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Schillerhoehe

Schillerhoehe

Titel: Schillerhoehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Schaewen
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bach bleiben, um die Fahndung zu koordinieren. Die Gartenlaube von Schäufele wurde umstellt. Als sich nach mehreren Warnungen nichts regte, stürmte ein Sonderkommando das kleine Haus. Julia lag immer noch gefesselt auf dem Bett. Die Polizisten befreiten sie aus ihrer hilflosen Lage.
      »Gott sei Dank, dir ist nichts passiert«, seufzte Luca wenig später, als er sie draußen zärtlich in den Arm nahm.
      »So ein Drecksack!«, fluchte Julia. »Aber ich hab den Flugplatz gesehen, das muss der in Völkleshofen sein, wo du mit mir schon mal für die Zeitung beim Fliegerfest warst.«
      »Ah, das nenn ich doch mal einen Hinweis«, entgeg­ nete Struve schmunzelnd. Sofort beorderte er einige Streifenwagen dorthin.

    Aus dem Start von Franz Schäufele wurde auch nach dem Tanken nichts. Der Motor sprang einfach nicht an. Ent­ nervt setzte er sich wieder ans Steuer seines Mercedes.
      »Dann muss Dollinger es jetzt eben richten«, sagte er und fuhr über Schleichwege durch das Bottwartal in Richtung Marbach, um den Institutsleiter aufzusuchen. Viel hätte nicht gefehlt, und er wäre den Streifenwagen begegnet. Aber in den Weinbergen um den Obersten­ felder Lichtenberg kannte er sich aus. Hastig steuerte er seinen Wagen durch die engen Weinbergstraßen des Großbottwarer Harzberges, ohne einen Blick für die Reize der schwäbischen Toskana in der roten Abend­ sonne zu haben. Endlich erreichte er sein Ziel.
      In Marbach reagierte Sven Dollinger sichtlich ver­ ärgert, als er Schäufele vor sich stehen sah. »Ich habe dir doch gesagt, dass du keinen Kontakt mit mir auf­ nehmen sollst.«
      »Ist mir so was von egal, jetzt lass mich schon rein.« Schäufele schob Dollinger beiseite und drängte sich in dessen Wohnung.
      »Die Bullen sind hinter mir her«, sagte er, als er im Wohnzimmer stand.
      Dollingers Blick verfinsterte sich. »Wie sind sie dir auf die Schliche gekommen?«
      »Weiß ich nicht, aber vielleicht hast du ja deine Hände im Spiel?«
      »Warum sollte ich? Dann wäre ich ja schön blöd.«
      Schäufele grinste. »Allerdings, denn dann wärst du deinen schönen Job in null Komma nichts los. Ich sehe schon die Schlagzeile: ›Literaturdirektor als Mordkom­ plize verhaftet‹.«
      »Red keinen Unsinn!«, bellte Dollinger seinen unge­ betenen Gast an. »Mit deinem persönlichen Rachefeld­ zug hab ich nichts zu tun. Wenn ich gewusst hätte, dass du den Scharf umbringst, hätte ich dich nach der Wende niemals im Literaturarchiv eingestellt.«
      »Hast du aber, mein Liebster – und sind wir doch ehrlich: Welche Wahl hattest du denn?« Er nahm sich einen von Dollingers Zigarillos und zündete ihn an.
      »Ich hatte eine«, sagte der Direktor. »Wenn ich damals nur zu meiner Vergangenheit gestanden hätte.« Er senkte seinen Blick.
      »Tja, da schämst du dich wieder, du alter, grauer Mann – ist eben nicht leicht zu ertragen, wenn man ständig einen auf kritische Literatur macht, aber selbst jahrelang im Westen für die Stasi gearbeitet hat.«
      »Na, du kennst dich ja bestens aus. Wo sind eigent­ lich die Unterlagen, die du mir versprochen hast, wenn du mit der Sache fertig bist?« Dollinger setzte sich an seinen Schreibtisch.
      »Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Die blei­ ben schön bei mir«, grinste Schäufele. »Ich werde doch nicht den Ast absägen, auf dem ich sitze.«
      »Und was willst du dann von mir, wo die Polizei schon hinter dir her ist? Geld genug hast du ja schon bekommen.«
      »Ja, die Kohle ist wirklich nicht das Problem.« Schäu­ fele zog seine Waffe aus der Tasche und richtete sie auf sein Gegenüber.
      »Was hast du vor? Mach keine Dummheiten!«
      »Schnauze! Du hast lange genug den Chef gespielt. Jetzt sage ich, wos langgeht.« Schäufele holte aus und lan­ dete mit der rechten Geraden einen Volltreffer. Dollin­ ger fiel nach hinten gegen das Bücherregal und hielt sich mit der rechten Hand die blutende Unterlippe. Schäufele kramte aus der Jackentasche die Fotografie von Kurt. »Ich habe 30 Jahre lang geschwiegen. Dabei hätte ich dich am liebsten gleich abgeknallt. Aber dann bist du ja in den Westen gegangen, und hast einen auf Karriere und Meisterspion gemacht.«
      »Keine so schlechte Idee, sonst hättest du hier nach der Wende keinen Unterschlupf gefunden.«
      »Stimmt, du hast mich eingeschleust, was blieb dir auch anderes übrig, sonst hätte ich dich auffliegen lassen. Aber ich war zu feige, es dir

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