagern entkommen, starben nun aber fern ihres von den Deutschen besetzten Landes, ohne es noch einmal wiedergesehen zu haben. Einer, der sich in der Bucht befand, Unteroffizier H. M. Jutta, erzählte später, wie er aus der engen Catalina ins Freie gekrochen war und zusammen mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn von der Tragfläche aus die fremde Umgebung betrachtete, als er plötzlich mehrere Flugzeuge näher kommen sah. Zunächst hielt er sie noch für australische Maschinen, wurdeaber eines Besseren belehrt, als die Bombardierung begann. Er stieß Frau und Kind ins Wasser und sprang ihnen nach, und so erreichten sie, soweit wie möglich unter Wasser schwimmend, die Küste. Die meisten anderen hatten weniger Glück, sie landeten tot oder verwundet im Wasser oder wurden von Haien zerfetzt. Insgesamt starben ungefähr hundert Menschen, die exakte Zahl wurde nie ermittelt. Die Liste der niederländischen Opfer reicht von Albinus bis Wissel, drei Frauen und Kinder wurden nie identifiziert. Auf japanischer Seite gab es lediglich ein Opfer, Osamu Kudo in seiner Zero, die vom niederländischen Leutnant W. (Gus) Winckel mit einem Maschinengewehr vom Boden aus abgeschossen wurde. Von dieser Geschichte gibt es zwei Versionen, eines steht jedoch fest: Fliegerleutnant Winckel war gerade mit seiner Lockheed Lodestar der Königlich Niederländisch-Indischen Luftwaffe (ML-KNIL) nach einem siebenstündigen Flug aus Bandung gelandet, als eine der amerikanischen Liberators starten wollte. Die Passagiere der niederländischen Maschine befanden sich noch an Bord, und Winckel rollte zu der Stelle, an der sie betankt werden sollte. Ob die Australier gerade Manöver abhielten, erkundigte er sich an der Tankstation, und als er gefragt wurde, wieso, deutete er zum Himmel, an dem neun Maschinen, klein wie Punkte, sich näherten. Er rannte zur Lockheed, trieb seine Passagiere aus dem Flugzeug und befahl ihnen, Deckung zu suchen, holte sein luftgekühltes Colt-Maschinengewehr heraus und nahm die japanischen Flugzeuge unter Beschuß. Er hatte vierhundert Schuß Munition und feuerte so lange, bis sein Gewehr rotglühend war und die Haut an seinem Arm verbrannt. Das war das Ende von Osamu Kudo, dessen Leichnam nie gefunden wurde.
Sergeant Osamu Kudo, der einzige japanische Tote.
Leutnant »Gus« Winckel schoß eine Zero ab
Gefallenenfriedhof in Broome
Doch bevor es soweit war, hatte Kudo einen letzten Coup gelandet. Die amerikanische Liberator, die bereits auf der Startbahn war, hatte offenbar von den Geschehnissen ringsum nichts bemerkt. Die Maschine befand sich mit verwundeten Soldaten auf dem Weg von Java nach Perth. Kudo sah sie und griff an, Minuten bevor er selbst von Winckel abgeschossen wurde. Die Liberator flog noch einige Kilometer und zerbrach dann über Gantheaume Point in zwei Teile. Die beiden einzigen Überlebenden, die beim Absturz hinausgeschleudert worden waren, sahen, wie die große Maschine mit den übrigen Insassen langsam versank.
Geschichte, dies alles. Welch unendliche Reihe von Ereignissen geht dem Moment voran, in dem ein kleiner australischer Küstenort für einen Tag zur Kulisse für eine Szene aus einem Weltkrieg wird? Erst muß Kommandant Perry 1856 die Japaner dazu zwingen, ihr Land für den internationalen Handel zu öffnen. Die Niederlande müssen Jahrhunderte zuvor ein Kolonialreich in dem Archipel gegründet haben, der heute Indonesien ist. Die Japaner, die sich von der restlichen Welt in die Ecke gedrängt fühlen und über keine eigenen Rohstoffvorkommen verfügen, die Amerikaner, die durch Pearl Harbour gezwungen werden, sich an einem Krieg zu beteiligen, der zunächst eine Reaktion Deutschlands auf das vermeintliche Unrecht von Versailles war. Tausend
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